Zentrale Aspekte der Alten Kirchengeschichte. Johannes Hofmann
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СКАЧАТЬ von dem später noch die Rede sein wird.

       2.2.2 Das heidenchristliche Modell

       2.2.2.1 Propheten, Lehrer und Apostel in der Gemeinde von Antiochien

      Apg 13,1 bezeichnet die Autoritäten Antiochiens, der ersten heidenchristlichen Gemeinde, als Propheten und Lehrer und zählt zu ihnen fünf Männer, unter ihnen an erster Stelle Barnabas und an letzter Paulus. Diese fünf bilden aber nicht zwei Gruppen, sondern sind gleichzeitig Propheten und Lehrer, wenn die einen auch mehr pneumatisch redende Propheten, die anderen mehr an der Überlieferung orientierte Lehrer gewesen sein dürften. Deutlich werden sie auch als Vorsteher des lokalen Gemeindegottesdienstes charakterisiert:

      „Während sie zu Ehren des Herrn Gottesdienst feierten und fasteten, sprach der Heilige Geist: Wählt mir Barnabas und Saulus zu dem Werk aus, zu dem ich sie mir berufen habe! Da fasteten und beteten sie, legten ihnen die Hände auf und ließen sie ziehen“ (Apg 13,2f.).

      Der Verfasser der Apostelgeschichte greift hier mit der Wendung „während sie zu Ehren des Herrn Gottesdienst feierten image image die den Tempeldienst der Priester und Leviten bezeichnende Terminologie der Septuaginta auf,25 gebraucht sie für das gottesdienstliche Handeln urchristlicher Autoritäten und charakterisiert dieses Handeln so – im geistig-übertragenen Sinn – als wahrhaft „priesterlichen Dienst“.26 Auf dieser Linie bewegt sich auch die Formulierung der von ihm überlieferten Geistesweisung, die Barnabas und Saulus durch ihr Ausgewählt-werden mit Leviten vergleicht (vgl. Num 8,11 LXX) und ihr künftiges missionarisches Werk damit in Analogie zum priesterlichen Tempeldienst interpretiert. Das entspricht aber genau dem Selbstverständnis des Paulus, der sich in dem um 56 entstandenen Römerbrief27 als priesterlichen Diener (λειτουϱγóν) Christi Jesu für die Heiden bezeichnet,

      „das Evangelium Gottes priesterlich verwaltend image, damit die aus den Heiden bestehende Opfergabe [Gott] angenehm werde, geheiligt durch den Heiligen Geist“ (Röm 15,16).

      Laut der Apostelgeschichte ist es auch der Heilige Geist, der – durch Vermittlung der antiochenischen Autoritäten – die beiden Männer als seine bevollmächtigten Abgesandten aussendet,28 weshalb sie in Apg 14,4.14 im Rahmen ihrer ersten Missionsreise als Apostel bezeichnet werden. Ganz in diesem Sinn versteht sich Paulus nach dem einmütigen Zeugnis seiner um 55/56 geschriebenen Briefe29 nicht durch Menschen, sondern durch Jesus Christus und Gott selbst zum Apostel berufen (Gal 1,1).30

      Wie an der Spitze der Charismenliste des um 54/55 entstandenen ersten Korintherbriefs (1 Kor 12,28) macht sich damit auch an der Spitze der Gemeinde von Antiochien die Charismatiker-Trias Apostel, Propheten und Lehrer bemerkbar. So wird deutlich, dass die heidenchristliche Gemeinde von Antiochien in der ersten Christengeneration von einem Kollegium von charismatischen Aposteln, Propheten und Lehrern geleitet wird. Erstere sind über die „Gemeindegrenzen“ hinaus zur Verkündigung des Evangeliums unter den Heiden bestellt, während die Propheten und Lehrer in Antiochien bleiben und dort – neben prophetischem Wort, Lehre und anderen Leitungsdiensten – dem Gemeindegottesdienst vorstehen. Freilich sind sie auch hier – wie in Korinth – in die Gemeinde eingebunden, die im Zusammenspiel der verschiedenen Charismen den einen Leib Christi bildet (1 Kor 12,27f.). Von weiteren Mitarbeitern der Apostel, Propheten und Lehrer ist nicht die Rede. Doch gibt es solche in den heidenchristlichen Gemeinden des Paulus.

      HÜBNER (wie S. 32) 49f. (Apostel, Propheten und Lehrer in der Gemeinde von Antiochien).

       2.2.2.2 Der Apostel Paulus und die Episkopen und Diakone in seinen heidenchristlichen Gemeinden

      Eine für das heidenchristliche Milieu repräsentative Quelle, die Mitarbeiter eines Apostels erwähnt, ist der wahrscheinlich um 60 geschriebene Brief des Paulus an die von ihm gegründete Gemeinde von Philippi.31 Der Apostel grüßt in der Briefadresse alle dortigen Christen „samt Episkopen und Diakonen“ (Phil 1,1). Doch handelt es sich dabei um die einzige Stelle, in der sich Paulus über Episkopen äußert. Hinzu kommt, dass Paulus mit keiner Silbe verrät, was er unter diesen Episkopen und Diakonen von Philippi versteht. Aufgrund ihrer ausdrücklichen Nennung in der Briefadresse kann aber mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass sie wichtige Gemeindedienste – eventuell in kollegialer Zusammenarbeit – wahrnehmen. Ferner führen sie zwei voneinander unterschiedene „Titel“, mit denen man in Philippi offensichtlich die Träger bestimmter Gemeindefunktionen bezeichnet. Schließlich dürften in diesen „Titeln“ die im Rahmen eines längeren Entwicklungsprozesses entstandenen Bezeichnungen für jene Gemeindedienste vorliegen, die Paulus in seinen anderen Briefen als die wichtigeren beschreibt. Unter dieser Voraussetzung stehen die Episkopen und Diakone von Philippi ihren Mitchristen wohl mit fürsorgenden, verwaltenden und leitenden Diensten bei, wobei den Episkopen aufgrund ihrer Erstnennung wahrscheinlich eine größere Bedeutung zukommt als den Diakonen. Die entsprechenden Dienstbezeichnungen entlehnt man offensichtlich der heidnisch-hellenistischen Umwelt. In dieser versteht man unter einem ἐπίσκοπος einen Kommunalbeamten oder einen Vereinsfunktionär mit aufsichtführender oder verwaltender Tätigkeit (vgl. Abb. 9). Als διάκονος bezeichnet man dagegen eine freie Person, die zu einer anderen Person in einem Dienstverhältnis steht. Während sich aber über die Episkopen keine weiteren Vermutungen anstellen lassen, bietet der um 56 entstandene Brief des Paulus an die Römer neue Auskünfte über die Diakone. Darin fordert der Apostel nämlich die römische Gemeinde auf:

      Abb. 9 In der Vorstadt Neomaras von Rhodos sind auf einer im ersten Jahrhundert vor Christus entstandenen Inschrift Episkopen als Kommunalbeamte bezeugt.

      „Ich empfehle euch nun Phöbe, unsere Schwester, die zudem Diakon (διάκονος) der Gemeinde in Kenchreä ist, dass ihr sie aufnehmt im Herrn, wie es sich für Heilige gehört, und ihr in jeder Sache beisteht, bei der sie euer bedarf; denn auch sie selbst ist Beistand (πϱοστάτις) СКАЧАТЬ