Gesammelte Werke. Ernst Wichert
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Ernst Wichert страница 8

Название: Gesammelte Werke

Автор: Ernst Wichert

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027237517

isbn:

СКАЧАТЬ Schauspiel zu betrachten. Dann flatterte eine Flagge zum Top des Mastes hinauf. Das war unverabredet das Zeichen für alle übrigen Schiffe, ihre Flaggentücher zu Ehren der »Maria« zu entfalten. Kapitän Halewat hatte die Blide noch einmal laden lassen und gab nun einen kräftigen Freudenschuß. Gleich darauf legte das Schiff dicht beim Koggentor an.

      Vom Fischmarkt an war ihm schon eine sich immer vermehrende Menschenmenge am Bollwerk entlang gefolgt. Nun, durch den Schutz erschreckt und gleichsam herangerufen, strömte sie auch von der Breiten Gasse her durchs Wassertor und aus der Brauergasse durchs Ankerschmiedetor und vom Langen Markt durchs Koggentor und durch alle die anderen kleinen Tore an den Fluß hinaus, so daß bald der Raum unter der Mauer dicht gefüllt war. Ein Seeräuberschiff genommen! lief die Kunde von Mund zu Mund. Wer ist der Kapitän – wem gehört das Schiff – gibt's Tote – wie viele Räuber sind gefangen? fragte einer den andern. Und dann, von Zeit zu Zeit: Hurra – hurra – hurra!

      3. SCHLOSS UND STADT

       Inhaltsverzeichnis

      Kapitän Halewat hatte indessen auf Ansuchen der Ritter einen Bootsmann mit ihrem Knecht auf der Jolle nach dem Schloß zurückgeschickt, um am Wassertor desselben ihre Ankunft zu melden und zugleich anzuzeigen, was ihnen begegnet war. Sie ließen den Komtur, Johann von Schönfels, bitten, sie nach dem Schloß einzuholen und zugleich für die Fortschaffung der Leiche des gefallenen Bruders zu sorgen. Von den Schiffsleuten ließ der Alte vorläufig niemand an Land; sie plauderten aber über den Bord hin mit den Neugierigen, rühmten ihre Taten und zeigten ihre Wunden. Nur die Nächsten konnten bei dem allgemeinen Lärm etwas verstehen.

      Nun zeigte sich unter dem Koggentor eine rückstauende Bewegung. Die Menge wich rechts und links zur Seite aus und ließ mit ehrerbietiger Rücksicht einige Personen bis ans Schiff durch. Die Herren vom Rat – lief das Gemurmel um –, die Herren Bürgermeister – Platz, Platz da für die Herren Bürgermeister!

      Voran schritt ein langer, hagerer Mann mit grauem, kurzgestutztem Bart, in braunem Mantel mit Pelzverbrämung und schlichter Samtkappe. Er führte am Arm eine junge Frau, gleich ihm hochgewachsen und schlank. Es war der Bürgermeister Konrad Letzkau und seine Tochter Anna, des Ratsherrn Bartholomäus Groß Ehefrau. Ihm zur Seite ging Arnold Hecht, zweiter Bürgermeister, ein kleiner, untersetzter Mann. Ihnen folgten auf dem Fuße einige vom Rat, darunter Tidemann Huxer, Johann Krukemann, Peter Vorrat und Johann vom Stein. Auch die Schöppen Gerd von der Beke, Wilm von Ummen und Albert Dodorp hatten sich angeschlossen. Die Bürgerwache geleitete sie und hielt den Platz rund um sie her frei.

      Nun erst wurde ein Brett vom Schiff aufs Bollwerk hinabgelassen. Barthel Groß betrat dasselbe und schritt hochaufgerichtet – nicht zu rasch, seiner Amtswürde vor der Menge nicht zu schaden – auf seine Frau zu und umarmte sie. Habe ich dich wieder? sagte sie leise, sich an seine Brust schmiegend. Bist du mir gesund und heil? Ach, du blutest im Gesicht –

      Ein paar Schrammen, die bald unter deiner Pflege vernarben werden, tröstete er. Wie steht's zu Hause? Sind unsere kleinen Fräulein wohlauf?

      Sie bejahte es und trocknete mit ihrem Tuch die Blutstropfen von seinem Kinn. Er reichte nun seinem Schwiegervater die Hand zum Gruß, dann dessen Kumpan Arnold Hecht und dann den Herren vom Rat und von der Schöppenbank der Reihe nach. Sie schlossen um ihn einen Kreis, und er berichtete kurz, was geschehen war und welchen Fang sie gemacht hätten, unterließ auch nicht, die Namen der edlen Schiffsgäste zu nennen, deren hochherziger Tapferkeit man den Sieg verdankte.

      Konrad Letzkau stieg nun aufs Schiff und schüttelte dem braven Kapitän Halewat die Hand, der ihn barhaupt an der Spitze seiner Leute empfing. Er sagte ihm einige freundliche Worte, die dem alten Manne wohl zu gefallen schienen, und wandte sich dann an die Ritter. Euch, hochwürdige Herren, sprach er sie an, kann ich heute nur für meine Person und im Namen derer vom Rat, die sich zufällig zusammenfanden, für eure treue Hilfe danken. Morgen sollt ihr von unserm Rathause aus besseren Dank erfahren. Ich höre, daß einer eurer Brüder im Kampf gefallen ist – uns allen ein schmerzlicher Verlust. Habt ihr doch aber euer Leben Gott gelobt zu guten Werken und mannhafter Tat; hoffen wir also, daß er's am Jüngsten Tage diesem edlen Ritter zu seinen Gunsten anrechnen wird, zum Schutz der Bürger sein Blut willig vergossen zu haben. Ich bitt euch, gebt mir eure Hand.

      Nun begrüßte er die beiden Junker, nicht so feierlich, aber mit herzlichen Worten. Euren Vater, Herrn Arnd von der Buche, den wackeren Eidechsenritter, kenne ich gar wohl, sagte er zu Hans, und sein Sohn wäre auch ohnedies meinem Hause allezeit willkommen gewesen. Aber es freut mich, daß ihr euch so noch ein besonderes Recht auf unsere Liebe erworben habt. Und Ihr, Junker, wandte er sich zu Heinz, habt an diesem frohen Siege nicht den kleinsten Teil, wie ich vernehme. Das soll Euch unvergessen sein, solange ich lebe. Ich hoffe, wir werden uns in nächster Zeit noch besser kennenlernen. Folgt mir jetzt in eure Quartiere.

      Darauf sprach er mit lauterer Stimme, daß es auf dem ganzen Schiff und auch unten auf dem Bollwerk hörbar war: Die Schiffskinder, die in diesem ehrenhaften Kampf ihr Leben gelassen haben, sollen auf Stadtkosten feierlich zur Erde bestattet werden. Die Leiber der gefallenen Räuber sind dem Nachrichter zu übergeben, daß er sie an der Richtstätte in die Grube werfe. Die Gefangenen werden wir morgen dem Rat vorführen lassen zum ersten Verhör; für diese Nacht sind sie in Ketten zu legen und im Turme aufzubewahren. Sie sind niedergeworfen auf einem Danziger Schiff, das ist also auf Danziger Grund und Boden: die Stadt Danzig hat deshalb das Gericht über sie, und sie sollen ihrer Strafe nicht entgehen.

      Damit verließ er das Schiff, während die Menge in ein jubelndes Hoch ausbrach, in das drüben die Schiffsleute und Speicherarbeiter einstimmten.

      Die beiden Freunde folgten, nachdem sie sich vom Kapitän verabschiedet hatten. Barthel Groß, Frau Anna am Arm führend, trat sogleich auf sie zu und sagte: Ihr dürft mir's nicht abschlagen, werte Herren, meine Gäste zu sein, solange es euch gefällt, in unserer Stadt zu verweilen. Meine Hausfrau will's nicht leiden, daß ihr fremde Herberge nehmt.

      Das bestätigte Frau Anna und fügte auch ihrerseits noch eine freundliche Bitte hinzu. Hans von der Buche ließ sich gern bereden, Heinz aber bat höflich, ihn zu entschuldigen. Er sei von seinem edlen Herrn, dem Vogt zu Plauen, an die Brüder vom Deutschen Orden gewiesen und müsse sich zu ihren Schlössern halten. Morgen in der Frühe aber gedenke er nach der Stadt zu kommen und werde an seines Freundes Herberge nicht vorübergehen. Das mußte man wohl gelten lassen.

      Es war inzwischen ganz dunkel geworden. Eben, als man aufbrechen wollte, bewegte sich durch das Koggentor ein feierlicher Zug heran. Sechs Knechte vom Ordenshause trugen eine schwarze Bahre; sechs andere, Fackeln tragend, folgten nach, voran aber schritt der Hauskomtur mit vier Priesterbrüdern in langen, weißen Gewändern. Zu ihnen gesellten sich die beiden Ritter, die Leiche des dritten wurde vom Schiff herabgetragen, auf die Bahre gelegt und mit einem weißen, schwarz bekreuzten Mantel zugedeckt. Der Hauskomtur nahm Schwert und Helm in Empfang. Dann leuchteten die Fackelträger voran in die Stadt hinein. Heinz wechselte einige Worte mit dem Hauskomtur und schloß sich auf sein Geheiß dem Zuge an.

      Unter dem Läuten eines Glöckchens, das einer der Priesterbrüder trug, bewegte er sich in langsamem Schritt über den Langen Markt, am Rathause und dann, rechts in enge Gäßchen einbiegend, an der Marienkirche vorbei, dem Damme zu, der geradeaus nach dem Haustor führte. Dieser war durch das Sumpfland geschüttet worden, um eine Verbindung mit dem Schlosse zu haben, jetzt aber längst auf beiden Seiten mit stattlichen Häusern besetzt, aus deren kleinen Fensteröffnungen nun überall Neugierige hinausschauten. Das Haustor in der Stadtmauer wurde vom Wächter geöffnet und gleich wieder geschlossen. Über den Graben hin gelangte man in die zur Altstadt Danzig gehörige Burgstraße, passierte eine Palisadenbefestigung, die sich weiterhin der Mauer der Rechtstadt anschloß, durchschritt das Hakelwerk mit seinen niedrigen СКАЧАТЬ