Zentrale Aspekte der Alten Kirchengeschichte. Johannes Hofmann
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СКАЧАТЬ es aber Thekla, eine wahrscheinlich von Paulus bekehrte Frau, die im ausgehenden 2. Jahrhundert von einem pseudepigraphischen Autor als eine im Raum von Antiochien, Iconium und Seleucia öffentlich wirkende Lehrerin dargestellt wird, was wiederum die Existenz entsprechender christlicher Lehrerinnen im damaligen kirchlichen Erscheinungsbild Kleinasiens nahe legt.

      Schließlich sei noch auf die in christlichen Hausgemeinden wirkenden Frauen Kleinasiens eingegangen. In den paulinischen Gemeinden von Ephesus und Laodizea (oder Hierapolis) machen sich zunächst in Priska und Nympha zwei Frauen bemerkbar, die Paulus als Mitarbeiterinnen grüßt und als Autoritäten von Hausgemeinden charakterisiert. Folglich könnte er bei anderer Gelegenheit – neben Männern – auch Frauen meinen, wenn er etwa im Philipper-Brief die dortigen Gläubigen zusammen mit ihren anonymen „Episkopen und Diakonen“ (Phil 1,1) grüßt. Denn unter diesen sind zumindest unter den Diakonen auch Frauen denkbar, da in Röm 16,1 in der Person der Phöbe ein weiblicher Diakon bezeugt ist43 und Plinius der Jüngere um 112 im kleinasiatischen Bithynien von ähnlichen christlichen ministrae zu berichten weiß.

      Wie ist die bisher behandelte Phänomenologie Kleinasiens zu interpretieren? Ohne Zweifel stoßen die ersten christlichen Missionare im Kleinasien des 1. und 2. Jahrhunderts auf ein für Frauen relativ offenes Milieu, weshalb auch das in dieser Region inkulturierte Christentum zunächst entsprechende Züge trägt. In diesem Licht wird es verständlich, warum die soeben kurz vorgestellten kleinasiatischen Frauen in ihren Gemeinden als maßgebliche Autoritäten wirken bzw. sich in kirchlichen Tätigkeitsfeldern bewegen, die seit dem Ausbau der antiken Kirchenorganisation ausschließlich von Männern wahrgenommen werden. Gerade in letzterer Erscheinung zeichnet sich aber im Kleinasien des ausgehenden 2. Jahrhunderts ein deutlicher kirchlicher Wandel ab: Die ursprünglich relativ locker miteinander kommunizierenden Ortsgemeinden, die vor allem im antiken Oikos beheimatet44 und daher für weibliche und männliche Autoritäten gleichermaßen offen sind, entwickeln sich nunmehr zu regional und überregional systematisch vernetzten Ortskirchen. Den Beginn dieses Prozesses markiert um 195 jene kleinasiatische Bischofssynode, die Bischof Polykrates von Ephesus auf Initiative Bischof Viktors von Rom zur Klärung des Osterfeststreits einberuft.45 Meines Erachtens macht sich hier nämlich ein neuer Inkulturationsvorgang des Christentums bemerkbar, indem sich die kleinasiatische Kirche des ausgehenden 2. Jahrhunderts im Zuge ihrer systematischen regionalen und überregionalen Vernetzung auf die Rezeption imperialer Verwaltungs-, Repräsentations- und Kommunikationsstrukturen einlässt und folglich auf ihre ursprünglich zumindest im Oikos für Frauen offene Position verzichtet; denn eine über die Grenzen des Oikos hinaus öffentlich wirkende Frau ist im Römischen Reich – ja selbst in Kleinasien – nicht denkbar und folglich auch nicht auf einer die Grenzen des Oikos überschreitenden Bischofssynode.

      HOFMANN, Johannes, Christliche Frauen im Dienst kleinasiatischer Gemeinden des ersten und zweiten Jahrhunderts. Eine prosopographische Studie, in: Vigiliae Christianae 54 (2000) 283-308 (Frauen im Johannes-Evangelium, kleinasiatische Prophetinnen, Lehrerinnen und weibliche Autoritäten von Hausgemeinden).

       2.5.3 Restriktive Tendenzen in den Pastoralbriefen

      Vor dem Hintergrund der kleinasiatischen Beispiele wird Paulus also zu Unrecht unterstellt, er habe die Frauen in 1 Kor 14,34 zum Schweigen in der Kirche verurteilt. Zwei Generationen nach ihm, also etwa um 100, machen sich unter dem Einfluss der römisch-patriarchalischen Umwelt aber tatsächlich restriktive Tendenzen bemerkbar. Bei der Interpretation von 1 Tim 2,11-14 wird man nämlich wirklich von einem Lehrverbot für Frauen sprechen müssen. Freilich plädiert selbst der erste Timotheusbrief nicht gänzlich gegen das Mitwirken von Frauen in der Gemeinde. Der für kirchliche Amtsträger gedachte Tugendspiegel von 1 Tim 3,11 verlangt wohl vielmehr von ihren Frauen: „Ebenso sollen die Frauen ehrbar sein, nicht verleumderisch, sondern nüchtern und in allem zuverlässig.“ Man erwartet von diesen Frauen also ein angemessenes Verhalten und rechnet ausdrücklich mit ihrem kirchlichen Engagement. Nachhaltigere Wirkung erzielt freilich 1 Tim 5,3-16 mit seinen Anweisungen über die Witwen.

       2.5.4 Die Witwen und Gemeindejungfrauen als kirchlicher Stand

      Zunächst geht es in 1 Tim 5,3-16 um die Fürsorgepflicht der Gemeinde für die offensichtlich besonders hilfsbedürftigen Witwen. Doch fallen bei der Beschreibung der Witwen Formulierungen auf, die über die Regelung ihrer Versorgung hinausgehen. So entspricht das Gebot, nur einmal verheiratet gewesen zu sein, den Amtskriterien für den Bischof und die Diakone. Diese Vorschrift hat also, ebenso wie die anschließend aufgezählten moralischen Qualitäten, nichts mit ihrer Bedürftigkeit zu tun. Die wahre Witwe soll vielmehr beharrlich Tag und Nacht zu Gott beten. Alter, Erfahrung und guter Ruf qualifizieren sie außerdem dazu, jungen Frauen beizustehen und sie im Glauben zu unterweisen. Daraus lässt sich zwar kein kirchliches Amt rekonstruieren, doch scheinen Ansatzpunkte für zwei spezifische Aufgaben der Witwen auf: ihr Einsatz als Beterinnen der Kirche und als Lehrerinnen für Frauen.

      So wachsen sie allmählich in einen kirchlichen Stand hinein. Denn die Versorgung der von der Gemeinde anerkannten Witwen führt dazu, dass sie ihr Engagement in Gebet, geschlechtsspezifischer Lehrtätigkeit und karitativer Sorge um Waisen, Kranke und Gefangene nicht als beliebiges Handeln, sondern als Erfüllung von beispielhaft-christlichen Standespflichten auffassen, die man kirchlicherseits von ihnen erwartet.

      Zu ihnen gesellen sich die so genannten Gemeindejungfrauen, Gruppen von unverheirateten Frauen, deren standesartiges Zusammenwachsen mit den Witwen bereits Ps.-Ignatius um 170 bezeugt. Grüßt er doch am Schluss seines Briefs an die Smyrnäer „die Jungfrauen, die man Witwen nennt“ (Smyrn. 13,1). Diese jungfräulich lebenden Asketinnen, die einige Jahrzehnte später bereits in klosterähnlichen Gemeinschaften anzutreffen sind, sind es, die fortan – ob verwitwet oder nie verheiratet – den Standesnamen Witwen tragen.

      Im 3. Jahrhundert mehren sich die Nachrichten über den Stand der Witwen. Sie empfangen beträchtliche kirchliche Privilegien und sind an bestimmte Standespflichten gebunden. Doch kann bei ihnen nicht von kirchlichen Amtsfunktionen die Rede sein. Versorgt und geehrt von der Gemeinde gehören vor allem Enthaltsamkeit, Gebet und karitative Dienste für bedürftige Mitchristen zu ihren Charismen. Im Lauf des 3. Jahrhunderts geraten die Gemeindewitwen freilich immer mehr an den Rand des Gemeindelebens und bilden bisweilen eine klosterähnliche Gemeinschaft. Die ursprünglich im Gemeindeleben verankerten Aktivitäten der Witwen übernehmen dagegen – von Ortskirche zu Ortskirche unterschiedlich organisiert und mit bestimmten Kompetenzen ausgestattet – die so genannten Diakonissinnen.

       2.5.5 Die Diakonissinnen – Inhaberinnen eines kirchlichen Amts?

      Erste Ansätze eines weiblichen Diakonats werden Mitte des 1. Jahrhunderts bei Phöbe, dem διάκονος der Gemeinde von Kenchreä, deutlich.46 Nach dieser Zeitgenossin des Apostels Paulus und den um 112 im kleinasiatischen Bithynien auftauchenden ministrae schweigen die Quellen für geraume Zeit. Erst Mitte des 3. Jahrhunderts tauchen in der syrischen Didascalía erneut weibliche Diakone auf. Didascalía 3,16 rät dem Bischof, sich Helfer für seine pastorale Arbeit auszuwählen und sie zu männlichen und weiblichen Diakonen zu bestellen. Letztere sollen vor allem Frauen betreuen, die in heidnischen Häusern leben, da СКАЧАТЬ