Scheinheilung und Patientenerschaffung - Die heillose Kultur - Band 3. Dr. Phil. Monika Eichenauer
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СКАЧАТЬ – und psychische Störungen. Die Dokumentation bezüglich der Folgen von Migration liegt vor (Vgl. Gesundheit und Integration, 7/2007).

      Eine Bestandsaufnahme, wie es deutschen Menschen in Deutschland unter der Zweiklassengesellschaft geht, fehlt hingegen. Gleichfalls fehlen, neben dem allgemeinen Angebot für medizinische und psychologische Psychotherapie, weitere Versorgungsstrukturen, die diesen Menschen psychisch in existenziellen Nöten zur Seite stünden. Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten werden niederfinanziert und mit ihrer eigenen beruflichen Situation aufgrund ständiger Zunahme von Bürokratie und neuen Abrechnungsziffern und Reformen überfordert. Statt das sich Verbesserungen für Patienten, Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten abzeichnen würden, ist das Gegenteil zu konstatieren. Das deutsche Gesundheitswesen brilliert im Aufzählen dessen, was an Gesetzen oder Dokumentationen auf dem Papier steht – was es für die Beteiligten im Gesundheitswesen bedeutet, wie man damit lebt und behandelt, ist eine völlig andere Fragestellung, die Nerven, Kraft, Stress und dauernde konflikthafte Auseinandersetzungsbereitschaft erfordert.

      Diese Art von Politik fällt für mich in das Ressort „Scheinheiligkeit“ – denn käme ein ausländischer Bürger, um den man sich politisch bemüht und eigens eine Dokumentation auf höchster Ebene anstrengt, zu einem Arzt, würde er trotz größter Schwierigkeiten mühsam behandelt. Warum? Weil er ein Ausländer ist und weil man in Deutschland Angst vor Diskriminierung ausländischer Menschen hat. Die Frage verlängert sich dahin gehend, wie sie behandelt werden? Selbst wenn der ausländische Patient nicht (oder nicht richtig) versichert wäre und selbst unter der Voraussetzung, er hätte einen eigenen Dolmetscher und Kultur- wie Religionsübersetzer dabei, hieße das noch lange nicht, das er entsprechend dessen, was er tatsächlich hat, behandelt werden könnte, weil keine Abrechnungsziffern dafür vorhanden sind – trotz aller guter Absichten des Arztes. Denn hinter den Symptomen verbergen sich tiefgründigere Probleme, als Symptome und Dolmetscher erzählen könnten, und über die deutschen, ökonomisierten Abrechnungsziffern behandlungsreif abrechnungsfähig wären. Oftmals sind erst Psychologische Psychotherapeuten in der Lage, mühsam Gründe für Erkrankungen auszugraben, bei ausländischen wie deutschen Patienten, um dann nach passenden Behandlungsmethoden Ausschau zu halten. Aber es gibt auch Schlitzohren unter ausländischen Patienten, die seit Jahrzehnten in Deutschland leben und ihren neuen Immunitätsschutz aufgrund ihres primär nicht deutschen Kulturhintergrundes als Waffe einsetzen. So wollte mich doch jüngst ein 55jähriger Grieche unter Druck setzen, ich hätte ihn jetzt zu behandeln und wenn nicht, wolle er an die Presse gehen. Er hatte sich mit einer falschen Information hinsichtlich seiner Versicherung einen schnellen Termin mit der Lüge, er sei Privatpatient, ergattert und versuchte mich, mit 50 Euro zu erpressen, ich müsse ihn behandeln. Er schriebe ein Buch, wie man ausländische Menschen in Deutschland behandle! Mir platzte dann der Kragen und ich teilte ihm mit, er solle mal schnell zur Presse laufen und ihr das mitteilen. Denn damit gäbe er mir die Möglichkeit klar zu stellen, was er gerade hier mit mir exerzieren wolle und wie zuweilen ausländische Menschen Ärzte behandeln, in dem sie ihre Rechnungen nicht bezahlten oder sich so verhielten, wie er! Nicht nur er schriebe ein Buch über Verhältnisse in Deutschland, sondern ich auch! Und wenn er sich so in seiner eigenen Familie aufführen würde, könnte ich verstehen, weshalb niemand in der Familie mehr Kontakt mit ihm wolle. Gute Beziehungen ließen sich nicht erzwingen und eine psychotherapeutische Beziehung schon gar nicht! Ein paar Minuten später verließ er unter meinem Geleit meine Praxis.

      Die Auswirkungen der ökonomisierten Leitlinien greifen jedoch in Abrechnungsziffern des generellen Berufsfeldes der Ärzte über: Schließlich hatten Ärzte in den letzten Jahren vor allem eine Sprache zu sprechen: die der ökonomisierten Leitlinien auf Basis der Gesundheitsreformen. Mir ist auch schleierhaft, wie Ärzte sich zusätzlich zu ihrem Arbeitspensum in die sozialen und kulturellen Hintergründe der Patienten, ob deutsch oder nicht deutsch, reflektierend und entsprechend gebildet, einklinken sollten. Sie haben gar nicht die Zeit dazu: Sie haben ja nicht einmal Zeit, deutschen Patienten ein paar Minuten zuzuhören – wie sollen sie Menschen zuhören, deren Sprache sie nicht sprechen und verstehen? Abgesehen davon hätten sie nicht den fachlichen Hintergrund, um psychische Störungen zu erkennen und entsprechend zu behandeln. Sollte dennoch der eine oder andere sensibel verstehen, welche Therapieform erforderlich ist, käme er zwangsläufig zu der Erkenntnis, dass er sich die genaue Diagnostik hätte ersparen können, da diese Behandlungsmethode in den ökonomischen Leitlinien nicht vorgesehen ist. Und bei alledem müssen die Ärzte stets im Kopf haben, wie hoch ihr Budget ist, um überhaupt Abrechnungsziffern einsetzen zu können. Angenommen, diese Information läge ihnen vor und sie wüssten nun, dass sie das notwendige Medikament nicht aufschreiben können, dann bekämen sie möglicherweise nicht einmal die Zeit bezahlt, die sie mit dem Patienten verbracht haben. Und die Sprachschwierigkeiten verhinderten ein Gespräch mit dem ausländischen Patienten über privat zu zahlende ärztliche Leistungen, wie zum Beispiel IGeL-Leistungen. Dies betrifft die in der obigen Auflistung genannten Zusatzzahlungen. Selbst wenn der Patient verstünde, um was es da geht, hätte er im Nachhinein immer noch die Möglichkeit zu sagen, er habe das völlig anders verstanden! Er könne keine private Zusatzzahlung leisten – würde der Arzt versuchen, das Honorar einzuklagen, stünde er da, wie ein Mensch, der die Migranten ausnähme, weil sie ja nicht richtig deutsch sprechen! Oder er landet in der Zeitung, weil eine Organisation oder ein Amt sich für den betroffenen Migranten einsetzte, der von deutschen Ärzten in die Irre geleitet würde.

      Die Früchte der neuen deutschen Sprachkurse a là, „Wie spreche ich am besten mit Patienten?“, für die Ärzte Zertifikate erwerben können und die den Namen „partizipative Entscheidungsfindung“ tragen, sind bei Migranten nur bedingt einsetzbar – denn dafür muss man selbst bei deutschen Patienten sehr empathisch und wortgewandt vorgehen, um Patienten selbst zu zahlende ärztliche Leistungen zu verkaufen, sprich, an den Patienten zu bringen. Ausländische Patienten dürften diesbezüglich gar nichts mehr verstehen – denn dieses Vorgehen verstehen deutsche Patienten kaum. Sollten ausländische Patienten wider erwarten jedoch verstehen, worum es sich handelt, werden sie möglicherweise bei der Privatrechnung kundtun, dass sie gar nicht verstehen, wovon der Arzt denn spricht und warum denn nun die Kosten privat zu zahlen sind. Worum es sich bei einer „partizipativen Entscheidungsfindung“ genau handelt, wird im vorliegenden Buch ausführlich unter gleicher Überschrift erläutert.

      Die neuen Gesetze und Verordnungen im Rahmen von Krankenbehandlungen machen jeden Einzelnen in diesem Gesundheitswesen zu einem Opfer. Man weiß gar nicht, um welches man sich als erstes kümmern soll: um die ausländischen oder die deutschen Patienten; um die Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten; um die noch gesunden Menschen, die zum Einkauf präventiver Produkte oder Behandlungen und Untersuchungen animiert werden; um die (armen) Politiker, die ja eigentlich gar keine Ahnung bezüglich der Auswirkungen haben, welche Systematik sie in menschliche Beziehungen wie dem des Arzt-Patient-Verhältnisses mittels Gesetze, Verordnungen und ökonomisierte Leistungsziffern hineintragen? Zusätzlich lauern Behandlungsfehler, wie Herr Jörg Blech (2007) sie für den medizinischen und ärztlichen Behandlungsbereich präsentiert. Jahrzehntelang sorgsam vertuscht, schlugen sie sich in Kritik und nutzlosen, weil nicht aussichtsreichen, gerichtlichen Anklagen nieder. Patienten hatten das Nachsehen. Der Zeitpunkt der notwendigen Selbstkorrektur wurde verpasst.

      Nun schwärzen Patienten Ärzte in Internetseiten an – Gerichte werden mit Rufschädigungsklagen beschäftigt und Rechtsanwälte verdienen an entsprechenden Mandanten. Wie ich bereits in Band 1 bis 1.2 feststellte, tritt generell Verfolgung in sehr unterschiedlichen Formen und Misstrauen unverblümt an die kulturelle Oberfläche in unserer Gesellschaft. Ein Beispiel hierfür lieferte die Firma Lidl. Der Lebensmitteldiscounter bespitzelte Mitarbeiter (März 2008).

      Unnötig zu betonen, Verkaufsverhalten von Bürgern ebenso wie deren Krankheiten, Behandlungen und Medikationen ebenfalls zum Ziel von Dokumentationen und Datensammlungen unter Anwendung geeigneter Software werden zu lassen, um sie neben dem primär vorgegeben Grund, zum Beispiel, bessere Behandlungsabfolgen und Reduktion von Gesundheitskosten, für andere Zwecke zu nutzen: Zum Beispiel privat zu bezahlende Zusatzversicherungen und/oder Ausschlüssen СКАЧАТЬ