Stil und Text. Michael Hoffmann
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Stil und Text - Michael Hoffmann страница 12

Название: Stil und Text

Автор: Michael Hoffmann

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: narr studienbücher

isbn: 9783823300175

isbn:

СКАЧАТЬ GestaltungsakteGestaltungsakt, Gestaltungsprodukte und interpretative Aktivitäten mit Gestaltungskontexten relationiert werden.

      2.4.1 Gestaltungskontexte

      „Stil ist immer das Wie einer Ausführung, auf welchem Gebiet des Lebens auch immer“ (Riesel/Schendels 1975: 15), aber, wie zu ergänzen ist, immer bezogen auf ein Was als Gestaltungskontext, denn: „Stil ist relational!“ (Sandig 2001). Wesentliche Gestaltungskontexte überblickend, ergibt sich folgendes Bild: Der Stil eines Textes steht in Relation

       zu anderen Textstilen, von denen er sich unterscheidet;

       zu textuellen Gestaltungsrahmen (wie TextsorteTextsorte oder Textgattung), innerhalb deren er sich entfaltet;

       zu Ebenen der Vertextung (wie TexthandlungTexthandlung, TextthemaTextthema und TextarchitekturTextarchitektur), auf denen er sich manifestiert;

       zu situativen Kontexten der Textkommunikation (dazu gehören die Kommunikationsteilnehmer in ihrer Sozialcharakteristik oder Individualität, aber auch der KommunikationsbereichKommunikationsbereich, der Kommunikationskanal u.a.m.), an die er angepasst, auf die er zugeschnitten werden kann, für die er typisch sein kann, auf die er verweisen kann.

      Im Folgenden wenden wir uns einzelnen Vertextungsebenen zu und untersuchen, wie sie sich im Gestaltungsrahmen einer bestimmten TextsorteTextsorte stilistisch beschreiben lassen. Auf ‚Situation‘ als Gestaltungskontext kommen wir im Abschnitt 2.5 zu sprechen.

      2.4.2 Stil auf verschiedenen Vertextungsebenen

      2.4.2.1 TexthandlungTexthandlung: Stil als das Wie ihrer Durchführung

      TexthandlungenTexthandlung sind textbildende Äußerungen oder Äußerungssequenzen. Auf der Texthandlungsebene ist Stil die Art und Weise, wie eine Texthandlung durchgeführt worden ist. Die Unterschiedlichkeit von Stil tritt bei konstant gesetzter Texthandlung zutage. Es gibt verschiedene Typen von Texthandlungen. Nach der jeweiligen kommunikativen Funktion muss unterschieden werden zwischen Texthandlungen, die der thematischen Entfaltung von Texten dienen, und Texthandlungen, die auf das Erzeugen von thematischem Textsinn gerichtet sind. Beispiele für Erstere sind BESCHREIBENBESCHREIBEN (von Gegenständen und Vorgängen), BERICHTENBERICHTEN (über ein Ereignis), ERÖRTERN (von Problemen), ARGUMENTIERENARGUMENTIEREN (zu einer strittigen These), ERZÄHLENERZÄHLEN/Erzählen (einer Geschichte), SCHILDERNSCHILDERN (von Eindrücken) und ERKLÄREN (von Sachverhalten). Texthandlungen dieses Typs gelten als „Grundformen thematischer Entfaltung“ (Brinker 2010: 56ff.). Beispiele für Letztere sind MITTEILENMITTEILEN, BITTENBITTEN, SICH-ENTSCHULDIGENSICH-ENTSCHULDIGEN, GRATULIERENGRATULIEREN und BEVOLLMÄCHTIGENBEVOLLMÄCHTIGEN. Mit Texthandlungen dieses Typs werden kommunikative Kontakte zwischen den Kommunikationspartnern hergestellt.

      Unsere bisherigen Beispielanalysen wurden aus gutem Grund textsortenbezogen durchgeführt. TextsortenTextsorte sind aus der kommunikativen Praxis von Menschen hervorgegangen und komplexe Muster für die Bewältigung konkreter kommunikativer Aufgaben in einem konkreten SituationskontextSituationskontext (siehe auch 2.7.1). Die Muster von Textsorten schließen Texthandlungs- und GestaltungsmusterGestaltungsmuster ein. Es gibt textsortentypische GestaltungsprinzipienGestaltungsprinzip, die im Kontext textsortentypischer TexthandlungenTexthandlung den Status von Gestaltungserfordernissen, Gestaltungsalternativen oder Gestaltungsoptionen haben. Greifen wir exemplifizierend noch einmal die Textsorte Kontaktanzeige auf und überlegen wir uns, wie sich textsortentypische Wie-Was-Relationen im Bezugsfeld von Texthandlung bzw. Texthandlungsstruktur (einer Verknüpfung von Texthandlungen) ausfindig machen lassen.

      DD, Mann, 40+/186/90, sportl., naturverb., attr., kreativ, kunstint., intell., offen, belesen, selbstst., komm., ehrlich, vielgereist, bodenständig, m. Kinderwunsch. BmB.

       ■■■■■■■■■■■■■■@web.de

       oder Chiffre: ■■■■■■■■

       Beispieltext 9: Kontaktanzeige

      Zur Kommunikationsaufgabe, vor der Produzenten von Kontaktanzeigen stehen und an der sich Rezipienten von Kontaktanzeigen orientieren, gehört der Vollzug von zwei TexthandlungenTexthandlung: BESCHREIBENBESCHREIBEN und AUFFORDERNAUFFORDERN. An beide lassen sich textsortentypische GestaltungsprinzipienGestaltungsprinzip anschließen.

      a) BESCHREIBENBESCHREIBEN (Kontaktanzeige)

      Diese TexthandlungTexthandlung ist wie auch andere Themenentfaltungshandlungen an spezifischen abstrakten thematischen Struktureinheiten identifizierbar: an den Einheiten OBJEKT und SPEZIFIZIERUNG. Entweder ist es ein GEGENSTAND (auch eine Person, ein Zustand o.Ä.), der anhand von MERKMALEN spezifiziert wird (Gegenstandsbeschreibung), oder es ist ein VORGANG, dessen Spezifizierung anhand seiner einzelnen PHASEN erfolgt (Vorgangsbeschreibung). Produzenten von Kontaktanzeigen sind zu einer doppelten Gegenstands-, hier Personenbeschreibung angehalten: zu einer Selbst- und zu einer Partnerbeschreibung. Es kommt darauf an, die eigene Person und den Wunschpartner so zu beschreiben, dass sich Personen, die sich für geeignet halten, angesprochen fühlen zu antworten. Stilistisch relevant ist das Wie des BESCHREIBENsBESCHREIBEN.

      Zur Beispielanalyse: Ein erstes beschreibungsbezogenes GestaltungsprinzipGestaltungsprinzip ist Anonymität: die Anonymität der Selbstbeschreibung. Der Textproduzent spricht von sich selbst in der 3. Person und verwendet einen Gattungsnamen (Mann) anstelle eines vollständigen und authentischen Personennamens. Ein weiteres Prinzip ist DetailliertheitDetailliertheit: die Detailliertheit der Selbstbeschreibung. Der Textproduzent reiht 13 adjektivische Persönlichkeitsmerkmale aneinander und erwartet offensichtlich von seiner noch unbekannten Wunschpartnerin, auf deren Profilbeschreibung er verzichtet, dass ihr seine Eigenschaften zusagen, zu denen auch eine in die Zukunft weisende gehört (m. Kinderwunsch). Die Detailliertheit der Selbstbeschreibung ist hier allerdings keine Ausprägung von AnschaulichkeitAnschaulichkeit. Maßgebend ist der GestaltungsaktGestaltungsakt des Subjektivierens. SubjektivitätSubjektivität und Detailliertheit sind miteinander verknüpft. Hinzu kommt eine von ObjektivitätObjektivität geprägte Textpassage, die sich in unkommentierten Alters- (40+), Größen- (186) und Gewichtsangaben (90) manifestiert. Wie zu erkennen ist, wird auch bei dieser Anzeige das Gestaltungsprinzip KnappheitKnappheit realisiert. Die Alters-, Größen- und Gewichtsangaben erscheinen in Ziffernschreibweise; Maßeinheiten wie cm oder kg sind ausgelassenAuslassen; die Adjektive sind alle nachgestellt und dadurch sprachökonomisch unflektiert; der unbestimmte Artikel ein vor dem Gattungsnamen Mann ist ausgespart; Verwendung finden SchreibabkürzungenSchreibabkürzung (sportl., attr. usw.) und ein Kürzel aus dem Autokennzeichensystem Deutschlands (DD anstelle von Raum Dresden). Knappheit und Detailliertheit schließen sich eigentlich gegenseitig aus, stehen hier aber in einem Gestaltungskonflikt, den die Bewältigung der Kommunikationsaufgabe mit sich bringt.

      b) AUFFORDERNAUFFORDERN (Kontaktanzeige)

      Produzenten von Kontaktanzeigen müssen, wollen sie Zuschriften erhalten, eine Kontaktmöglichkeit angeben. Stilistisch relevant ist das Wie des AUFFORDERNsAUFFORDERN, auf die Anzeige zu antworten und somit interaktional zu handeln. Im Kontext dieser TexthandlungTexthandlung, mit der sich der primäre Zweck von Kontaktanzeigen erfassen lässt, stehen ebenfalls mehrere GestaltungsprinzipienGestaltungsprinzip. So korrespondiert die Anonymität der beschreibenden Textpassagen mit der ChiffriertheitChiffriertheit der textschließenden auffordernden Passage. Eine E-Mail-Anschrift und eine redaktionelle Chiffre sind als alternative Adressen СКАЧАТЬ