Der bessere Mensch. Georg Haderer
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Название: Der bessere Mensch

Автор: Georg Haderer

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Schäfer-Krimi

isbn: 9783852187044

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      „Na dann …“, antwortete Schäfer und hielt Strasser die Tür zum Büro auf.

      Eine halbe Stunde hörte Schäfer Strassers Vortrag zu, dann klinkte sich sein Gehirn aus und ging seine eigenen Wege. Dieses Faktenwühlen war nicht seine Art. Es blockierte wichtige Verbindungen … das war wie in den kommenden Wochen beim Urlaubsreiseverkehr: Alle standen stundenlang im selben Stau und dann fanden sie sich erst recht am selben Ziel wieder. Mainstream … er musste sich etwas anderes überlegen.

      „Geben Sie mir die Kontoauszüge“, meinte er, als Strasser zwischen Borns Aufsichtsratsjob in einem halbstaatlichen Unternehmen und seiner Präsidentschaft in einem Schützenverein gerade eine Pause einlegte.

      „Sicher“, erwiderte Strasser, legte eine prall gefüllte Klarsichtfolie auf den Schreibtisch und wartete, bis ihn Schäfer oder Bergmann zum Weiterreden aufforderte.

      „Ich bin zwei Stunden weg“, erklärte Schäfer, nahm die Kontoauszüge sowie die Liste von Frau Born und stand auf. „Gute Arbeit, Strasser … Kollege Bergmann sagt Ihnen dann, wie es weitergeht.“

      Ohne seinen Assistenten anzusehen, verließ Schäfer das Büro – er bemerkte dessen vorwurfsvollen Blick auch so. Doch was half es, wenn er hinter seinem Schreibtisch nur unruhig wurde und nichts weiterbrachte. Er brauchte Bewegung; außerdem hatte er Hunger.

      Über den Ring spazierte er bis zum Volksgarten, wo er sich auf eine Kaffeehausterrasse setzte und einen griechischen Salat bestellte, der dort mediterran hieß. Fast hätte er eine Frau neben ihm um eine Zigarette gebeten. Mit nervösen Fingern blätterte er die Kontoauszüge durch … was machte er nur falsch, dass er sich trotz seines vergleichsweise hohen Ranges nicht annähernd solcher Zahlen erfreuen konnte … und das war nur ein Girokonto … da schienen Borns Anleihen, Aktien und Beteiligungen gar nicht auf. Vielleicht doch ein ganz banaler Geldmord? Irgendwelche Betrügereien, Hinterziehungen … bei solchen Summen war es doch mehr als wahrscheinlich, dass im Gegenzug irgendjemand sehr viel verloren hatte.

      Die Kellnerin wartete, bis er den Tisch freigeräumt hatte, und stellte den Salat ab. Als Schäfer das Besteck aus der Papierserviette schälte, läutete sein Telefon.

      „Schäfer … Ah, Leitner, wo treibst du dich herum? … Brav … Ja, was ich von dir brauche: Haben wir einen verlässlichen Informanten im Zuhältermilieu? … Den Kratky … Also eigentlich suche ich eher wen, der sich in besseren Kreisen bewegt … Hm … Was heißt, dass er sauer auf uns ist? … Na, sehr toll, wer hat das verbockt? … Na, was frage ich auch noch … Mugabe, der Arsch … Probieren kann ich’s ja … Wenn du Zeit hast, könntest du bei der Spurensicherung vorbeischauen, ob da was weitergeht … Und drei Nachbarn müssen noch befragt werden, da weiß Bergmann Bescheid … Klar … Gut, danke einstweilen.“

      Mürrisch spießte Schäfer eine Tomate und ein Stück Schafkäse auf. Wie konnte jemand Polizeipräsident werden, der keine Gelegenheit ausließ, ihr Tagesgeschäft mit hirnrissigen Aktionen zu erschweren? Einen ihrer verlässlichsten Informanten per Gerichtsbeschluss zu einer öffentlichen Zeugenaussage zwingen zu wollen … schon einmal etwas vom Vertrauensgrundsatz gehört … kein Wunder, dass der Mann nicht mehr für sie arbeiten wollte.

      Schäfer rückte den Teller an den Tischrand, legte die Kontoauszüge neben die Liste, die Borns Witwe ihnen geschickt hatte, und sah sie Zeile für Zeile durch. Da gab es etwas; er nahm sein Telefon und rief Bergmann an.

      „Sagen Sie: Hat Frau Born sich darüber geäußert, ob ihre Landaufenthalte lange vorher geplant gewesen sind oder … Nach Lust und Laune … Nichts, ich schaue mir nur gerade seine Kontoauszüge an und bin vielleicht auf eine auffällige Parallele gestoßen … Sag ich Ihnen später … Bald.“

      Sie hatte sich für ihre Ausflüge zum Semmering also meistens spontan entschieden. Das passte zwar nicht in das Bild, das Schäfer von der akkuraten und durchgestylten Frau hatte, doch warum sollte sie diesbezüglich die Unwahrheit sagen. Mindestens zweimal im Monat fuhr sie aufs Land; in mehr als der Hälfte der Fälle hatte Born am Tag vor ihrer Abreise eine Summe zwischen tausend und zweitausend Euro behoben. Und wenn man die bescheideneren Bankomatauszahlungen in den Tagen danach in Betracht zog, musste er das Geld schnell ausgegeben haben.

      Schäfer rief die Kellnerin an seinen Tisch und verlangte die Rechnung. Drogen hatte Born keine genommen; das hätte Koller herausgefunden; Glücksspieler war er auch keiner; und für alle seriösen Unterfangen hätte er bei diesen Beträgen wohl mit Karte bezahlt. Also wofür sonst gibt ein alter Mann so viel Geld aus, wenn seine Frau nicht zu Hause ist? Cherchez la femme!

      Als Schäfer am Ring stand, winkte er ein Taxi heran und ließ sich ins Stuwerviertel im zweiten Bezirk bringen. Viel Hoffnung auf eine brauchbare Auskunft machte er sich nicht; aber versuchen musste er es.

      Er stieg in der Lassallestraße aus und rüttelte kurz darauf an der Tür eines Lokals, das sich als Herrenclub ausgab. Als niemand öffnete, schlug er ein paarmal mit der Faust dagegen.

      „Gepudert wird erst ab sechs“, meinte eine unwirsche Männerstimme, zu der wegen dem getönten Sichtschlitz kein Gesicht gehörte.

      Schäfer holte seinen Ausweis aus der Jacketttasche und hielt ihn dem Mann entgegen, worauf die Tür aufging.

      „Schäfer, na gut“, seufzte ein korpulenter und ungesund gebräunter Mittfünziger, „die Jackie ist eh schon auf.“

      „Bezahlen werde ich … pudern nicht“, sagte Schäfer und betrat das Lokal, in dem bis auf eine Stehlampe an der Bar kein Licht brannte. Dass einem dieser Gestank nach kaltem Rauch, verschütteten Spirituosen und einem Hauch von Erbrochenem, den solche Lokale tagsüber ausatmeten, in der Nacht nie auffiel.

      „Trinken kannst woanders billiger, Inspektor.“

      „Dass sie den alten Born ermordet haben, weißt du bestimmt, oder?“

      „Kann sein … geht mich nichts an …“

      „Es geht nicht um dich … ich will wissen, ob er sich regelmäßig beliefern hat lassen …“

      „Ich mach keinen Escort … und da herinnen hab ich den nie gesehen … bei mir kommen nur Anständige herein …“

      „Natürlich … also: Wer ist da zurzeit gut im Geschäft? Schwarze Nobelstuten … darf was kosten …“

      „Frag den Kapitän … aber sag nicht, dass ich dich geschickt habe … der beißt …“

      „Hat der einen ganzen Namen?“

      „Otto … hat das Femjoy beim Praterstern …“

      „Und warum Kapitän?“

      „Weil er nur ein Aug hat … und einen Papagei, verstehst?“

      „Sicher … danke.“

      Durch eine Seitengasse spazierte Schäfer zum Praterstern, blieb einmal kurz vor einem Zigarettenautomaten stehen und war nach einer Viertelstunde vor besagtem Etablissement. Nichts an dem noblen Neubau deutete auf ein Bordell hin. Ein dezentes Messingschild am Eingang, auf dem ebenso gut „Botschaft des Königreichs Schweden“ hätte stehen können. Schäfer läutete und hielt seinen Ausweis dem Kameraauge entgegen. Ein kurzes Summen, er drückte die Tür auf und ging zum Lift, der ihn in den obersten Stock brachte. Durch eine schwere Flügeltür gelangte er in einen riesigen Salon mit roten Samtmöbeln, Ölgemälden mit nackten Nymphen und reichlich barockem Zierrat СКАЧАТЬ