Название: Physikalische Chemie
Автор: Peter W. Atkins
Издательство: John Wiley & Sons Limited
Жанр: Химия
isbn: 9783527828326
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d. h. ein Molekül erfährt in jeder Sekunde etwa 7 × 109 Stöße. Dieses Ergebnis vermittelt uns einen ersten Eindruck von der Zeitskala der Prozesse in Gasen.
(b) Die mittlere freie Weglänge
Die mittlere freie Weglänge λ(lambda) ist diemittlere Strecke, die ein Molekül zwischen zwei Stößen zurücklegt.Wenn ein Molekül mit der Stoßzahl z mit anderen Molekülen kollidiert, dann verbringt es eine Zeit von 1/z zwischen den Stößen in freiem Flug und legt dabei eine Strecke von (1/z)c̄rel zurück. Diemittlere freie Weglänge ist daher
Durch Einsetzen des Ausdrucks für z aus Gl. (1.20b) erhalten wir für ein ideales Gas
Wir erkennen: Eine Verdopplung des Drucks führt zu einer Halbierung von λ
Illustration 1.4
Wie wir in Illustration 1.2 berechnet haben, ist die mittlere Relativgeschwindigkeit von N2-Molekülen bei 25 °C c̄rel = 671ms−1, und aus Illustration 1.3 wissen wir, dass die Stoßzahl bei einem Druck von 1, 00 atm z = 7, 1×109 s−1 beträgt. Unter den genannten Bedingungen ist die mittlere freie Weglänge der N2-Moleküle gemäß Gl. (1.21)
oder 95 nm, d. h. etwa 103 Moleküldurchmesser.
Die Temperatur ist zwar explizit in Gl. (1.22) enthalten; bei konstantem Volumen ist jedoch der Koeffizient T/p eine Konstante (der Druck ist proportional zur Temperatur), sodass die mittlere freie Weglänge eines Gases in einem geschlossenem Behälter nicht von der Temperatur abhängt. In einem Behälter mit konstantem Volumen ist die Weglänge zwischen zwei Stößen nur eine Funktion der Anzahl der Moleküle im Volumen, nicht ihrer Geschwindigkeit.
Wir fassen zusammen: Ein typisches Gas (z. B. N2 oder O2) bei 105 Pa (1 atm) und 25 °C ist eine Ansammlung von Molekülen, die sich mit einer mittleren Geschwindigkeit von etwa 500ms−1 fortbewegen. Jedes Molekül stößt ungefähr jede Nanosekunde einmal mit einem anderen zusammen und legt zwischen zwei Stößen eine Strecke von etwa 103 Moleküldurchmessern zurück.
Anwendung 2: Astrophysik – Die Sonne als Ball aus idealem Gas
Die kinetische Gastheorie kann verwendet werden, wenn die Größe der betrachteten Teilchen gegen ihre mittlere freie Weglänge vernachlässigt werden kann. Dass dies auf die dichte Materie im Inneren von Sternen zutrifft, mag zunächst absurd erscheinen. Die Dichte im Mittelpunkt der Sonne ist z. B. eineinhalb mal so groß wie die von flüssigem Wasser, auf halbem Weg zur Oberfläche entspricht sie immer noch der des flüssigen Wassers. Wir müssen allerdings bedenken, dass es sich hier um ein Plasma handelt – einen Aggregatzustand, in dem die Elektronen aus den Wasserstoff- und Heliumatomen, den Hauptbestandteilen der Sterne, herausgelöst sind. Das Plasma besteht folglich aus Teilchen, deren Abmessungen denen von Kernen (etwa 10 fm) entsprechen. Schon bei einer mittleren freien Weglänge von 0, 1pm ist daher unser Kriterium erfüllt: Die kinetische Gastheorie gilt – das Innere von Sternen kann als ideales Gas behandelt werden und wir dürfen die Zustandsgleichung pV = nRT anwenden. Obwohl die Coulomb-Wechselwirkung zwischen den geladenen Teilchen stark ist, sind die kinetischen Energien der Teilchen aufgrund der hohen Temperaturen im Inneren von Sternen noch viel größer, sodass die Annahme, dass die Energie des Systems ausschließlich aus der kinetischen Energie der Teilchen resultiert, ebenfalls akzeptabel ist.
Der Druck im Sterninneren hängt (wie immer bei idealen Gasen) gemäß p = ρRT/M mit der Massendichte ρ = m/V zusammen. Wenn wir annehmen, dass das Sterninnere aus ionisierten Wasserstoffatomen besteht, ist die mittlere Molmasse gleich der halben Molmasse von Wasserstoff (0, 5gmol−1, der Mittelwert der Molmassen von H+ und e−, wobei Letztere nahezu null ist). Auf halbem Weg zum Mittelpunkt der Sonne beträgt die Temperatur 3, 6MK und die Massendichte ist 1, 20 g cm−3 (etwas mehr als die Dichte von Wasser). Daraus ergibt sich ein Druck von 7, 2×1013 Pa oder rund 720 Millionen Atmosphären.
Dieses Resultat können wir mit Gl. (1.10) für den Druck nach der kinetischen Gastheorie kombinieren. Die kinetische Gesamtenergie der Teilchen ist Ekin = ½Nmc2, folglich ist p = ⅔ Ekin/V. Der Druck des Plasmas hängt demnach gemäß p = ⅔ ρkin/V mit der kinetischen Energiedichte ρkin = Ekin/V zusammen, der kinetischen Energie der Moleküle in einem bestimmten Volumen dividiert durch dieses Volumen. Daraus berechnen wir eine Energiedichte auf halbem Wege zum Mittelpunkt der Sonne von rund 0, 11 GJ cm−3. Im Vergleich dazu beträgt die Dichte der kinetischen (Translations-)Energie in unserer Atmosphäre an einem warmen Sommertag (25 °C) nur 0, 15 J cm−3.
Schlüsselkonzepte
1 1. Die kinetische Gastheorie berücksichtigt ausschließlich die kinetische Energie der Gasmoleküle.
2 2. Wichtige Ergebnisse dieses Modells sind die abgeleiteten Beziehungen für den Druck und die quadratisch gemittelte Geschwindigkeit.
3 3. Die Maxwell’sche Geschwindigkeitsverteilung (auch Maxwell-Boltzmann-Verteilung) gibt für jede beliebige Temperatur den Anteil der Moleküle eines Gases an, die Geschwindigkeiten innerhalb eines bestimmten Bereiches besitzen.
4 4. Die Stoßzahl (auch Stoßhäufigkeit) ist definiert als die Anzahl der Kollisionen eines Moleküls innerhalb eines Zeitintervalls geteilt durch die Dauer dieses Intervalls.
5 5. Die mittlere freie Weglänge ist die durchschnittliche Wegstrecke, die ein Molekül zwischen zwei Stößen zurücklegt.
Die wichtigsten Gleichungen auf einen Blick
1.3 Reale Gase
Motivation
Reale Gase weichen in ihrem Verhalten von der Modellvorstellung des idealen Gases ab, und es ist wichtig, diese real existierenden Eigenschaften beschreiben zu können. Diese Abweichungen vom idealen Verhalten erlauben es, einen tiefer greifenden Einblick in die Natur der Wechselwirkungen zwischen Molekülen СКАЧАТЬ