Название: Scheinheilung und Patientenerschaffung - Die heillose Kultur - Band 3
Автор: Dr. Phil. Monika Eichenauer
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная психология
isbn: 9783844217759
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Die deutsche Aushängeschild- und Nachholwollenpolitik entwickelte sich nicht nur in meiner Praxis zum bürokratischen Bandwurm, sondern insgesamt, wie eben zur Migrationpolitik festgestellt: Erst werden etablierte und bewährte Strukturen meist in privater Initiative gegründet, dann werden sie abgebaut, weil sie nicht in das neue Gesetz passen oder weil kein genereller Kostenträger gefunden wird. Dann wird neun Jahre lang nichts Vernünftiges auf die Beine gestellt. Dann gibt es ein Buch über die Mängel in der Versorgungssituation ausländischer Patienten. Darin befinden sich einige interessante Artikel über einzelne, bundesweite Projekte. Aber: Es kann von keiner generellen, bundesweiten Versorgungsstruktur gesprochen werden. Gut finde ich den „Interkultureller Gesundheitswegweiser“ des Ethno-Medizinischen Zentrums e.V. in acht Sprachen. Zum einen, weil er mehrsprachig ist und zum anderen, weil er grob auflistet, wie das Gesundheitswesen funktioniert. Das allerdings ist für deutsche Patienten und gleichfalls für Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten im Gesundheitswesen generell schwierig zu durchdringen. Allein die Auflistung von möglichen Kostenträgern unter der Rubrik „Die Krankenversicherung“ ist übersichtlich:
Wer ist gesetzlich krankenversichert?
Freie Kassenwahl
Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen
Zuzahlungen/Eigenanteile
Leistungen n.d. Asylbewerberleistungsgesetz
Leistungen nach dem SGB XII (Sozialhilfe)
Die Praxis zeigt, dass Kostenübernahmen gern hin- und her geschoben werden, Verantwortlichkeiten haarfein nach gesetzlichen Zusatzregeln gegliedert und argumentativ abgeschmettert an andere Kostenträger weiter verwiesen werden, die dann ihrerseits nicht zuständig sind. Kommen Migranten als Patienten dann tatsächlich in ärztliche oder psychotherapeutische Praxen an, stellt sich die Hürde der sprachlichen Vermittlung.
Generell existieren Auflagen im Gesundheitswesen, wie Behandlungen nach den ökonomischen Leitlinien in ambulanten Praxen und Kliniken zu bewerkstelligen sind. Ärzte sind nun aufgefordert, möglichst noch eigene Vorschläge einzureichen, wie Organisation, Bürokratie und Behandlungen von MigrantInnen besser laufen könnten. Wie diese Anforderungen von Ärzten und Psychologische Psychotherapeuten in einem Arbeitstag untergebracht werden sollen, bleibt unerfindlich. Zumal die Motivation, derartige Verbesserungsvorschläge auszuarbeiten, sehr gering ist, denn, die Frage ist doch, wohin sie geschickt werden sollen: Der Adressat dürfte seinerseits wohlgeordnet in einem Zimmerchen der Staatsbürokratie sitzen, der Vorschläge liest und befindet, dass dafür sowieso kein Geld vorhanden ist und sie damit abheftreif locht. Natürlich sind derartige Leistungen durch Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten in Eigeninitiative und kostenlos zu erledigen. Frei nach dem Motto: Für lau, jau!
Der einzelne Arzt und Psychologische Psychotherapeut kann andererseits von der Politik nicht erwarten, angemessenen bezahlt und in seiner Arbeit unterstützt zu werden. Im Gegenteil sind Ärzte ständiger Kritik ausgesetzt. Wie die Stellung der Psychologischen Psychotherapeuten gesellschaftlich aussieht, stellte ich bereits in Band 2 dar und wird im vorliegenden Buch vertieft. Vorschläge von ihnen wandern zu den Akten ohne Auswirkungen auf eine Verbesserung der Versorgungsstruktur zu haben. Denn bei Prüfung von Vorschlägen stellt man wieder fest, es passt nicht zum Gesetz. Das aber passt zum generellen Procedere in Deutschland: Man soll zwar Vorschläge machen, Handlungsspielraum ist aber keiner vorhanden – von Geld, mit denen Lösungsmodelle zu bezahlen wären, ganz zu schweigen. Also erbringen Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten zahlreiche Leistungen kostenlos, weil sie schlicht für Patienten notwendig sind. Wenn dann in der Versorgung etwas schief läuft, ist der Arzt schuld und wird diffamiert. Wie praktisch. Die MigrantInnen, so müsste man sagen, werden angesichts der Kompliziertheit der vielen Hürden in Versorgungsstrukturen besser freiwillig gesund – so wie deutsche Patienten auch. Sie lassen sich abschrecken von den zahlreichen Differenzierungen und Ausschlüssen.
Zufragen bleibt: Wie verrückt ist das Ganze eigentlich? Wir haben, wie eben oben zitiert, noch immer eines der besten Gesundheitssystem der Welt, das nur nicht nutzbar ist, weil es zu kompliziert ist und Menschen, ob Patienten oder Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten verschreckt? Die Stunden, die man als Behandler mit Institutionen telefoniert, um den richtigen Kostenträger zu ermitteln, sind so ungezählt wie unbezahlt. Wenn ich von deutscher Aushängeschildpolitik spreche, ist auch der folgende Zusammenhang von Interesse: Als ich meine Praxis 1988 aufbaute, kämpfte ich für jeden meiner Patienten um die Kostenübernahme bei den Krankenkassen. Das war nicht einfach. Eines Tages beantragten wir für einen ausländischen Patienten die Kosten für eine Psychotherapie im Kostenerstattungsverfahren. Wir bekamen sie wider jede Erwartung flott bewilligt. Tags zuvor hatten wir die Ablehnung für einen deutschen Patienten von der AOK bekommen. Das war Grund genug für mich, doch mal nachzufragen, wie so eine unterschiedliche Bearbeitungs- und Bewilligungspraxis möglich ist. Die Sachbearbeiter meiner Patienten konnten mir keine Auskunft erteilen. Daraufhin ließ ich mich mit dem Leiter der AOK verbinden. Meine Frage war, wie es zu verstehen sei, dass für ausländische Mitbürger Psychotherapie bewilligt würde und für deutsche nicht. Eine klare Antwort erhielt ich nicht, aber den Hinweis, man wolle diesen Vorgang prüfen. Von dem Augenblick an wurden auch für deutsche AOK-Patienten in meiner Praxis die Psychotherapiekosten erstattet. Ein Kommentar erübrigt sich aufgrund der deutschen Nachkriegspolitik an dieser Stelle. Andererseits kann ich nicht sagen, ob die Änderung der Kostenübernahme Praxis für deutsche Patienten bei der AOK aufgrund meiner Nachfrage eine Änderung erfuhr.
Die heillose Kultur“ ist insgesamt als umfassender Mängelbericht im Hinblick auf Menschen, Patienten, Ärzte- und Psychotherapeutenschaft und Kultur zu lesen. Wird für ausländische Patienten in die oft zitierte populistische Diagnosekiste gegriffen und „Managerkrankheit“ herausgezogen wird, so möchte ich doch feststellen, dass 3/4 der Bevölkerung in Deutschland gegenwärtig ähnliche Symptome aufweisen dürften – insbesondere auch Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten: Aufstiegsstress, Abstiegsstress und Anpassungsstress, allgemein körperlicher Stress, hoher sozialer, finanzieller und psychischer СКАЧАТЬ