Название: Germinal
Автор: Emile Zola
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783754175019
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Jetzt flammten die Augen Deneulins auf.
»Niemals!« rief er. »Solange ich lebe, soll Montsou Vandame nicht haben... Ich habe Donnerstag bei Hennebeau gespeist und wohl bemerkt, daß er wieder an mich heran wollte. Schon im vorigen Herbst, als die Spitzen der Verwaltung da waren, um die Gruben zu besichtigen, legte man allerhand Köder... Ja, ja, ich kenne sie, diese Marquis und diese Herzöge, diese Generäle und diese Minister! Lauter Räuber, die einem das letzte Hemd nehmen möchten!«
Er ward nicht müde, über diese Leute zu schimpfen. Herr Grégoire nahm übrigens nicht die Verwaltung von Montsou in Schutz, die im Sinne des Vertrages vom Jahre 1760 eingesetzten sechs Geschäftsleiter, welche die Gesellschaft mit unumschränkter Gewalt regierten und deren fünf, wenn einer starb, das fehlende Mitglied unter den reichen Großaktionären wählten. Der Besitzer von Piolaine mit seinen vernünftigen Ansichten war der Meinung, daß diese Herren in ihrer übertriebenen Geldgier zuweilen jedes Maß überschritten.
Inzwischen hatte Melanie den Tisch abgeräumt. Draußen begannen die Hunde wieder zu bellen, und Honorine wandte sich zur Tür, um nachzusehen; doch Cäcilie, der es in dem Zimmer von dem genossenen Frühstück zu warm wurde, erhob sich vom Tische und rief der Magd zu:
»Nein, laß nur; es wird die Lehrerin sein.«
Deneulin hatte sich gleichfalls erhoben. Er blickte dem Mädchen nach und fragte lachend, als sie draußen war:
»Wird etwas aus der Heirat mit dem kleinen Negrel?«
»Es ist noch nichts bestimmt«, antwortete Frau Grégoire ... »Ein Gedanke, der noch erwogen werden müßte.«
»Gewiß«, rief er mit einem vielsagenden Lachen. »Ich glaube, daß zwischen dem Neffen und der Tante ... Mich nimmt am meisten wunder, daß Frau Hennebeau selbst Cäcilie gegenüber so liebenswürdig tut.«
Doch Herr Grégoire widersprach der hier angedeuteten Vermutung. Eine so vornehme Dame und vierzehn Jahre älter als der junge Mann! Das sei ungeheuerlich; er liebe nicht, daß man mit solchen Gegenständen Spaß treibe. Deneulin lachte noch immer und drückte ihm die Hand zum Abschiede.
»Es ist wieder nicht die Lehrerin«, sagte Cäcilie zurückkehrend. »Es ist die Frau mit den zwei Kindern... Du weißt wohl, Mama, die Grubenarbeiterfrau, die wir neulich getroffen haben... Soll man sie hereinlassen?«
Man zögerte eine Weile. Waren sie sehr schmutzig? Nein, nicht zu sehr; auch ließen sie ihre Holzschuhe draußen. Vater und Mutter hatten sich schon in ihren großen Lehnsesseln ausgestreckt, um zu verdauen. Die Scheu vor einem Luftwechsel brachte sie zur Entscheidung.
»Honorine, lassen Sie sie eintreten.«
Die Frau Maheu und ihre Kinder traten ein, frierend und hungernd, von einer ängstlichen Scheu ergriffen in diesem Gemach, wo es so warm war und so gut nach Kuchen roch.
Zweites Kapitel
In die verschlossen gebliebene Stube drangen allmählich graue Lichtstreifen ein, die sich an der Decke fächerartig entfalteten. Die eingeschlossene Luft ward immer drückender. Alle setzten ihren nächtlichen Schlaf fort: Leonore und Heinrich einander in den Armen liegend, Alzire mit zurückgesunkenem Haupte, auf ihren Höcker gestützt, während der Vater Bonnemort für sich allein im Bett von Zacharias und Johannes mit offenem Munde schnarchte. Kein Hauch kam aus dem Zimmer, wo Frau Maheu wieder eingeschlafen war, während Estelle, quer über dem Bauche der Mutter liegend, an dem überquellenden Busen sog, dessen schlaffe Fleischmassen sie schier erstickten.
Auf der Kuckucksuhr in der unteren Stube schlug es sechs Uhr. Längs der Häuserreihen des Arbeiterdorfes hörte man Türen auf- und zugehen, dann das Klappern der Holzschuhe auf dem Pflaster der Fußsteige: die Sichterinnen begaben sich zur Grube. Dann ward es wieder still bis sieben Uhr. Um diese Stunde wurden die Fensterläden geöffnet, man hörte gähnen und husten durch die Mauern, eine Kaffeemühle knirschte lange; in der Stube aber wollte noch immer niemand wach werden.
Doch bei einem Geräusch von Maulschellen und einem Geheul, das aus der Ferne kam, richtete Alzire sich plötzlich in die Höhe. Sie merkte sogleich, wie spät es sei, und eilte mit nackten Füßen zum Lager der Mutter, um sie aufzurütteln.
»Mutter, Mutter, es ist spät, und du hast einen Gang zu machen!... Gib acht, du wirst Estelle erdrücken!«
Sie nahm das Kind weg, das unter den riesigen Brüsten schier erstickte.
»Verdammt!« brummte die Frau und rieb sich die Augen; »man ist so matt, daß man den ganzen Tag schlafen möchte... Kleide Leonore und Heinrich an, ich nehme sie mit. Hab' acht auf Estelle; ich will sie nicht mitnehmen, sie könnte bei diesem Hundewetter krank werden.«
Sie wusch sich in aller Hast, warf einen alten blauen Rock, ihren besten, über und hüllte sich in ein altes Tuch von grauem Wollstoff, auf das sie gestern erst zwei Flecke gemacht hatte.
»Und Suppe soll ich kochen! Verdammt! Verdammt!...« brummte sie von neuem.
Während ihre Mutter, alles beiseite schiebend, hinunterging, kehrte Alzire in die Stube zurück und nahm Estelle mit, die wieder zu heulen begonnen hatte. Sie war an das Geschrei der Kleinen schon gewöhnt; mit acht Jahren war sie schon so findig wie ein Weib, das Kind zu beruhigen und zu zerstreuen. Sie legte sie sachte in ihr noch warmes Bett und schläferte sie wieder ein, indem sie ihr einen Finger in den Mund steckte. Es war Zeit, denn ein neuer Lärm brach los. Sie mußte sogleich den Frieden zwischen Leonore und Heinrich herstellen, die endlich erwachten. Diese Kinder vertrugen sich nur und halsten sich nur, wenn sie schliefen. Das sechsjährige Mädchen fiel über das Brüderchen her, sobald es erwachte und prügelte das um zwei Jahre jüngere Knäblein, das die Püffe nicht erwidern konnte. Beide hatten denselben zu groß geratenen aufgedunsenen Kopf voll struppiger, gelber Haare. Alzire mußte ihre Schwester bei den Füßen zerren und ihr drohen, daß sie ihr den Hintern einpracken werde. Dann gab es ein Stampfen und Schreien wegen des Waschens und bei jedem Kleidungsstücke, das sie ihnen anlegte. Man ließ die Fensterläden geschlossen, um den Schlaf des Vaters Bonnemort nicht zu stören. Doch er schnarchte fort inmitten des greulichen Lärmes der Kinder.
»Das Frühstück ist fertig. Kommt ihr endlich herunter?« rief Frau Maheu.
Sie hatte die Fensterläden geöffnet, das Feuer aufgeschürt und Kohle zugelegt. Sie hatte gehofft, daß der Alte nicht alle Suppe verschlungen habe; allein sie fand den Topf leer. Deshalb ließ sie eine Hand voll Nudeln aufkochen, die sie seit drei Tagen in Vorrat gehalten. Man werde sie ohne Butter essen, so wie sie aus dem Wasser kommen, dachte sie; von dem Krümchen, das gestern noch da war, sei wohl nichts übriggeblieben. Zu ihrer Überraschung fand sie aber, daß Katharina, nachdem sie die, »Ziegel« zurechtgemacht, СКАЧАТЬ