Название: Textlinguistik
Автор: Группа авторов
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: narr studienbücher
isbn: 9783823301066
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In der Regel hat ein Text nicht nur ein einziges Thema (und weist auch nicht nur eine Form der ThemenentfaltungThemenentfaltungEntfaltung, thematischeThemenentfaltung auf), vielmehr sind Texte mehrschichtig, hierarchisch aufgebaut: Kleinere Textabschnitte sind durch ein TEILTHEMATeilthemaThemaTeilthema oder SUBTHEMASubthemaThemaSubthema zusammenfassbar, mehrere Teilthemen/Subthemen können wiederum zu größeren Teilthemen zusammengefasst werden usw. bis zur obersten Ebene, auf der alle Teilthemen zum Gesamtthema des gesamten Textes zusammengeführt werden. Das lässt sich an der schematischen Darstellung der thematischen Struktur eines Berichts über einen Wohnungsbrands veranschaulichen (Brinker 62005: 63):
(4–11) (1) Gegen 15 Uhr wurde gestern die Aachener Berufsfeuerwehr alarmiert. (2) Sie rückte in die Thomashofstraße aus, wo es in einer Wohnung brannte. (3) Die Feuerwehrleute löschten mit drei C-Rohren. (4) Oberbrandrat Starke war ebenfalls am Einsatzort. (5) Zwei Zimmer brannten vollkommen aus. (6) Drei weitere wurden in Mitleidenschaft gezogen. (7) Die Ursache des Brandes ist noch nicht bekannt. (8) Die Kripo hat sich inzwischen eingeschaltet. (9) Die Feuerwehrleute mussten aus einem oberen Geschoß ein Kleinkind retten. (10) Während des Brandes befand sich niemand in der heimgesuchten Wohnung.
Diesem Text lässt sich nach Brinker eine thematische Struktur wie die folgende zuschreiben:
Abb. 4.1:
Thematische Struktur des Beispieltextes (4–15) (Brinker 62005:63)
Das Beispiel zeigt im Übrigen, dass im vorliegenden Fall die lineare Struktur der logischen Struktur nicht ganz entspricht. (Dies ist hier durch die übliche „Pyramidenstruktur“ von Zeitungsmeldungen verursacht, wonach das Wichtigste vorangestellt wird und Details am Ende nachgeschickt werden.)
Nur äußerlich anders kommt das Makrostruktur-KonzeptMakrostruktur-Konzept von van Dijk (1980: 41–67) daher. Satzsequenzen können nach van Dijk in so genannten MAKRO-STRUKTURENMakrostruktur zusammengefasst werden. Makrostrukturen entsprechen für van Dijk (1980: 45) Textthemen im Sinne von Brinker oder Agricola; sie stellen eine Art abstrahierende, verallgemeinerte Zusammenfassungen solcher Satzsequenzen dar. Die MakrostrukturenMakrostruktur können wieder zu übergeordneten Makrostrukturen zusammengefasst werden. Auch hier ergeben sich durch die sukzessiven Schritte des Zusammenfassens („Zusammenfassungen von Zusammenfassungen“) baumartige Inhaltsstrukturen.
Gemeinsam ist all diesen Ansätzen, dass die übergeordneten Zwischenelemente, seien sie Thema oder Makrostrukturen, grundsätzlich selbst wiederum Propositionen oder Sätze sind, also sprachliche Elemente der gleichen Art wie die zusammengefassten Texteinheiten. Sie können dementsprechend im Text selbst als gewöhnliche Sätze erscheinen, als Kurzzusammenfassung, Überschrift oder Einleitung. Explizite Ausformulierungen im Text sind allerdings nicht notwendig, der Kerninhalt kann auch nur implizit im Text verborgen bleiben und muss sprachlich nicht manifest werden.
Eine wichtige Frage ist, welcher Art die semantischen Beziehungen zwischen diesen Makrostrukturen bzw. einem TextthemaTextthema und den konkreten Sätzen im Text sind. Intuitiv würde man vermuten, dass diese übergeordneten Themen/Makrostrukturen eine Art allgemeinere Aussagen zu den spezielleren Aussagen im Text sind, dass also semantisch gesprochen eine Hypero-/Hyponomiebeziehung zwischen Textthema und Textsätzen besteht: Ein Textthema stellt sozusagen einen propositionalen „Überbegriff“ zu den einzelnen Sätzen als „Unterbegriffen“ im Text dar. Tatsächlich ist die Beziehung aber komplexer. Das zeigt sich schon daran, dass sowohl Brinker wie van Dijk die thematische Struktur bzw. die Makrostruktur als etwas Abstraktes auffassen, dessen logische Organisation nicht unbedingt präzise der linearen Organisation eines Textes entspricht.
Die Komplexität dieser Frage wird auch an den Vorschlägen zum Problem erkennbar, wie man aus einer Satzfolge ein Thema bzw. eine Makrostruktur ableiten kann. In den verschiedenen Ansätzen werden dazu unterschiedliche Verfahren entwickelt. Agricola (1976, 1979, siehe auch Kleine Enzyklopädie 1983: 220–231) entwickelt ein Verfahren, das nach seiner Absicht eine operationalisierbare, nach objektiven Kriterien organisierte Methode sein soll. Aus den Einzelinformationen in den einzelnen Sätzen sollen in klar geregelten Stufen Schritt für Schritt sozusagen allgemeinere Informationen „destilliert werden“. Das beginnt bei der Analyse von ISOTOPIEKETTEN. Aus allen Wiedererwähnungsformen in einer Isotopiekette lässt sich beispielsweise ein umfassendes LEITSYNONYM oder ein entsprechendes Hyperonym ableiten. Die verschiedenen Prädikate in den einzelnen Sätzen enthalten ferner je nachdem unterschiedliche oder vergleichbare AktantenAktÄußerungsaktAktKommunikationsaktAktPrädikationsaktAktSprechaktAktReferenzaktAktSprechaktAkt (Subjekt, Objekte usw.). Aufgrund der Überlappungen und Ähnlichkeiten der Aktantenstrukturen der einzelnen Sätze können diese zu geschlossenen Gedanken- oder HandlungskettenHandlungskette zusammengefasst werden. Die AktantenAktant, die häufiger wiederkehren, sind wichtiger als jene, die seltener vorkommen. Die Kernidee einer Satzsequenz ergibt sich daraus, dass das Wichtige in diesen Handlungsketten, das, was häufiger vorkommt, beibehalten wird, das weniger Wichtige weggelassen wird. Daraus kann eine HYPERPROPOSITIONHyperpropositionPropositionHyperproposition abgeleitet werden, welche die Hauptinformation eines Textabschnittes kondensiert. In einem weiteren Schritt werden auf Grund von KONNEKTORENKonnektor, welche die logische Struktur zwischen den Abschnitten zeigen, die inhaltlichen Beziehungen zwischen den einzelnen Textabschnitten eruiert und die Hyperpropositionen logisch miteinander verknüpft. In einem letzten Schritt werden alle Glieder in diesen Hyperpropositionen neu gruppiert: Jedes Vorkommen eines AktantenAktant wird in einen Knoten zusammengefasst, der mit allen andern Aktanten in seinen Beziehungen vernetzt wird. Die Kanten zwischen den Knoten sollen die Grundbeziehungen zwischen den einzelnen Aktanten in einem Text repräsentieren.
Anders aufgebaut ist van Dijks Verfahren zur Herleitung von MakrostrukturenMakrostruktur aus einzelnen Sätzen (van Dijk 1980: 45–67). Die Grundidee ist, dass durch eine genau festgelegte Menge von Operationen, so genannten MAKROREGELNMakroregel, aus Propositionsreihen einfachere Propositionsreihen, die Makrostrukturen entstehen. Van Dijk gibt genau vier Makroregeln an: AUSLASSEN – SELEKTIEREN – GENERALISIEREN – KONSTRUIEREN/INTEGRIEREN.
Die ersten beiden Makroregeln sind eine Art Tilgungsregeln, sie erlauben das Tilgen von Informationen. Beim AUSLASSEN wird Information weggelassen, die für den Textzusammenhang wenig notwendige Information enthält. Ein Beispiel wäre etwa folgende Folge:
(4–12) Ein Mädchen lief vorbei. Es trug einen Rock. Der Rock war gelb. [Auslassen]
→ Ein Mädchen lief vorbei. Es trug einen Rock.
Während beim Auslassen die weggelassene Information nach dem Auslassen verloren ist, wird beim SELEKTIEREN Information weggelassen, die aus anderen Informationen weiterhin erschließbar ist. Dass jemand im Auto nach Frankfurt fährt, setzt voraus, dass er zuerst ins Auto gestiegen ist; diese Aussage kann ohne Informationsverlust weggelassen werden:
(4–13) Peter stieg ins Auto. Er fuhr nach Frankfurt. [Selektieren]
→ Peter fuhr nach Frankfurt.
Generalisieren und Konstruieren sind Vereinfachungsoperationen, in denen nicht strikt einzelne Sätze weggelassen werden, sondern in denen Aussagen verallgemeinert werden. Beim GENERALISIEREN gehen wie beim Auslassen Informationen verloren, indem Details weggelassen werden, die aus der Verallgemeinerung nicht mehr erschließbar sind:
(4–14) Auf dem Boden im Wohnzimmer lag eine Puppe. Auf dem Sofa lag eine Holzeisenbahn. Unter dem Schrank lagen Bausteine. [Generalisieren]
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