Название: Germinal
Автор: Emile Zola
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783754175019
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Der saufe, prügele sein Weib und laufe den Bänkelsängerinnen von Montsou nach.
Die Pierron nahm eine tief angewiderte Miene an. Von diesen Bänkelsängerinnen kämen alle Krankheiten, meinte sie. In Joiselle gebe es eine, die eine ganze Grube verseucht habe.
»Mich wundert,« fügte sie hinzu, »daß du deinen Sohn mit ihrer Tochter gehen läßt.«
»Ach ja, wer kann das verhindern! ... Ihr Garten stößt an den unseren. Im Sommer steckte Zacharias immer bei Philomene hinter den Fliedersträuchen, und sie taten sich auch im Schuppen keinen Zwang an; man konnte nicht zum Brunnen gehen, ohne sie zu überraschen.«
Es war die gewöhnliche Geschichte des Zusammenlebens der Geschlechter im Dorfe. Burschen und Mädchen verdarben zusammen und warfen sich rücklings -- wie sie sagten -- auf das niedrige Dach des Schuppens, sobald der Abend dunkelte. Alle Schlepperinnen machten da ihr erstes Kind, wenn sie sich nicht die Mühe nahmen, nach Réquillart oder in die Getreidefelder zu gehen, um es da zu machen. Es hatte nichts weiter zu bedeuten; man wurde später Mann und Frau; nur die Mütter waren wütend, wenn die Burschen zu früh anfingen; denn ein Bursche, der heiratete, brachte der Familie nichts mehr ein.
»An deiner Stelle würde ich lieber ein Ende machen«, sagte Frau Pierron in vernünftigem Tone. »Dein Zacharias hat ihr nun schon zwei Kinder gemacht; sie werden ihrer Wege gehen und ein Paar werden. Das Geld ist einmal weg.«
Die Maheu streckte wütend die Hände aus.
»Höre: ich verfluche sie, wenn sie heiraten ... Ist Zacharias uns nicht Respekt schuldig? Er hat uns Geld gekostet, nicht wahr? Er soll es uns wiedergeben, ehe er sich ein Weib auf den Hals ladet. Was würde aus uns werden, sprich, wenn unsere Kinder für andere arbeiteten? Da möchte man doch lieber gleich verrecken!«
Doch sie beruhigte sich wieder.
»Ich spreche im allgemeinen«, sagte sie. »Wir werden ja später sehen .... Dein Kaffee ist recht stark; du tust das Nötige dazu.«
Nachdem sie noch eine Viertelstunde von allen möglichen Dingen geplaudert hatten, eilte die Maheu fort, die Suppe für ihre Mannsleute sei noch nicht fertig. Auf der Straße sah man die Kinder wieder zur Schule gehen; einige Weiber zeigten sich an den Türen und betrachteten Frau Hennebeau, welche die Vorderseite eines Hauses abschreitend ihren Gästen die Einrichtungen des Arbeiterdorfes erklärte. Dieser Besuch machte nachgerade Aufsehen im Dorfe. Der einsame Mann in seinem Garten unterbrach sich in seiner Arbeit; zwei Hühner liefen erschreckt auseinander.
Als die Maheu heimkehrte, stieß sie auf die Levaque, die auf die Straße gekommen war, um den gesellschaftlichen Arzt Dr. Vanderhaghen abzufassen, einen kleinen, allzeit sehr geschäftigen Mann, der durch die Straßen rennend seine ärztlichen Ratschläge erteilte.
»Herr Doktor,« sagte sie, »ich kann nicht schlafen; mir tut alles weh .... Wir sollten doch mal darüber reden.«
Der Arzt, der alle Bewohner des Dorfes duzte, antwortete ihr, ohne stehen zu bleiben:
»Laß mich in Frieden! Du säufst zuviel Kaffee.«
»Und mein Mann erst, Herr Doktor!« sagte jetzt die Maheu. »Sie sollten ihn einmal besuchen. Er hat noch immer seine Schmerzen in den Beinen.«
»Du machst ihn so schwach, laß mich in Frieden!«
Die zwei Weiber standen verblüfft da und schauten dem davoneilenden Arzte nach.
»Komm herein«, sagte die Levaque, nachdem sie mit ihrer Nachbarin ein trostloses Achselzucken ausgetauscht hatte. »Du weißt wohl, daß es etwas Neues gibt ... Auch einen Schluck Kaffee trinkst du; er ist ganz frisch.«
Die Maheu wehrte ab, aber sie konnte nicht widerstehen. Gut, einen Tropfen, um die Nachbarin nicht zu kränken. Und sie trat ein.
Die Stube war greulich schmutzig, die Wände voll Fettflecken, Tisch und Eßschrank starrten von Unsauberkeit; und der Mißduft dieser vernachlässigten Haushaltung packte jeden Eintretenden bei der Gurgel. Neben dem Feuer saß Bouteloup, noch jung aussehend für seine fünfunddreißig Jahre, beide Ellbogen auf dem Tische, die Nase in seinem Teller, und verzehrte einen Rest Rindfleisch mit der Behäbigkeit eines wohlgenährten, ruhigen Jungen. Neben ihm stand der kleine Achilles, Philomenes Erstgeborener, der jetzt in sein drittes Jahr ging, und sah mit der stumm flehenden Miene eines gefräßigen Tieres dem Essenden zu. Der Mieter, dessen großer, brauner Bart ein feines, weißes Gesicht einrahmte, schob von Zeit zu Zeit dem Kinde ein Stück Fleisch in den Mund.
»Wart', ich werde den Kaffee erst zuckern«, sagte die Levaque, indem sie den Mehlzucker voraus in die Kaffeekanne tat.
Sie war um sechs Jahre älter als er, abscheulich, welk, die Brust auf dem Bauche, der Bauch auf den Schenkeln, mit einem platten Gesicht und ergrauenden, stets ungekämmten Haaren. Er hatte sie genommen, ohne sie näher zu prüfen, geradeso wie seine Suppe, wo er Haare fand, oder sein Bett, dessen Wäsche nur alle drei Monate gewechselt wurde. Sie gehörte mit zur Pension; der Mann pflegte oft zu sagen: eine glatte Rechnung macht gute Freunde.
»Ich wollte dir nur sagen,« fuhr sie fort, »daß man gestern abend die Frau Pierron im Dorf der ›Seidenstrümpfler‹ hat sich herumtreiben sehen. Der gewisse Herr erwartete sie hinter Rasseneurs Herberge; dann sind sie zusammen längs des Kanals fortgegangen ... Das ist hübsch von einer verheirateten Frau, wie?«
»Mein Gott!« sagte die Maheu. »Pierron hat, ehe er sie heiratete, dem Aufseher Kaninchen geschenkt; jetzt leiht er ihm seine Frau, das ist wohlfeiler.«
Bouteloup brach in ein riesiges Gelächter aus und warf ein Stück in Soße getunktes Brot Achilles in den Mund. Die zwei Frauen ließen sich dann noch weiter über Frau Pierron aus, über diese Kokette, die nicht schöner sei als eine andere, aber den ganzen Tag damit zubringe, die Löcher ihrer Haut zu mustern, sich zu waschen und mit Pomade zu bestreichen. Übrigens sei es Sache ihres Mannes, wenn ihm ein solches Brot schmecke. Es gebe ja so ehrgeizige Menschen, die ihren Vorgesetzten den Hintern reinigen möchten, um nur ein Dankeswort von ihnen zu hören. So ging es fort, bis sie durch die Ankunft einer Nachbarin unterbrochen wurden, die ein neunmonatiges Kind brachte, Desirée, Philomenens Jüngste. Philomene ließ sich zur Frühstücksstunde das Kind nach dem Sichtungswerke bringen und reichte ihm da, auf einem Kohlenhaufen sitzend, die Brust.
»Die meinige darf ich nicht einen Augenblick allein lassen, sonst schreit sie gleich«, sagte die Maheu mit einem Blick auf Estella, die in ihren Armen eingeschlafen war.
Doch es sollte ihr nicht gelingen, der Schlinge zu entgehen, die sie seit einer Weile der Levaque aus den Augen las.
»Höre einmal: wir sollten doch ein Ende machen«, begann die Levaque.
Die zwei Mütter waren anfänglich stillschweigend übereingekommen, die Heirat nicht zustandekommen zu lassen. Zacharias' Mutter wollte so lange wie möglich den Lohn ihres Sohnes in die Hand bekommen, und auch Frau Levaque wütete bei dem Gedanken, den Erwerb ihrer Tochter zu verlieren. Man hatte keine Eile; Philomenens Mutter hatte sich sogar dazu verstanden, Achilles zu behalten, solange dieser allein da war; doch als der Knabe größer wurde und Brot aß, und als ein zweites hinzukam, fand sie ihre Rechnung nicht mehr und drängte wütend auf die Hochzeit, weil sie nicht vom eigenen zulegen wollte.
»Zacharias СКАЧАТЬ