Название: Scheinheilung und Patientenerschaffung - Die heillose Kultur - Band 3
Автор: Dr. Phil. Monika Eichenauer
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная психология
isbn: 9783844217759
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Menschen und Bürger müssen sich selbst schützen. Das ist ein schwieriges Unterfangen: Denn die Gier der Wirtschaft und des Staates ist unermesslich, menschenverachtend und schamlos. Was ist die Demokratie wert in einer so gefräßigen Welt? Was ist Demokratie wert, wenn die Menschen sich selbst schützen müssen und sich niemand für ihre Grundrechte und Werte eintritt? Wer es dennoch tut, sieht sich flugs geänderten Gesetzen gegenüber – und wieder stehen die Bürger mit leeren Händen dar. Doch der Mut, sich zu wehren, seine Rechte einzuklagen sinkt in dem Maße, wie die Angst wächst: die Angst, alles zu verlieren, zu hungern, kein Dach über den Kopf zu haben, zu sterben. Wo ist die viel gepriesene Demokratie, wenn es ernst wird im Leben von Menschen? Solange die klugen und guten Köpfe in Deutschland sich ausschließlich fachlich und kompliziert äußern, sind sie nicht viel wert für „Unten“ – denn dann versteht sie niemand. Aber für wen sprechen, schreiben und denken sie, wenn nicht für Menschen von „Unten“? Für ihre Fachkollegen müssen sie nicht schreiben oder denken. Für „Oben“ müssen sie auch nicht schreiben. Da können sie sich nur höchstbietend verkaufen. „Wissen“ muss man dort „Oben“ nur, was „Unten“ vor sich geht. Welche Funktion hat die Demokratie in Deutschland also noch? Eine Aufpasserfunktion, um Konflikte nicht eskalieren zu lassen und politisch zu einzudämmen? Der drohende gesellschaftliche Ausschluss, die Stigmatisierung, Hunger und Verarmung, die endgültige Abwertung des Lebens und des Menschen, der mittels Vorschriften in enge sozialpolitische Käfige und existenzielle Lebensbedingungen hineingezwungen wird, zur Ein- und Unterordnung, verurteilt zum Schweigen … Das sind die sozialpolitischen und psychoökonomischen Auswirkungen eines Wirtschaftssystems, das vor allen Dingen, folgt man der Untersuchung Robert Hare’s, psychopathologisch durch noch genauer zu analysierende Züge beschreibbar werden sollte. Der Macht der Wirtschaft und den Kontrollfunktionen der Demokratie steht die Ohnmacht der – abhängigen – Bürger gegenüber. Es müssen menschliche Lösungen gefunden werden, damit alle Menschen leben können. Dafür ist Nähe und Berührung notwendig, die in einem Menschen den anderen Menschen erkennen lassen und auch das „Sich selbst im anderen Menschen erkennen“ gestatten. Verurteilung, Vorurteil und Urteil hingegen vereiteln Erkenntnis, Lösung, Nähe und zerstören menschliches Gattungswesen. Existenzielle Abhängigkeitsstrukturen, wie sie durch die kapitalistische Ökonomie bestehen, blockieren freie Meinungsäußerung, psychische und seelische Entwicklungsmöglichkeiten, erzwingen Unterordnung und bringen massenhaft Krankheiten hervor, die dann von „Unten“ ebenso zu bezahlen sind wie alles andere. Sie entstellen Menschen psychisch, seelisch und körperlich und funktionalisieren sie mittels Fragmentierungen – hervorgerufen durch ständigen Stress, durch Angst und Sorge. Die dunkle Seite einer Ökonomie und Politik, die in völlig anderen Sphären lebt und handelt und das Leben der Bürger und Menschen von „Unten“ gefährdet. Die generelle Botschaft lautet: „Du bist nichts wert.“ Was aber will man „Oben“ eigentlich erreichen, wo will man denn hin? Lohnt sich die Erfüllung des Ziels der Kapitalvermehrung und der Macht, um dafür in Kauf zu nehmen, was Millionen Menschen an Lebensmöglichkeit beschert wird?
Angemessen erscheint eine Frage, wie Philip Reemtsma sie hinsichtlich des „Grausamkeits-Konzepts“ von Mitscherlich als Lösungsrichtung anbietet:
„Wann entwickeln Kulturen einen Abscheu gegen Grausamkeiten? Wann werden ihnen einige Grausamkeiten zum Rätsel? Welches Triebschicksal (oder was auch immer) bringt Individuen dazu, auch in grausamkeitslegitimierenden Zeiten sich solcher Taten zu verweigern? Wie wäre es, das ‚Rätsel der Grausamkeit’ analog zur Vorstellung der Deckerinnerung zu einem Deckrätsel zu erklären? Was wäre eigentlich das Beunruhigende an solchen Fragen? Das Letztere kann ich noch nicht bündig beantworten, wenn mir auch scheint, dass weniger die Präsenz des Mörders und Folterers an unserem Abendbrottisch uns irritiert, als der Umstand, dass wir mit ihm dort sitzen – und sitzen bleiben.“ (in: Drews, S. 90)
Die Frage bleibt also, warum sind wir alle da, wo wir sind, sitzen und verharren so? Grausam ist es, Patienten nicht mit den besten Methoden und der besten Medizin zu behandeln, weil das ökonomische System es nicht will. Es ist es grausam, dass der Erfahrungshorizont von Behandlern hinsichtlich bestimmter Behandlungssettings weiter reicht als jede Statistik es jemals offenbar werden lassen könnte und Ärzten ökonomisch die Hände bindet. Der Behandler wird also statistisch gegen eventuelle Folgen aus Qualitätsstandardbehandlungen mittels ökonomischer Leitlinien aus Reformen ob des „eigenen besseren“ Wissens und Gewissen juristisch abgesichert? Der Arzt ordnet sich also aus eigenem Selbsterhaltungstrieb dem ökonomischen System unter, statt der eigenen inneren Verpflichtung, die an dieser Stelle einmal mit dem Hippokratischen Eid gleich setze, nachzukommen? Wie leben Ärzte mit dieser Diskrepanz?
Auch das „alte“ Gesundheitswesen war gekennzeichnet durch Macht und Geldgier der ärztlichen Standesorganisationen – aber nun ist generell die kapitalistische Wirtschaft in den Gesundheitsmarkt eingeladen oder anders herum formuliert: Es ist der kapitalistischen Wirtschaft ein neuer Markt geschenkt worden, für den bereits enorme Gewinne prognostiziert wurden. Das Konflikt- und Zerstörungspotenzial dieses „Gesundheitssystems“ ist - der kapitalistischen Systematik zufolge - erneut im und durch den Menschen auszutragen. Es ist ein Misstrauenssystem installiert worden, und zwar in einem Bereich, in dem Menschen vollends abhängig und hilflos sind.
Während der kapitalistische Markt und deren Manager auf der gesellschaftlichen Bühne immer wieder mit blütenweißer Weste erscheinen, sind die Bürger aufgerufen, ihr Vertrauen den Politikern zu schenken und sich der Wirtschaft unter zu ordnen. Dass skandalöse Untersuchungsergebnisse ebenso gesellschaftlich assimiliert werden wie offensichtliche Menschenrechtsverletzungen, unterlassene Hilfeleistungen und gewollte erniedrigende Existenzbedingungen gesetzlich legitimiert werden, kann in Verlängerung der Erfahrungen mit kriminellen Wirtschaftsverbrechen angenommen werden. Politiker werden wohl kaum erklären, dass sie die gesellschaftlichen Folgen einer Gesundheitswirtschaft nicht kennten. Immerhin spiegeln sich die Konsequenzen der gegenwärtigen wirtschaftlichen Ethik und Moral in jedem Menschen in Form von Krisen, Zerstörung von Lebensplänen und körperlichen und psychischen Krankheiten wider.
Aber warum wird trotz besseren Wissens gegen Menschen, Leben und Gesundheit gehandelt? Wieso bekommt Zerstörung weltweit die Überhand gegenüber Heilung?Warum nehmen wir so viel Zerstörung in Kauf? Grundsätzlich ist das Geldverteilungssystem prägend – für „Oben“ wie für „Unten“. Wie können Vertreter von Oben und Unten an einem Tisch ihren Platz finden und über die Auswirkungen dessen sprechen, wie ihr und generell jegliches Leben von diesem System der primären Kapitalisierung ergriffen ist. Spätestens jetzt sollte es allen (Nach-)Denkenden klar sein, dass es so, wie es ist, nicht weiter gehen kann; denn zurzeit wird das Heilungsprinzip im Gesundheitswesen abgeschafft – unter unseren Augen und unserer tatenlosen Mitwirkung. Sind Ärzte und Patienten nur noch Statisten, die zu allem, was ökonomisch begründet wird, Beifall klatschen und sich fügen, die ihr eigenes Gefühl, wie ihr Wissen und ihre Erfahrungen auf Eis legen - womöglich für bessere Zeiten, die sich möglichst von allein einstellen? Die Erfahrungen, die Menschen unter diesen gewaltsamen Lebens- und Arbeitsbedingungen machen, werden in das Reich des Persönlichen verwiesen:
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