Название: Kein Duke zum Verlieben!
Автор: Katherine Collins
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783738027266
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»Hör zu, Ninny, ich schau mich in den Ställen um, und du, du gehst zurück ins Haus. Hast du gehört? Sag Miss Croven, dass ich auch gleich hochkomme, hoffentlich mit Marie!«
Ohne Widerrede lief Ninette Richtung Küche. Besorgt strich sich Annabell über die Stirn. Sie war erst seit zwei Wochen auf Windermere Castle und konnte es kaum mehr erwarten, wieder abgeholt zu werden. Oh, sie mochte ihre Cousinen, sehr sogar. Sie genoss es, Spielkameraden zu haben, auch wenn sie nicht in ihrem Alter waren, und war daher immer zu einer Runde Verstecken mit Marie bereit oder „Ich sehe was, was du nicht siehst“ mit Ninette. Nun, fast immer. Gerade in dem Moment wäre es ihr lieber, nicht spielen zu müssen. Sie seufzte auf und begab sich schweren Herzens in ihr Schicksal. Schnellen Schrittes lief sie zu den Ställen, immer darauf bedacht, von niemandem gesehen zu werden. Vorsichtig drückte sie das Tor zum Stall gerade so weit auf, um sich hindurchzwängen zu können. Achtsam sah sie sich um, durchsuchte die leeren Boxen und vergaß auch nicht, in die belegten Boxen einen Blick zu werfen. Leise rief sie nach der Cousine, in der Hoffnung, von dem Mädchen trotz der Geräuschkulisse gehört zu werden.
Die Pferde machten einen ungeheuren Krach, sie scharrten mit den Hufen im Heu, kauten ihren Hafer und wieherten nahezu unaufhörlich. Annabell biss sich auf die Lippen; wenn Marie nicht in der Futterkammer oder der Sattelkammer war, musste sie auf den Heuboden hochklettern. Kein besonders angenehmer Gedanke! Das Problem dabei war nicht das Hochklettern. Sie war zuversichtlich, dass sie die steile Stiege erklimmen konnte, allerdings hatte sie keine Ahnung, wie sie wieder herunterkommen sollte. Andererseits bräuchte sie sich darüber vermutlich keine Sorgen zu machen, so beruhigte sie sich lakonisch, denn ein unbeabsichtigter Blick nach unten würde sie sicherlich umbringen. Ihr Herz würde schneller und schneller schlagen und schließlich ganz bestimmt einfach aufhören, so wie bei ihrem Vater. Ihre Schwester Sarah war dabei gewesen, als dieser in einem Moment noch wie ein Wahnsinniger brüllte und im nächsten Augenblick verstummt zu Boden ging. Wie ein gefällter Baum. Aus Angst. Weil Sarah auf einen Baum geklettert war. Es war also möglich, aus Angst zu sterben. Und wer sagte, dass sie dieses Mal nicht so viel Angst haben würde, dass es mit ihr vorbei sein würde? Beim letzten Mal, jedenfalls war es sehr schlimm gewesen und wenn Marcus, ihr Schwager, sie nicht im letzten Moment gefunden und von dem Vorsprung gerettet hätte … Sie war nahe ihres Elternhauses an den Klippen spazieren gewesen, von einem durch die Gicht feuchten Felsen gerutscht und beinahe ins wogende Meer gestürzt. Seitdem mied sie nicht nur glitschige Felsen, sondern Höhen generell. Von ihren Gedanken abgelenkt, achtete sie nicht auf die verräterischen Laute, die sie sonst sicher aufgehalten hätten, und öffnete die Tür zur Sattelkammer. Erschrocken blieb sie mitten in der Bewegung stehen. Ein Pärchen hatte sich diesen kaum besuchten Ort für ein Stelldichein ausgesucht und bot dem unbedarften Mädchen ein schockierendes Bild. Die Dame saß halb auf einem Sattelbock und stützte sich mit den Armen nach hinten ab, während ihr Galan zwischen ihren entblößten Schenkeln stand und seine Hüfte rhythmisch gegen ihre stieß. Dabei ergaben sich seltsame Töne, die von den spitzen Schreien der Frau allerdings überlagert wurden. Entgeistert fragte sich Annabell, wie sie das hatte überhören können und blinzelte. Sie fasste sich schnell und wollte sich lautlos zurückziehen, als die Dame sie entdeckte und in ein ohrenbetäubendes Kreischen ausbrach. Geschwind stieß sie den Mann von sich und bedeckte ihre Blöße mit ihren farbenfrohen Röcken. Erbost lief sie zu dem erstarrten Mädchen und griff ihr ins Haar, um ihren Kopf nach hinten zu ziehen. Annabell schrie gepeinigt auf. Sie fasste nach der Hand in ihren losen Zöpfen und versuchte, sie aus ihrem Haar zu lösen. Stattdessen verstärkte sich der Zug, bis ihre gesamte Kopfhaut wie Feuer brannte. Tränen schossen in ihre Augen, und sie musste sich auf die Lippe beißen, um sie zurückzuhalten.
»Wenn du auch nur einen Ton verlauten lässt, wirst du mich kennenlernen, hast du mich verstanden? Sieh mich gefälligst an, wenn ich mit dir spreche, verfluchte Göre!«
Annabell sah auf und fuhr unter dem gehässigen Blick der giftgrünen Augen zusammen.
»Lass sie los, Miranda. Das ist doch bloß ein Kind!«
Der Mann war neben die Dame getreten, die das Mädchen drangsalierte, und griff nun seinerseits nach der brutalen Hand in den goldblonden Zöpfen des Kindes. Miranda zog noch ein letztes Mal und ließ sie dann so plötzlich los, dass Annabell nach hinten fiel. Genau diesen Moment wählte Marie, um aus ihrem Versteck zu springen und sich weinend auf die Cousine zu werfen. Die Kleine hatte sich hinter der großen Zaumzeugtruhe verborgen und geduldig darauf gewartet, dass man sie fand. Annabell schloss das Kind in die Arme und flüsterte, selbst den Tränen nahe: »Da bist du ja! Du brauchst nicht zu weinen, ich habe dich ja gefunden.«
Nathan Mannings seufzte innerlich. Er hatte sich eigentlich nur mit der hübschen Countess of North amüsieren wollen, bevor er sich mit seinem Bruder traf, um über eine Aufstockung seiner Apanage zu sprechen. Da Albert, sein älterer Bruder und der derzeitige Lord Westbrook, Duke of Kent, mit seinen Eskapaden eher unzufrieden war, würde dieser Zwischenfall wahrscheinlich zu einer negativen Antwort führen. Ärgerlich sah er von der aufgebrachten Lady North zu den beiden Mädchen am Boden. Die Ältere warf ihm einen ängstlichen Blick zu. Entschlossen, das Beste aus der Situation zu machen, verbeugte er sich kurz vor den Kindern.
»Missen Windermere, nehme ich an? Ihr Diener. Darf ich Ihnen aufhelfen?«
Nathan hörte Miranda hinter sich schnauben. Er verstand wohl, dass die Situation für sie noch wesentlich unangenehmer war als für ihn. Ihr Gemahl war für seinen Unmut bekannt, und sie hatte eine Tochter, die sie gerade gut zu verheiraten trachtete. Er ignorierte seine derzeitige Geliebte und reichte dem ihn misstrauisch betrachtenden Mädchen die Hand, die sie schließlich zögernd annahm. Sie war federleicht, und durch den Schwung stieß sie gegen seinen Körper. Rasch schob sie sich wieder von ihm fort und half dem immer noch weinenden Mädchen hoch. Marie presste sich an die Cousine und jammerte: »Seine Lordschaft wird so ungehalten sein! Bestimmt wird er mich ganz böse bestrafen!«
Marie schniefte herzzerreißend und vergrub ihr mit Sommersprossen übersätes Gesicht in die Falten des Rocks ihrer Cousine.
»Hab keine Angst, Marie, seine Lordschaft wird ganz bestimmt nichts erfahren«, versicherte Annabell und strich dem aufgebrachten Kind beruhigend über den Rücken. Abschätzend musterte sie den Lord und die Lady. Die Dame sah sie immer noch aus zusammengekniffenen Augen einschüchternd an, während ihr Liebhaber den Mädchen zuzwinkerte.
»Aber diese Leute werden doch alles verraten!«, schluchzte Marie verzweifelt.
»Aber nein! Glaub mir, die Herrschaften möchten sicher genauso wenig wie wir, dass jemand von unserem Zusammentreffen hier erfährt!«
Annabell wandte sich dem Lord zu und versprach ernsthaft: »Wir haben niemanden gesehen, weil wir gar nicht da waren. Sie waren doch heute auch nicht im Stall, oder Mylord?«
Nathan lachte amüsiert auf.
»Nein, Ihre Ladyschaft und ich waren heute nicht im Stall. Es ist ein Vergnügen, mit Ihnen Absprachen zu treffen, Miss Windermere.«
Er verbeugte sich wieder vor ihr und griff belustigt nach der Hand des Mädchens, um sie zu küssen. Errötend entzog sie ihm ihre Hand wieder und senkte die Wimpern. Dann gab sie sich einen Ruck und blinzelte durch eben diese dunklen, langen Härchen zu dem Gentleman auf. Sie fand schon ihren Schwager Lord Suffolk zum Niederknien gut aussehend, aber dieser Mann sah noch besser aus! Suffolk war blond und blauäugig, von durchschnittlicher Größe und athletischer Figur. Dieser Mann vor ihr war aber größer. Er hatte rabenschwarzes Haar und durchdringende, graue Augen. Sein Lächeln war schier umwerfend, und die Berührung seiner unbehandschuhten Hand an ihrer war aufrüttelnd gewesen. Unschlüssig trat sie von einem Fuß auf den anderen und wünschte sich flüchtig, dem Rat der Gouvernante gefolgt zu sein: Ihr Haar nicht mehr in mädchenhaften Zöpfen zu tragen. Nach einem letzten Blick in die stürmisch grauen Augen des Lords knickste Annabell flüchtig СКАЧАТЬ