Weihnacht von Karl May. Karl May
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Название: Weihnacht von Karl May

Автор: Karl May

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783742752215

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СКАЧАТЬ wahrscheinlich gedacht, daß ich das Couvert wegwerfe, ohne es anzusehen. Nun aber das.

       Sehen Sie es sich genau an!«

       Es war meine Partitur der Motette. Indem ich die Systeme nur flüchtig überblickte, fand ich

       nicht, was er meinte; da machte er mich darauf aufmerksam:

       »Halten Sie das Papier gegen das Licht, so werden Sie die radierten Stellen finden.«

       »Was! Er hat radiert?«

       »Ja, er hat radiert, um Fehler hineinzumachen; die Absicht können Sie sich wohl denken!«

       »Das wäre eine Schlechtigkeit, eine Gemeinheit, die –«

       »Lassen Sie das!« unterbrach er mich. »Ich habe die Sache schon selbst in die Hand

       genommen. Ich habe ihn vorgehabt, und er hat es eingestehen müssen; die Sache wird noch

       vor die Konferenz kommen. Inzwischen habe ich eine Abschrift, natürlich ohne die

       hineingemachten Fehler, genommen und die Motette dann dem Buchhändler eingeschickt,

       Ihnen zuliebe und diesem Krüger zum Ärger. Er hat sie angenommen, und wissen Sie,

       welches Honorar er Ihnen zahlt?«

       »Honorar? Also Geld, auch hier Geld?«

       »Natürlich! Geschriebene Noten gegen Banknoten oder klingende Münze; anders thue ich es

       nicht. Er hat einstweilen fünfhundert gedruckt und dafür fünfundzwanzig Thaler bezahlt. Sie

       bekommen also zwar bloß fünfzehn Pfennige für das Exemplar, aber das ist doch immer

       besser, als wenn die Motette in Ihrem Kasten läge und gar nichts brächte. Er schickte

       Papiergeld; ich habe es aber umgewechselt, weil Silber besser klingt. Es ist ein ganzer, großer

       Haufen Geld. Da haben Sie ihn! Lassen Sie nichts davon fallen!«

       Er zog den Tischkasten auf, griff mit beiden Händen hinein und hielt sie mir dann, gefüllt mit

       Thalerstücken hin. Ich war beinahe bestürzt über diese zweite, so ganz unerwartete Gabe des

       Glückes. Er schob mir das Geld lachend hüben und drüben in die Hosentaschen und rief

       dabei:

       »Nehmen Sie nur, nehmen Sie! Wer weiß, ob Ihnen in Ihrem ganzen Leben wieder einmal

       eine Komposition auch nur einen Groschen einbringt; drum greifen Sie jetzt zu; Sie können es

       ja brauchen! Übrigens wird die Motette eingeübt und hier in der Kirche gesungen; der Krüger

       muß platzen vor Ärger, das heißt, wenn er nicht schon vorher fort muß, denn die Gemeinheit,

       welche er hier bewiesen hat, verdient eine so exemplarische Bestrafung, daß ich überzeugt

       bin – –«

       »Bitte, Herr Kantor,« fiel nun ich ihm einmal in die Rede. »Sie sind mir immer freundlich

       gesinnt gewesen, und ich denke, daß Sie mir auch jetzt die Erfüllung eines Herzenswunsches

       nicht abschlagen werden.«

       »So? Hm, ich ahne schon! Was ist das für ein Wunsch?«

       »Bringen Sie Krüger nicht vor die Konferenz! Ich bin heute so glücklich und würde die ganze

       Freude an diesem Glück verlieren. wenn er in Strafe käme.«

       »Ist das nicht zuviel verlangt?«

       »Wohl nicht. Er ist ja die eigentliche Ursache der frohen Überraschung, die Sie mir bereitet

       haben. Sie hätten gewiß keinen Verleger für die Motette gesucht, wenn er sie Ihnen nicht

       eingeschickt hätte, um mich in Ihrer Meinung herabzusetzen.«

       Da gab er mir die Hand und sagte, jetzt ernster als vorher:

       »Sie machen mir eine doppelte Freude. Nämlich erstens, daß Sie für Krüger bitten. Ich habe

       ihn nur deshalb noch nicht zur Anzeige gebracht, um ihn mit meinem Verweise und einem

       tüchtigen Ärger davonkommen zu lassen. Darum habe ich gewartet, bis die Motette gedruckt

       worden ist. Hätten Sie die Anzeige gewollt, so wäre sie erfolgt; nun aber soll er noch einen

       kräftigen Rüffel unter vier Augen bekommen und dabei erfahren, daß er die übrige

       Straflosigkeit nur Ihrer Fürbitte verdankt. Er wird sich blau und schwarz darüber ärgern, daß

       die Motette im Druck erschienen ist, daß sie Ihnen Geld eingebracht hat und daß er sie nun

       sogar mitsingen muß.«

       »Soll er das?«

       »Ja; anders thue ich es nicht; er hat eine gute Stimme und soll sogar, grad zu seinem Ärger,

       ein Solo bekommen, nämlich, wissen Sie, den dreistimmigen Solosatz in As-dur mit dem

       Texte: ›Drum gehet hin nach Bethlehem; da werdet Ihr finden das Jesuskind in einer Krippe

       liegen.‹ Das war der erste Punkt, über den ich mich um Ihretwillen freue. Der andere Punkt

       bezieht sich auf Ihre Einsicht, daß ich Ihre Komposition ohne den angegebenen Grund wohl

       keinem Verleger angeboten hätte.«

       »Natürlich! Eine Schülerarbeit, mit vielen Unterlassungsfehlern, weiter nichts!«

       »Richtig, sehr richtig! Das Wort Unterlassungsfehler ist gut gewählt und bezeichnet genau

       das, was ich sagen will. Da Sie die Musik nicht als Fachstudium treiben wollen, werden Sie

       zwar soviel komponieren lernen, wie man, um mich eines Volksausdruckes zu bedienen, für

       Haus und Küche braucht, mehr nicht; das genügt aber auch für Sie. Aber auch nur so weit

       sind Sie jetzt noch lange nicht. Sie haben zwar mit dieser Motette aus Zufall einen Treffer

       gemacht, aber ob Sie jemals wieder einen solchen machen werden, das läßt sich jetzt nicht

       sagen, denn Sie haben noch viel, sehr viel zu üben und zu lernen. Ich meine, daß Ihnen ernste,

       fromme Themata am besten glücken werden; das liegt überhaupt auch so in Ihrem ganzen

       Wesen. Direkte Fehler, sogenannte Begehungssünden, kommen in Ihrer Motette nicht vor; sie

       ist da sauber geschrieben. Aber die Übung fehlt, die Gewandtheit, die Inspiration. Denken Sie

       sich einen guten Sonntagsreiter СКАЧАТЬ