Название: Mythos, Pathos und Ethos
Автор: Thomas Häring
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783738030754
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Sommer 2003: "Riegler paßt auf Haderlein, der flankt in die Mitte, wo Ode verpaßt, der Ball wird abgewehrt, aus dem Hintergrund müßte Magnet schießen, Magnet holt aus, trifft den Ball Vollspann und der fliegt in den rechten oberen Winkel! Tor! Tor für die SPD!!!" Vielleicht befürchteten die CSU-Granden zukünftig solche Fußballspielkommentare von Hermann Noch, der Reporterlegende aus Franken. Anders konnte man es sich nicht erklären, daß man ihn dazu bringen, beziehungsweise zwingen wollte, sich zwischen seinem Hobby als Fußballreporter, das er neben seiner Lehrertätigkeit ausübte und einem Sitz im Landtag für die bayerische SPD zu entscheiden. Ich persönlich glaube, wenn der Herr Noch für die CSU angetreten wäre, dann hätte damit niemand ein Problem gehabt. Bekanntlich war und ist ja der bayerische Ministerpräsident für alle Belange des Bayerischen Rundfunks zuständig, von daher konnte man sich schon vorstellen, wie die ganze Schmierenkomödie enden würde. Wovor fürchteten sich die schwarzen Männer? Vor Reportagen wie: "Baumeiler vertändelt den Ball im Mittelfeld, Zuber wird getunnelt und grätscht erfolglos hinterher, Waldhauser versucht es mit Schönspielerei und Kapitän Sträuber schimpft und flucht wie ein Rohrspatz. Schwarz-Weiß Tuntenhausen zerlegt sich selbst." Na ja, wenn ich mich entscheiden müßte, dann würde ich weiterhin Fußballspiele kommentieren, denn das ist bestimmt spannender, unterhaltsamer sowie abwechslungsreicher, als die Taten der absoluten CSU-Mehrheit begutachten zu müssen, ohne sie daran hindern zu können, nur das zu machen, was sie will und was ihr etwas bringt.
20.08.2003: "Ole, Ole, Ole, Ole!" rief ein bekennender Homosexueller ganz laut in Hamburgs Straßen. "Was ist denn los? Wer hat denn jetzt schon wieder gewonnen? Hamburg oder St. Pauli?" wollte ein schwuler Bekannter von ihm, dem er gerade auf einer Straße in Hamburg vor die Füße lief, etwas genervt von ihm wissen. "Von Zeust hat gewonnen und Hamburgs Bürger haben gewonnen. Stills out." "Und wenn schon? Diese merkwürdige Koalition wird ja trotzdem weiter regieren." "Das schon, aber ohne ihren bösen Buben." "Ach was, die Anderen sind doch auch nicht besser oder anders. Immer nur Vetternwirtschaft, Korruption und Wählerbetrug." "Das war aber zu SPD-Zeiten auch nicht anders. Macht macht gierig. Wie dem auch sei, Hamburg ist seit gestern wieder frei." "Abwarten und Astra trinken. Bin nur mal gespannt, ob der Uli von Zeust sich jetzt endlich mal vorne hinstellt und sagt: "Jawohl, ich bin ein Hinterlader und das ist auch gut so." Aber wahrscheinlich traut er sich das wieder nicht." "Mal sehen. Eigentlich muß er jetzt ja Farbe bekennen, denn nachdem ihn der Still dermaßen erpreßt hat." "Alles Ansichtssache. Der Still behauptet ja, er habe den von Zeust nur darum gebeten, nicht mit zweierlei Maß zu messen." "Jetzt aber mal unter uns: Glaubst Du wirklich, daß der Uli was mit dem Robert Husch hatte oder hat?" "Ich weiß nicht so recht. Auf alle Fälle würde ich diese Zeugen, die der Still da ins Spiel gebracht hat, nicht so ernst nehmen. Viele Leute hören und glauben ja nur das, was sie hören wollen." "Deshalb sind sie für Populisten ja auch ein gefundenes Fressen. So eine Koksnase wie der Still sollte ohnehin nur sehr vorsichtig für voll genommen werden." "Ja, aber das ist ja auch nicht bewiesen. Alles nur Gerüchte und Spekulationen." "Fest steht jedenfalls, daß die Still-Partei bei der nächsten Wahl übel abstürzen wird." "Jeder bekommt was er verdient." "Wie meinst Du das denn jetzt? Willst Du damit etwa andeuten, ich hätte mir meinen Tripper verdient?" "Kann schon sein, was weiß denn ich, wo Du Deinen Arsch überall hinhältst. Egal, aber wenn man von fast 20 Prozent der Wählerstimmen kommt, dann wird das ein ziemlich tiefer Fall." "Darauf kannst Du einen lassen. Oh, das habe ich schon für Dich erledigt. Sorry, mein Süßer, den wollte ich mir ja eigentlich für heute Abend aufheben. Na ja, wie dem auch sei, ein schönes Handtäschchen trägst Du heute. Ups, Pups I did it again. Also dann, Schatzi, bevor ich hier noch zum Stinktier werde, verdufte ich lieber." "Es muß ja auch nicht immer etwas hinten rein kommen, bei uns Homos, manchmal kommt dort auch was raus. Mach’s gut, aber nicht zu oft!" "Das ist meine Sache, Du weißt doch wie notgeil wir Männer nun mal sind. Auf alle Fälle wird es in Hamburg ohne Still wieder richtig chillig." "Wie wahr Espana! Aber wenigstens sehen unsere Polizisten jetzt viel schicker aus, in ihrer neuen preußisch-blauen Uniform. Da läßt sich unsereins doch gerne mal verhaften." "Ach ja, die immer mit ihren Schlagstöcken."
Anfang September 2003: Gesucht wird ein Bundespräsident, den momentan noch niemand kennt, Frau Gerkel formiert ihre Truppen schon, denn dieses Mal besteht die Aufgabe der Opposition, darin jemanden zu finden, an den sich deutsche Wählerherzen binden, gesucht wird ein Kandidat, nicht zu soft, aber auch nicht zu hart, am besten wäre er keine Frau, denn die Andrea ist sehr schlau, würde es nämlich eine Bundespräsidentin geben, dann könnte sie selbst ihre Zukunft als Kanzlerin nur in Tagträumen leben, dumm an der ganzen Sache ist nur, der Festerbelle ist ziemlich stur, die FDP hat bei der Kandidatenkür ein gewichtiges Wörtchen mitzureden, und das gefällt nicht unbedingt jedem, mal wieder gesucht wird ein Kompromiß, als vorzeigbarer Fliegenschiß, man will das Ende von Rot-Grün einläuten, außerdem soll der neue BP hoch angesehen sein bei den Leuten, mögliche Kandidaten gibt es zuhauf, das Karussell nimmt munter seinen Lauf, eines ist traurig, aber wichtig: Keiner der genannten Kandidaten paßt so richtig, vielleicht wollen Egmont, Andrea und Guildo irgendwann nicht mehr länger leiden, und lassen einfach das Los entscheiden.
11.09.2003: Aussprache zum Kanzleretat im Bundestag. Wir haben es zu tun mit einer Bundesregierung, die dermaßen unbeliebt ist, daß sie noch heute zurücktreten könnte und damit wohl eher Begeisterungsstürme als Trauerfeiern entfachen würde. Auf der anderen Seite befindet sich eine Opposition, von der alle Beteiligten froh darüber sind, daß sie nicht die Regierung stellt. Früher hatte man wenigstens die Wahl zwischen Pest und Cholera, heutzutage bleibt einem nicht einmal mehr das vergönnt. Schlechte Reden halten können ist eine Fähigkeit, die durchaus Bewunderung verdient, noch dazu bei solch hoch bezahlten Politikern, von denen man prinzipiell annimmt, daß sie ganz gut reden können müßten, weil sie sonst ja wohl kaum im Parlament gelandet wären. Nun ja, das lassen wir mal so dahingestellt, jedenfalls sollte man keine zu hohen Erwartungen wie eine Monstranz vor sich hertragen, wenn man sich im Reichstag unter die Zuhörenden mischt. Klar, in der Politik ist es im Prinzip genauso wie auf dem Fußballfeld: Es reicht völlig aus, besser zu sein als der Gegner, auch ein 1:0 Arbeitssieg bringt drei Punkte ein und in zwei Wochen erinnert sich sowieso niemand mehr an den Grottenkick. Von daher waren Micki Glas (der deutsche oder besser fränkische Mick) sowie CDU-Fraktions- und Parteivorsitzende Gerkel für Bernhard Schräder natürlich leicht zu überbieten, denn sie boten, wie des Öfteren, rhetorische Magerkost. Ein ganz anderes Kaliber war da schon Friedbert Nerz gewesen, doch den hatte die Chefin ja hinter sich selbst in die zweite Reihe verbannt gehabt. Was bleibt? Die Gewißheit, daß nicht an jedem 11.September zwei Türme in die Luft fliegen, nur weil am Tag zuvor eine Debatte im Bundestag stattgefunden hat.
Wer braucht die FDP in Bayern? Eine gute sowie berechtigte Frage, die nicht einmal eingefleischte Liberale überzeugend beantworten können. Die CSU steuert in den Umfragen wenige Wochen vor der Wahl auf eine Zweidrittelmehrheit im Bayerischen Landtag zu, die hat schon mal kein Interesse daran, daß die Freien Demokraten den Sprung ins Parlament schaffen. Die SPD und die Grünen können vermutlich ebenfalls auf die FDP verzichten, denn sonst müßte man den ohnehin schon kleinen Kuchen mit einem weiteren hungrigen Maul mit großer Klappe teilen. Nichtsdestotrotz gibt die bayerische FDP-Chefin Sabrina Heutläuser-Knarrenberger alles, um ihre Partei über die Fünf-Prozent-Hürde zu hieven, denn Wunder gibt es schließlich immer wieder und jeder Mensch braucht nun mal Herausforderungen im Leben. Zugegeben, СКАЧАТЬ