Unter der Sonne geboren - 2. Teil. Walter Brendel
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Название: Unter der Sonne geboren - 2. Teil

Автор: Walter Brendel

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783966511872

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СКАЧАТЬ und auch ihre früheren Briefe zu verbrennen. Ludwig konnte es nicht glauben. Wieder und wieder schrieb er ihr trotzdem und schickte ihr sein Schoßhündchen Friponne. Am Halsband trug es einen silbernen Anhänger mit der Inschrift „Ich gehöre Marie Mancini.“

      Marie wusste trotzdem, dass sie verloren hatte. Der Kardinal teilte ihr mit, er habe einen Gemahl für sie gefunden, einen aus den allerhöchsten Kreisen: den Prinzen Lorenzo Colonna, dem seine eigenen Vorfahren einst als Kammerherrn gedient hatten.

      Doch Marie hatte kein Gefühl für den Aufstieg ihrer Familie. „Ein Italiener?“, fragte sie. „Ihre Majestät sagte mir, auch Prinz Karl von Lothringen käme für mich infrage. Dann könnte ich in Frankreich bleiben.“

      Mazarin schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid, mein Kind“, antwortete er, ohne ihren Einwand zu beachten. „Die Entscheidung ist bereits gefallen.“

      „Prinz Colonna also?“

      Mazarin nickte. „Endgültig.“

      Marie fügte sich. Auch Ludwig verbrannte nun ihre Briefe.

      Seine verzweifelten Ritte durch den Wald wurden seltener, als seine Mutter anfing, Maries Ruf zu untergraben. Ständig sei das junge Mädchen auf Festen. Dem Prinzen Karl von Lothringen habe sie so offen schöne Augen gemacht, dass schon alle Welt darüber rede.

      Ludwig glaubte, das Herz zerreiße ihm. „Ist das wahr, Maman?“, rief er.

      Anna sah ihm tief in die Augen. „Habe ich jemals gelogen, mein Sohn?“, fragte sie. Ludwig wusste, wie streng Annas Beichtvater mit ihr war, und schenkte ihr Glauben. So kam es, dass er sich bei der zweiten Begegnung nach der Trennung nur kühl vor Marie verneigte.

      Für Marie selbst hatte sich nichts verändert. „Ludwig!“, sagte sie zärtlich. „Wie geht es Ihnen?“

      Der Klang ihrer Stimme traf ihn ins Herz. Trotzdem blieb seine Miene beherrscht. „Ich danke für die Nachfrage, Mademoiselle“, antwortete er abweisend. Noch einmal verneigte er sich kalt. Dann ließ er sie stehen.

      Marie starrte ihm nach. Sie war nicht in der Lage, sich zu bewegen. Ihre Schwester Hortense eilte herbei und führte sie wie eine Kranke in ihre Gemächer. Ludwig aber ritt ein letztes Mal durch den Wald und nahm endgültig Abschied von seiner Liebe. Er wusste, dass er nie mehr dergleichen empfinden würde. Nie mehr würde er so glücklich sein wie mit Marie, nie mehr aber auch so verletzlich.

      Als Marie nach Italien ging, um den Prinzen Colonna zu heiraten, äußerte dieser seinen Verwandten gegenüber, er sei überrascht. „Ich hätte nicht erwartet, in der Liebe von Königen Unschuld zu finden!“, stellte er fest. Trotzdem blieben die beiden einander fremd.

      Die Infantin

      Nicolas Fouquet und Marie Madeleine befanden sich in dem Gefolge, das den französischen König zu seiner Hochzeit mit der Infantin von Spanien begleitete. Gute vier Wochen hatte man für die Reise zur spanischen Grenze veranschlagt, wo Braut und Bräutigam einander zum ersten Mal begegnen sollten. Erst wenn ihre Trauung vollzogen war, würde der Friedensschluss zwischen den beiden Ländern auch offiziell in Kraft treten.

      Im November 1659 hatten Kardinal Mazarin und Don Luis de Haro das Friedensdokument unterzeichnet. Beide erduldeten mit Gleichmut, dass ihnen die Öffentlichkeit ihrer Länder vorwarf, dem jeweiligen Kriegsgegner zu viele Vorteile eingeräumt zu haben. Doch weder der Kardinal noch Don Luis zweifelten daran, dass man sich sehr bald schon an die neuen Konstellationen gewöhnen würde und dann nur noch froh war, dass endlich die Waffen schwiegen.

      So kam es auch. In einem noch nie erlebten Triumphzug bewegten sich die königlichen Karossen gegen Süden. In allen Städten und Dörfern wurden sie jubelnd empfangen.

      Erst jetzt kam Ludwig zu Bewusstsein, wie sehr das Volk unter der Bürde des Krieges gelitten hatte. „Von nun an soll alles anders werden!“, sagte er zu Nicolas. Er hatte ihn zu sich in seine Kutsche befohlen, um ihn über die finanzielle Lage nach dem Krieg zu befragen. An Mazarin wollte er sich damit nicht wenden.

      Er konnte sehen, dass der Kardinal gesundheitlich geschwächt war. Trotzdem gab er das Heft nicht aus der Hand. Wenn erst diese Hochzeit vollzogen war, dachte er wohl, würde man nach Paris zurückkehren, wo er sich erholen und dann endlich dem letzten Ziel zustreben würde, das er sich für sein Leben gesetzt hatte. Das höchste aller Ziele für einen Mann seines Standes: der Papsthron.

      Es würde nicht leicht sein, sich diesen Traum zu erfüllen. Zu viele Hebel mussten in Bewegung gesetzt, zu viele Stimmen gewonnen werden. In Mazarins Augen war es eine Frage des Geldes und der Beziehungen. Dies war wohl auch der Grund, warum der Kardinal darauf bestanden hatte, dass Nicolas an dieser Reise teilnahm. Wenn er nicht die nötigen Mittel beschaffte, war Mazarins Traum vom Vatikan für immer ausgeträumt.

      Sein eigenes Vermögen anzugreifen kam Mazarin nicht in den Sinn.

      Was ihm gehörte, benötigte er als Garantie für seine eigene Sicherheit, die noch wichtiger war als jedes Amt und jede Würde.

      „Es sieht nicht gut aus, Sire“, sagte Nicolas zu Ludwig, der ihm gegenübersaß. „Der Krieg hat unsere Staatskasse geleert. Unser Kredit ist erschöpft. Wenn Sie erlauben, darf ich sagen, dass ich in letzter Zeit immer öfter auf mein eigenes Vermögen zurückgreifen muss.“

      Ludwig runzelte die Stirn. Es entsprach nicht seiner Vorstellung von einer Monarchie, dass die Staatskasse durch einen Privatmann vor dem Zusammenbruch bewahrt wurde. In letzter Zeit hatte sich Ludwig häufig Gedanken über die Königswürde gemacht. Oft genug hatte man ihn wegen Marie Mancini daran erinnert. Leere Kas-sen passten nicht in sein Bild von königlicher Erhabenheit. Eigentlich erschien es ihm unerträglich, dass es in seinem Reich Untertanen gab, die vermögender waren als er selbst. Ein König war das Nonplusultra in seinem Land. Es grenzte an Majestätsbeleidigung, ihn in irgendeiner Weise zu übertreffen.

      Doch noch dachte er diesen Gedanken nicht zu Ende. Er blickte in das angenehme Gesicht seines Finanzministers, sah sein Lächeln und hörte seine gepflegte Stimme. Er erinnerte sich an die Perücke, die ihm Nicolas gebracht hatte, und an die vielen Bemerkungen und Gespräche, mit denen jener ihn ermutigt hatte. Ludwig gestand sich ein, dass er diesen Mann gern um sich hatte - ihn und auch seine Gemahlin mit ihren dunklen Augen und ihrem schwarzen Haar, die ihn an etwas erinnerte, das er tief in seine Erinnerung verbannt hatte und nach dem er sich wohl immer heimlich sehnen würde. Er hoffte nur, dass ihn am Ziel dieser Reise eine Frau erwartete, die es wie jene Unvergessen-Vergessene mit ihm aufnehmen konnte, die ihn mit ihrem Witz zum Lachen brachte und seine Gedanken herausforderte. Ach, Sire, es ist eine verkehrte Welt. Sie sind der König, Sie weinen, und ich gehe! Ludwig wollte nicht, dass diese Welt eine verkehrte Welt war. Oben sollte oben bleiben und unten. Da nun alles entschieden war und die Erste Prinzessin der Welt auf ihn wartete, würde er dafür sorgen, dass bald nirgendwo mehr jemand es wagte, sich ihm gleichzusetzen. Kein Regent eines anderen Landes sollte sich ihm ebenbürtig fühlen; kein ausländischer Diplomat den zuvorkommenden Gruß eines französischen erwarten, und kein Schiff auf dem Meer sollte versäumen, als Erstes zu grüßen, wenn es einem französischen Schiff begegnete.

      Er hatte verzichtet und gelitten. Doch seine Tränen hatten ihn hart und klarsichtig gemacht. Er wusste nun, dass er für alle immer nur der König sein würde: Ludwig XIV. Ludwig der Mensch interessierte niemanden. Ludwig XIV. beanspruchte es als sein königliches Recht, alle zu benutzen, und wusste, dass umgekehrt alle das Gleiche bei ihm versuchen würden.

      Seine künftige Gemahlin war die einzige Unbekannte in dieser Rechnung. Immer wieder betrachtete СКАЧАТЬ