Der bessere Mensch. Georg Haderer
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der bessere Mensch - Georg Haderer страница 16

Название: Der bessere Mensch

Автор: Georg Haderer

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Schäfer-Krimi

isbn: 9783852187044

isbn:

СКАЧАТЬ muss zum Otto“, antwortete Schäfer und ärgerte sich, dass er nicht nach dem Nachnamen gefragt hatte.

      „Ich werde sehen, ob der Herr Musil Zeit hat“, erwiderte sie und deutete ihm, Platz zu nehmen.

      Schäfer setzte sich in einen der roten Fauteuils, blickte kurz sehnsüchtig in den goldenen, sandgefüllten Standaschenbecher neben sich und fragte sich, wo hier das Geschäft stattfand. Doch wenn das Femjoy das ganze obere Stockwerk einnahm, gab es wohl reichlich Platz für diskrete Begegnungen und wahrscheinlich auch noch ein paar weitere Ausgänge, die irgendwelche Türschilder mit Namen nicht existenter Anwaltskanzleien trugen. Vielleicht half das den verheirateten Freiern ja, ihre Lügen über spätabendliche Besprechungen selbst zu glauben.

      Nach gut zehn Minuten kam die junge Frau wieder und bat ihn, ihr zu folgen. Durch eine ledergepolsterte Tür führte sie ihn in einen Raum, den Schäfer zu seiner Zufriedenheit als das Reich eines echten Zuhälters erkannte: dichte Rauchschwaden über dem riesigen geschmacklosen Schreibtisch, den zwei wachsame Dobermänner flankierten, an der Wand dahinter eine Fototapete eines Palmenstrands, auf dem zwei dauergewellte Blondinen im Sand lagen und ihre Brüste, die unnatürlich nach oben ragten, der Sonne hinhielten.

      „Die beiden Burschen da können hoffentlich meine Glock erschnüffeln …“, sagte Schäfer zu dem Mann mit der Augenklappe, der in einem schwarzen Ledersessel hinter dem Schreibtisch thronte und sich mit einer Hand über seine Glatze strich, als würde er seinen Scheitel richten. Phantomschmerzen?

      „Vielleicht … aber sie wissen auch, dass sie schneller sind … keine Sorge, Herr Inspektor … was zu trinken? Mineral, Kaffee, Cognac?“

      „Einen Kaffe nehme ich gerne.“ Schäfer setzte sich vorsichtig in den Sessel vor Musils Schreibtisch.

      Entgegen Schäfers Erwartung drückte sein Gastgeber auf keinen versteckten Knopf und befahl per Gegensprechanlage die Getränke; er stand auf, ging zu einer hölzernen Wandverkleidung, griff an die Seitenleiste und ließ so eine verspiegelte Hausbar erscheinen, zu der auch eine Kaffeemaschine gehörte.

      „Sehr schick“, meinte Schäfer, ohne eine Antwort zu erhalten.

      „Also, worum geht’s?“, wollte Musil wissen, nachdem er den Kaffee abgestellt hatte.

      „Hermann Born …“

      „Der ist tot.“

      „Danke für die Aufklärung … darf ich jetzt den suchen, der ihn umgebracht hat?“

      „Ich wüsste nicht, was ich damit zu tun haben soll …“

      „War er Kunde bei Ihnen?“

      „Herr Inspektor …“

      „Major.“

      „Na schön … Herr Major, Diskretion ist mein Kapital, wo käme ich da hin, wenn ich so einfach meine Kunden preisgäbe …“

      „Jetzt ist es Nachmittag, ich bin allein hier“, wurde Schäfer plötzlich ungehalten. „Wie schaut es aus, wenn ich am späten Abend mit zehn lauten Kollegen in Uniform hier auftauche?“

      Musil schaute Schäfer erstaunt an, schrieb dann etwas auf einen Notizzettel und reichte ihn über den Schreibtisch.

      „Die Nummer meines Anwalts. Soll ich Sie noch zur Tür bringen oder …“

      „Ich finde selbst hinaus“, antwortete Schäfer, erhob sich aus seinem Stuhl und überlegte, ob er Musil die Hand reichen sollte.

      „Bis demnächst“, sagte er und verließ das Büro.

      Im Aufzug verfluchte er sich selbst. Wie konnte er nur so dumm sein und den Mann so vor den Kopf stoßen? Diese dämliche Achtzigerjahre-Nummer vom noch gutmütigen Polizisten, der aber auch genauso gut mit einer Truppe wikingerhafter Elitebullen anrücken konnte. Musil war Profi, ein Geschäftsmann, gegen den er nichts in der Hand hatte … kein Verdacht, kein einziges Indiz … was war in ihn gefahren … er hätte einen Gefallen von ihm gebraucht … stattdessen sorgte er dafür, dass er ohne die Einwilligung des Staatsanwalts keinen Fuß mehr in Musils Etablissement setzen konnte. Was jetzt? Musste er eben Leitner darauf ansetzen. Es gibt allerdings auch noch einen anderen Weg, dachte Schäfer und hielt das nächste freie Taxi an.

      Bergmann war nicht im Büro. Schäfer setzte sich an den Schreibtisch, fuhr den Computer hoch und starrte missmutig auf den Desktop, bis sich sein neuer Bildschirmschoner aktivierte: ein Korallenriff, in dem sich Anemonenfische, Skalare, Papageienfische und anderes Meeresgetier tummelten. Isabelle hatte ihm den Bildschirmschoner vor zwei Tagen per E-Mail geschickt und Schäfer genoss es, sich in dem virtuellen Aquarium zu verlieren. Diesmal konnte es ihn nicht beruhigen. Er war deprimiert, sauer auf sich selbst. So euphorisch ihn Arbeitserfolge und angenehme Erlebnisse zurzeit stimmten, so unverhältnismäßig war die Niedergeschlagenheit, mit der er auf unerwünschte Ereignisse reagierte. Wofür nahm er denn diese Medikamente? Der Vergleich mit der Badewanne fiel ihm ein. Hatte er sich zu wohl gefühlt und im Übermut das halbe Wasser über den Rand verspritzt? Vielleicht sollte er einfach den Zufluss verstärken. Er holte eine kleine Plastikdose aus der Hosentasche und entnahm ihr eine Tablette, die er in zwei Teile brach. Dreißig Milligramm statt zwanzig … was konnte das schon anrichten.

      Nachdem er weitere zehn Minuten auf den Bildschirmschoner gestarrt und mit sich gehadert hatte, ob er zur Trafik gegenüber gehen sollte, nahm er das interne Telefonverzeichnis von Bergmanns Schreibtisch und suchte sich die Nummer eines Kollegen heraus, der im Dezernat zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität arbeitete. Ob sie sich um sechs Uhr kurz treffen könnten, er bräuchte unter Umständen einen Gefallen. Nachdem sie sich in einem Gastgarten nahe der Freyung verabredet hatten, rief Schäfer zuerst Kovacs und dann Schreyer an. Irgendwas Neues? Hatten sie versucht, das Handy zu orten, von dem Born angerufen worden war? Und Schreyer solle ihm bitte nochmals die Nummer schicken.

      Kurz vor sechs verließ Schäfer das Büro, spazierte zur Freyung und setzte sich in den Gastgarten des vereinbarten Restaurants. Sein Kollege Martinek erschien mit zehn Minuten Verspätung und wie immer im Laufschritt. Wahrscheinlich eine Neurose, die er im ständigen Wettlauf gegen das organisierte Verbrechen entwickelt hat, dachte Schäfer und reichte ihm die Hand.

      „Habt ihr in den nächsten Tagen irgendwelche Razzien laufen?“, fragte Schäfer nach einem kurzen, belanglosen Austausch über Wetter, Welt und Vorgesetzte.

      „Was brauchst du?“

      „Eine Telefonnummer“, antwortete Schäfer und holte einen Notizzettel aus seiner Jacketttasche, „der letzte Anruf, den Born erhalten hat, bevor sie ihm das Licht abgedreht haben … niemand von seinen Bekannten kennt die Nummer. Möglich, dass er sich mit Prostituierten beliefern hat lassen … und das ist zurzeit die einzige Spur …“

      „Wie oft ist er von dieser Nummer angerufen worden?“ Martinek strich mit dem Zeigefinger über die Nummer, als könne sie allein dadurch ihr Geheimnis preisgeben.

      „Einmal … das Handy ist erst vor vier Wochen angemeldet worden …“

      „Hast du dich schon umgehört bei unseren Freunden?“

      „Ja“, meinte Schäfer ausweichend, „nichts … seit Mugabes Aktion ist die Auskunftsbereitschaft begrenzt.“

      „Ja, das haben wir auch schon gemerkt … Idiot … und jetzt willst du, dass ich bei jeder Razzia ein paar Handys einsammle und überprüfe, ob diese Nummer gespeichert ist СКАЧАТЬ