»Komm schon! Warum kapierst du das nicht?« fragt Kane.
Adam leert erst einmal das Glas, bevor er weiter redet »Okay, Paps! Beantworte mir einfach folgende Frage! Warum sollte das Bewusstsein ein Merkmal sein, das Tiere nicht haben können?«.
»Die Regel hab ich nicht gemacht, mein Sohn!«
»Und wer dann?« fragt Adam »Irgend so ein Bürgermeister aus Texas, der seinen christlichen Bewohnern Honig ums Maul geschmiert hat, damit diese an ihm besser kleben bleiben, wenn sie ihm den Arsch lecken?«.
»Nein! Ich denke, Gott hat diese Regel gemacht!« antwortet sein Vater.
Und wieder musste sich Adam ein Dogma anhören. Dann wurde er laut.
»ACH, LECK MIR DOCH DIE EIER, DAD!«
»WIRFST DU SONST WIEDER MIT GLÄSERN?«
»NEIN, DAS IST EINE KNEIPE. HIER GIBT ES REGELN.«
5
Im gleichen Moment als Adam und Vater das wohl interessanteste Vater-Sohn-Gespräch seit der Gründung der Kolonie führen, nähert sich wutentbrannt auch Sinclair der MIR`s mit schwitzenden Achseln und rotem Gesicht. Er stolpert voller Unachtsamkeit über eine Bordsteinkante und steht dann wieder auf. Die Bordsteinkante hat bei ihm nichts bewirkt. Sinclair ist unaufhaltsam. Er klopft sich den Staub von den Klamotten und geht geradewegs auf die Eingangstür der MIR`s zu. Er durchstößt sie wie ein geiler Bulle den Geburtskanal einer Kuh. Da steht er nun da, wird aber vollkommen ignoriert, weil Adam und Kane viel zu sehr damit beschäftigt sind, sich wie konkurrierende Schimpansenmännchen anzuschreien. Wären sie im Wald unter sich ohne jede Regel der Gesellschaft, sie würden sich mit Exkrementen bewerfen. Sinclair räuspert, aber niemand hört ihn. Er räuspert lauter, so dass man ihn doch hört, aber niemanden interessiert es. Sinclair mag zwar der Forschungsleiter der SOD sein, aber im Tierreich ist er definitiv nicht das Alphamännchen. Dann erhebt Sinclair die Stimme und brüllt »STEINBERG! ICH MUSS MIT IHNEN REDEN.«.
Adam antwortet schnell, aber nicht mit den von Sinclair erhofften Worten »HALTEN SIE IHRE SCHEIß FRESSE UND VERPISSEN SIE SICH, SIE ARSCHLOCH!«.
»ADAM!!!« erwidert sein Vater.
»WAS?« fragt Adam.
Dann wischt er sich den Schweiß von der Stirn, greift zum Schnapsglas, das da noch auf dem Tresen steht und leert es bevor ein anderer es tut. Dabei war das noch nicht einmal sein Glas. Dann beruhigen sich alle wieder.
»Sagen Sie was Sie wollen, Sinclair!« fordert Adam mit fuchtelnder Hand.
Sinclair kommt sofort zum Punkt »Die Protokolle. Wo sind Ihre Daten Steinberg?«.
Adam hält sich die Hand vor den Mund und fängt an zu Kichern.
Sinclair ist gar nicht amüsiert und fragt »Was ist so witzig? Sie wollen mir doch nicht weis machen, dass Sie die ganzen Jahre über nie protokolliert haben!?«.
Adam sieht sich Sinclair an wie ein sadistisches Raubtier, das mit seiner Beute spielt und antwortet mit einem fiesen Grinsen »Doch! Ich habe protokolliert. Und zwar genau hier!«.
Adam zeigt mit seinem Zeigefinger auf seine Schläfe. »Alle Daten und alle Erkenntnisse meiner Arbeit stecken hier drin.«.
»Oh, nein! Sie haben kein fotografisches Gedächtnis!« mault Sinclair ihm entgegen.
»Nein! Das vielleicht nicht, aber ich habe ein gutes Gedächtnis!« antwortet Adam.
»Ich glaube Ihnen nicht. Beweisen Sie es, Steinberg!« fordert Sinclair auf.
Adam reibt ein wenig am Gestell seines Monoggles und runzelt nachdenklich die Stirn mit nach oben gerichtetem Blick. Er greift nach einem Stift aus seiner Laborkitteltasche, geht zu Sinclair, greift seine Hand und schreibt ihm zwei Zahlen mit je 14 signifikanten Stellen hinter dem Komma auf seine Handinnenfläche.
»Das sind die Koordinaten von Kalles letztem Vortrag. Die Höhen- und Breitengraden des Plagenestes B-4X.«.
Kalle sieht sich die Zahlen genau an und Sinclair fragt ihn »Stimmt das, Doktor Erlmeyer?«.
Kalle antwortet »Jepp, das kommt so in etwa hin. Bei den Nachkommastellen kann ich das nicht genau sagen, weil ich die Zahlen selber nicht so exakt im Kopf habe.«.
Sinclair ist nicht sehr erfreut über die Erkenntnis, ein Genie vor sich stehen zu haben. Er wirft Adam einen stechenden Hassblick zu und Adam erwidert diesen mit einem spottenden „Fick dich selbst!“-Blick, mit hochgezogenem Mundwinkel und zwei unterschiedlich weit geöffneten Augenlidern. Dabei hebt er den Brustkorb hervor und steckt sich zur Krönung noch die Hände in die Hosentaschen. Adam bemerkt wie Ivy hinter seinem Rücken applaudierend mit den Händen klatscht. Es ist völlig natürlich, dass ein Weibchen dem Gewinner zujubelt, nachdem zwei Schimpansen ihre Schwanzlängen verglichen haben. Und es ist ebenfalls natürlich, dass das Männchen mit dem größeren Schwanz diesen Moment des Erfolges auskostet. Adam dreht sich zum applaudierenden Weibchen Ivy um und verbeugt sich vor seinem Publikum.
Sinclair muss schlucken bevor er fortfährt »Also gut, Steinberg! So ungern ich das auch zugebe. Aber offensichtlich benötigen wir Ihre Dienste doch noch. Wenn Sie sich bei mir entschuldigen, können Sie gerne wieder Ihren Dienst antreten.«.
Adam erwidert »Ich nehme Ihre Entschuldigung an, Sinclair! Aber damit ist es nicht getan. Sie haben sich wie ein Riesenarschloch aufgeführt und dafür erwarte ich eine Wiedergutmachung.«.
Sinclair bebt vor Stöhnen und Knurren und sein verachtender Blick lässt seine Stirn wie die eines Klingonen aus Star Trek wirken (Wise et al. 1979). Dann muss er es aussprechen.
Worte die sein Selbstbewusstsein und seinen Stolz wie Holz in 1molare Salzsäure verätzen lassen »~Also schön!~ Was kann ich denn für Sie tun?«.
»Ich möchte, dass Ivy Ihnen eine reinhauen darf.« antwortet Adam.
Die Kneipengäste, die das Spektakel schon eine Weile beobachten, waren schon vorher sehr aufmerksam. Doch diejenigen, die bisher nur mit einem Ohr zugehört haben, drehen ihre Gesichter nun ebenfalls in voller Aufmerksamkeit in Richtung Sinclair, Steinberg und Ivy. Adam setzt aber noch einen drauf »Und zwar hier und jetzt. Vor allen Leuten.«.
Sinclair sieht sich um und blickt dann zur verängstigten Ivy, die den Eindruck macht, als wüsste sie gar nicht wie ihr geschieht und wie sie auf diese Umstände reagieren soll. Sie wirkt leicht irritiert.
»Abgemacht!« antwortet Sinclair übermütig mit einem Schulterziehen »Wie schlimm kann das schon werden. Ich mach mir eher Sorgen um Ihre Ratte, dass sie sich die Pfote verletzen könnte.«.
Adam fordert Ivy mit einer Handbewegung auf aufzustehen und zu ihm zu kommen. Sie folgt der Aufforderung und reicht Adam ihre Pfote. Adam greift sie und positioniert sie zu Sinclair. Ratte und Peiniger stehen sich nun erneut gegenüber und der Peiniger wird zum Gepeinigten. Adam massiert Ivy mit beiden Händen die Schultern wie ein Trainer seinen Boxchampion und sagt »Denk dran, dass der Kerl dir zuerst in die Fresse geschlagen hat. Es ist nur gerecht.«.
Sinclair СКАЧАТЬ