Unter der Sonne geboren - 2. Teil. Walter Brendel
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Название: Unter der Sonne geboren - 2. Teil

Автор: Walter Brendel

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783966511872

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СКАЧАТЬ konnte man sich wohl verlassen. Auch den Herzog von Gramont befragte er. Gramont hatte als Sonderbotschafter dem spanischen König Ludwigs Heiratsersuchen offiziell überbracht. Bei der Audienz war er auch der Infantin begegnet. Nach spanischer Sitte durfte er, wie er Ludwig verlegen gestand, den Saum ihres Kleides küssen. „Sie ist nicht sehr groß“, berichtete er Ludwig, was dieser sofort als „ziemlich klein“ auslegte. „Sie hat ein längliches Gesicht um vollen Wangen und eine bezaubernd frische Gesichtsfarbe. Ihre Augen sind blau wie Saphire, und sie hat - wenn Majestät gestatten - einen energischen Mund.“

      Ludwig wusste, was Gramont damit meinte. Die kräftige Unterlippe der Habsburger setzte sich in fast jeder Generation durch. Sie wurde schon gar nicht mehr als Schönheitsfehler angesehen, sondern vielmehr als Zeichen königlicher Abstammung. „Und Ihre Zähne?“ Unwillkürlich musste Ludwig an einen anderen Mund denken mit Zähnen so weiß, dass er manchmal gescherzt hatte, sie würden im Dunkeln leuchten.

      „Verzeihung, Majestät, die Zähne habe ich nicht gesehen. Die spanischen Damen benehmen sich sehr zurückhaltend.“

      Ludwig nickte, aber er war enttäuscht. Doch Gramont fiel noch etwas ein. „Ihr Haar, Majestät!“, rief er, froh, dass er doch noch etwas zu bieten hatte. „Die Infantin hat wundervolles goldblondes Haar, so dicht, dass es sich bestimmt nur mit Mühe zähmen lässt.“ Ludwig musste an seine Mutter denken. Vieles an Maria Theresia erinnerte ihn an sie. Das war wohl auch kein Wunder. Immerhin war Anna eine Tante ersten Grades ihrer künftigen Schwiegertochter, und auch davor waren die meisten Heiraten der spanischen Könige innerhalb der eigenen Familie geschlossen worden.

      „Wie kleidet sie sich?“, fragte er. Er schätzte elegante Frauen. Auch bei sich selbst betrachtete er Eitelkeit als lobenswerte Eigenschaft.

      Der Herzog zuckte die Achseln. „Ich fürchte, Majestät, die Spanier haben einen etwas anderen Geschmack als wir Franzosen“, antwortete er vorsichtig. „Eigentlich sind am spanischen Hof alle Damen in der gleichen Weise gekleidet. Alle in Schwarz und…..“, was er sagen wollte, war ihm sichtlich peinlich, „alle mit weiten Röcken. Sehr weiten Röcken, Sire, und sehr vielen Röcken darunter. Wenn ich so frei sein darf: Einer meiner Begleiter meinte, die spanische Mode lässt die Damen aussehen wie breite Tonnen, aus denen Pfähle emporragen.“ Er suchte verzweifelt nach einer Entschuldi-gung für die anschaulichen Worte, zu denen er sich verpflichtet gefühlt hatte.

      Doch Ludwig lachte. „Das wird sich leicht ändern lassen, wenn die Infantin erst Königin von Frankreich ist, meinen Sie nicht auch, mein Freund?“

      Gramont atmete auf. „Unbedingt, Sire!“, stimmte er zu. „Ihre Majestät wird mit ihrer Schönheit und Eleganz alle anderen Damen überstrahlen.“ Danach berichtete er von der hervorragenden Erziehung, die die Infantin genossen habe. Das Einzige, worauf leider verzichtet worden sei, sei die französische Sprache. „Ich nehme an, der lange Krieg war ein Grund dafür, Sire.“

      Ludwig seufzte. Die ersten Unterhaltungen mit seiner künftigen Gemahlin würde er wohl auf Spanisch führen müssen. Immerhin hatte seine Mutter dafür gesorgt, dass er die Sprache ihrer Heimat lernte. Er beherrschte sie fließend, wenn auch mit starkem französischem Akzent und mit vielen Fehlern, wie Anna jedes Mal bedauernd feststellte. Doch verständigen würde man sich können, und mit der Zeit würde Maria Theresia gewiss die Sprache des Landes lernen, dessen Königin sie dann war.

      Seit der Friedensschluss mit Spanien so gut wie sicher war, hatte sich vieles verändert. Als Ludwig noch mit Marie durchs Land geritten war, hatte er für kurze Zeit den Respekt des Hofes eingebüßt. Er war zu einem Gegenstand des Klatsches geworden, über den sich jeder zu äußern wagte. Man sah in ihm nicht, wie er erwartet hatte, den romantischen Liebhaber, den die Welt nie vergessen würde, sondern nur einen unreifen Jüngling, der auf eine ehrgeizige Ausländerin hereingefallen war.

      Erst als Marie die Bühne verlassen hatte, wurde Ludwig wieder zum König. Bald war er es sogar mehr als je zuvor. Auch sein eigenes Verhalten trug dazu bei. Er war kühl geworden, oft sogar abweisend. Manchmal bestellte er Madame de Beauvais zu sich, Olympia oder eine andere verfügbare Dame des Hofes. Doch von nun an benahm er sich als Herr, dessen Wünschen nicht widersprochen werden durfte. Catherine de Beauvais war die Einzige, die sich von seinem Auftreten nicht einschüchtern ließ und ihm weiter mit einer Art mütterlicher Zärtlichkeit begegnete.

      Sogar der Große Conde, der über sich immer nur den Himmel geduldet hatte, bekam die Härte des neuen Ludwig zu spüren. Als er zum ersten Mal wieder am Hof erschien, verspätete er sich. Ludwig bestrafte ihn dafür, indem er ihn einfach übersah. Es dauerte lange, bis er Conde dann plötzlich mit der direkten Frage überfiel, ob er beabsichtige, an der spanischen Hochzeit teilzunehmen. Dem Tonfall nach konnte man darauf schließen, dass Monsieur le Prince bei der Hochzeit nicht erwünscht war.

      Alle staunten, dass er sofort verstand und einlenkte. Er habe vor, sein Schloss in Chantilly auszustatten, antwortete er. Diese Aufgabe würde ihn in nächster Zeit voll beanspruchen. Conde wusste nur zu gut, dass er in Ludwigs Augen ein Verräter war.

      Hätte Richelieu noch gelebt, hätte er Conde wohl um einen Kopf kürzer gemacht, obwohl dieser doch mit einer Nichte des Kardinals verheiratet war. Conde begriff jedenfalls, dass es an der Zeit war, Demut zu üben. Vor allem diesem jungen König gegenüber, so höflich und kalt und so glatt wie harter Marmor.

      Ludwig spürte, dass er anders behandelt wurde als früher. Es gefiel ihm. Als Kind hatte er oft versucht, sich so charmant zu geben wie sein Bruder Philippe. Man hatte zwar gelacht, wenn er ein Späßchen versuchte, doch eigentlich hatte er hauptsächlich Befremden geerntet. So gab er seine Bemühungen schließlich auf.

      Jetzt, nach der verlorenen Liebe, betrachtete er die meisten Menschen seiner Umgebung als mögliche Feinde. In seiner schweren Zeit hatte niemand zu ihm gehalten. Somit war auch niemandem verpflichtet. Er war frei und er war der König. Er ersuchte nicht mehr, sondern er befahl. Je kühler seine Stimme dabei klang, umso beflissener gehorchte man ihm. Die Aufrührer von einst wurden handzahm. Die Fronde verschwand und war nur noch eine unangenehme Erinnerung an eine chaotische Zeit.

      Auch der Tod trug dazu bei, dass die alten Verschwörer immer weniger wurden. Im Februar 1660 war Gaston von Orleans gestorben, der so gern König geworden wäre und doch immer Angst vor dem eigenen Mut gehabt hatte. Sogar noch auf dem Totenbett entschuldigte er sich bei seiner Tochter, dass er nicht streitbarer gewesen war. „Damals, am Tor von Saint-Antoine ...“, murmelte er. Doch nicht einmal seine Abschiedsworte brachte er zu Ende. Damit verärgerte er ein letztes Mal die Grande Mademoiselle. Sofort nach seinem Ableben verließ sie das Sterbezimmer.

      Schon vor der Beerdigung stellte sich heraus, dass der Onkel des Königs sein Vermögen so gut wie aufgebraucht hatte. Er hatte wohl doch mehr Geld in die Fronde gesteckt, als man angenommen hatte. Ein großer Teil seines Silberzeugs musste schließlich verpfändet werden, damit die Bestattung standesgemäß über die Bühne gehen konnte.

      Die Grande Mademoiselle, immer noch eine der reichsten Personen Frankreichs, weigerte sich, für die Kosten aufzukommen. Stattdessen kaufte sie sich ein märchenhaftes Collier aus zwanzig Reihen Perlen, weil Perlen so gut zur Trauerkleidung passten und außerdem in Mode waren, seit Ludwig sie seiner Liebsten zum Geschenk gemacht hatte. Die bevorstehenden Hochzeitsfeierlichkeiten würden eine gute Gelegenheit sein, mit der neuen Erwerbung zu prunken.

      Das Volk hingegen beweinte Gaston, der ihm so viel Leid gebracht hatte. Bis zuletzt war er für viele ein Relikt der alten Zeit gewesen, ein Gegen-Mazarin, so Französisch, wie ein Franzose nur sein konnte.

      Herzog von Orleans: Der zweitgeborene Bruder des jeweiligen Königs trug diesen Titel, zusammen mit der ehrenvoll einfachen Anrede „Monsieur“. Gastons Titel ging nun auf Ludwigs jüngeren Bruder über: Philippe. Er war jetzt der СКАЧАТЬ