Der bessere Mensch. Georg Haderer
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Название: Der bessere Mensch

Автор: Georg Haderer

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Schäfer-Krimi

isbn: 9783852187044

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СКАЧАТЬ wenn der Staatsanwalt sein Okay gibt … das wäre mir ohnehin ganz recht …“

      „Damit würdest du uns einen großen Gefallen tun …“

      „Jederzeit … aber versprechen kann ich nichts.“ Martinek winkte den Kellner heran. Sitzen war wirklich nicht seins.

      Als Schäfer sich von der Rückenlehne wegdrückte, um aufzustehen, bemerkte er, dass sein Hemd am Rücken völlig nass war. So heiß war es in dem schattigen Innenhof doch gar nicht, wunderte er sich, verließ den Gastgarten und machte sich auf den Heimweg.

      Später saß er am Balkon und telefonierte mit Isabelle. Er war wortkarg und kam über ein paar Phrasen den Tagesablauf betreffend nicht hinaus. Wie denn auch. Jeder Satz machte ihm schmerzhaft bewusst, dass es jetzt nicht Worte waren, die er mit ihr austauschen wollte. Wie lange würden sie das noch aushalten? Immer war er der Meinung gewesen, dass er zu viel Freiraum brauchte, als dass eine Beziehung funktionieren könnte. Und jetzt wünschte er sich keinen Zentimeter zwischen ihnen beiden. Er wünschte ihr eine gute Nacht und beendete das Gespräch. Wo war denn Wedekind? Jetzt, da Schäfer einmal nichts gegen die Gesellschaft seines wunderlichen Nachbarn gehabt hätte. Tu dir nicht selbst so leid, ermahnte er sich und ging in die Küche, um sich eine Dose Gulasch aufzuwärmen.

      Als er wieder am Balkon saß und lustlos einen Fleischbrocken nach dem anderen in den Mund schob, trat sein Nachbar ins Freie. Mit einem stummen Nicken begrüßte er Schäfer und lächelte ihn verständnisvoll an. Der Mann spürt Schwingungen, sagte sich Schäfer, der sieht Auren und so Zeugs.

      „Hallo … haben Sie Lust auf ein Glas Bier?“

      „Ich trinke keinen Alkohol … aber wenn ich eine Tasse Tee mitbringen darf, setze ich mich gerne einen Augenblick zu Ihnen.“

      „Sicher“, freute sich Schäfer und ging zur Wohnungstür, um seinen Nachbarn hereinzulassen. Er holte sich eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank, ging mit Wedekind auf den Balkon und klappte einen zweiten Liegestuhl auf.

      „Wie funktioniert das eigentlich, was Sie machen?“, wollte Schäfer wissen, nachdem sie ein paar Minuten schweigsam eine Ameisenstraße betrachtet hatten, die von einem winzigen Loch in der Mauer über das Balkongeländer führte und dann zwischen den Blumentöpfen verschwand.

      „Zusammenhänge“, antwortete Wedekind, „ein System von Energieflüssen und sich wechselseitig beeinflussenden Zuständen, die den ganzen Körper und folglich auch den Geist betreffen.“

      „Hm … und wie sehen Sie das?“

      „Ich spüre es … das klingt für Sie jetzt vielleicht esoterisch, aber es ist nur eine Form der Sinneswahrnehmung, die den meisten in unserer Gesellschaft abhandengekommen ist … mit ein bisschen Sensibilität kann das jeder wieder lernen …“

      „Kann man damit auch … so was wie … funktioniert das auch bei Gemütszuständen?“

      „Sicher … aber Sie dürfen sich das nicht wie einen Schalter vorstellen, den ich drücke und dann passt wieder alles … das ist ein langsames, wiederholtes Einrichten, an dem Sie sich genauso beteiligen müssen …“

      Na gut, dachte Schäfer, das habe ich doch in ähnlicher Weise schon von meinem Therapeuten gehört. Konnte ihm denn niemand einfach eine Nadel irgendwo in den Kopf stecken und alles war wieder gut?

      Nachdem Wedekind gegangen war, blieb Schäfer noch bis lange nach Mitternacht am Balkon sitzen. Er ließ sich ihr Gespräch durch den Kopf gehen. Zusammenhänge … solche, die man verlernt hat, zu sehen … eine andere Perspektive … ein Spüren … so arbeitete er selbst doch normalerweise auch … und jetzt wühlte er sich durch Daten, lief von Befragung zu Befragung … verärgerte Zuhälter … suchte nach Telefonnummern … er musste sich auf die Tat konzentrieren, musste das entscheidende Moment sehen. Welche Beziehung hatte Born zu seinem Mörder gehabt? Was war in seinem Kopf, das dieser unbedingt vernichten musste? Er hätte ihn doch auch erschießen können … kurze Zeit später wäre Borns Gehirn ohnehin bis in die letzte Zelle abgestorben. Hier lag ein Schlüssel zur Lösung des Falls … in dieser Unlogik … hier musste er sich festhaken.

      7.

      Dieser Tag noch, dann würde er sich ein schönes Wochenende gönnen. Im Wienerwald Rad fahren, schwimmen in der Neuen Donau, lesen, vielleicht ins Kino gehen. Die Aussicht auf zwei Tage nur für sich hob Schäfers Stimmung, als er sich auf den Weg ins Kommissariat machte. Vielleicht lag es aber auch an der höheren Dosis seines Antidepressivums – egal, es ging ihm besser.

      Da er vor dem Eingang noch einmal umkehrte, um sich in der Bäckerei ein Marzipancroissant zu kaufen, erschien er eine Viertelstunde zu spät zur Morgenbesprechung. Aber manchmal sind kleine Fehler auch gut fürs gemeinschaftliche Gleichgewicht, dachte er und schaute in die Runde, die ihn freundlich begrüßte.

      Leitner hatte bei allen in Frage kommenden chemischen und pharmazeutischen Betrieben angefragt, ob irgendwo Phosphorsäure abhandengekommen sei. Negativ. Nur die üblichen Einbruchsversuche … Drogenabhängige, die sich die gestohlenen Medikamente meist noch vor Ort verabreichten und dementsprechend schnell gefasst werden konnten.

      Kovacs hatte, nachdem die Ermittlungen im Fall des ermordeten LKW-Fahrers keine neuen Ergebnisse gebracht hatten, mit den Befragungen der Anrainer in Borns Wohngegend weitergemacht. Zwei Ehepaare hatten sich über dessen politische Ansichten mehr als abfällig geäußert. Sie verachteten jede Form von Intoleranz, Rassismus und natürlich auch Gewalt – was Kovacs als ein wenig formelhaft, aber doch glaubhaft erschienen war. Bisher also kein Hinweis auf Verdächtige in der Nachbarschaft.

      Nachdem Strasser zwar jede Menge an Unterlagen gesichtet, jedoch keinerlei wertvolle Erkenntnisse gewonnen hatte, berichtete Schäfer über Borns Kontoauszüge und welche Schlüsse er daraus zog. Natürlich war es sehr spekulativ, Born nur aufgrund seines Zahlungsverkehrs zu verdächtigen, sich mit Prostituierten beliefern zu lassen; alle Ermittlungen in diese Richtung sollten sie also möglichst diskret durchführen. Die Gedanken, die er sich am Vorabend über Borns Gehirn gemacht hatte, behielt er noch für sich … in diesem selbst geschaffenen Nebel gab es noch keine Orientierung und keinen Anhaltspunkt; keinen Baum, anhand dessen Moosbewuchs er sagen konnte: Hier ist Norden, hier Süden, ihr marschiert in diese Richtung, ihr da lang. Und metaphysisches Gerede würde in der Gruppe nur zu Verwirrung und Ratlosigkeit führen. Das würde er danach mit Bergmann allein besprechen. Eine weitere halbe Stunde lang gab Schäfer die Vorgehensweise vor und teilte die Aufgabenbereiche ein. Es gab noch Dutzende Bekannte und ehemalige Politkollegen, die es zu befragen galt; Kovacs und Schreyer sollten sich daranmachen; Strasser seine Ermittlungen in Borns wirtschaftlichem Umfeld fortsetzen; Leitner im Rotlichtmilieu recherchieren.

      Bergmann teilte ihnen mit, dass sich die Beamten vom Verfassungsschutz gemeldet hätten. Sie hatten Plank noch einmal eingehend vernommen, was Schäfer mit einem leisen Fluch kommentierte. Außerdem wünschten sie sich noch vor dem Wochenende eine Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse. Er würde sich darum kümmern und bat seine Kollegen, die Dateien im Intranet rechtzeitig zu aktualisieren.

      Zurück im Büro, gelang es Schäfer nicht, sich auf den Fall Born zu konzentrieren. Dieser Berg an Informationen, bislang ohne etwas, das irgendwie ein Motiv erkennen ließ. So ähnlich hatte er sich gefühlt, als sein Bruder Jakob ihn vor Jahren wieder einmal überredet hatte, in einen Klettergarten in der Nähe von Salzburg mitzugehen. Schäfer war vor der übermächtigen Felswand gestanden, ohne Ahnung, wo er dort eine Hand oder einen Fuß hinsetzen konnte. Leck mich, hatte er trotzig gemeint, den Klettergurt abgelegt und war spazieren gegangen.

      Sah er sich eben noch einmal die Akte des LKW-Fahrers an. Manfred СКАЧАТЬ