Gesammelte Werke. Ernst Wichert
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ernst Wichert

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9788027237517

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СКАЧАТЬ um unsere Haut ist's ihnen wenig zu tun, obgleich sie auch da keinen Spaß verstehen, wenn man sich ihnen zur Wehr setzt. Aber die Güter locken sie, mit denen der Raum gefüllt ist. Die Beute wäre sehr ansehnlich; allein die flandrischen Laken rechnen nach Tausenden von Mark. Es könnte leicht mancher Danziger ein armer Mann werden, wenn das Schiff genommen wird. So wollen wir denn lieber alle Segel beisetzen und in der Flucht unser Heil suchen, die uns in diesem Falle gar nicht gegen die Ehre geht.

      Heinz setzte sich wieder auf den Taustapel und drückte den Kopf in die Schultern. Ich habe in meiner Heimat viel von dem frechen Seeräubervolk erzählen gehört, sagte er. Sang man's doch auf allen Straßen, wie vor nun sieben oder acht Jahren die Hamburger den Nikolaus Störtebeker, den Gödeke Michael und alle ihre Gesellen fingen und ihrer hundertundfünfzig hinrichteten vor den Augen des Magisters Wigbold, der einer der blutgierigsten Anführer gewesen sein soll und sie nun alle vor sich sterben sehen mußte bis auf den letzten Mann. Aber warum sie recht eigentlich Vitalienbrüder heißen, das hat niemand zu erklären gewußt. Möcht's aber wohl wissen, ehe ich sie von Angesicht kennenlerne.

      Der Ratsherr warf lachend den Kopf zurück. Das hat einen gar unschuldigen Grund, entgegnete er. Es gab eine Zeit, wo die Raubgesellen den Hanseaten gute Freunde waren, weil sie ihnen im Dänischen Kriege halfen. Ihr wißt, daß vor nun mehr als zwanzig Jahren König Olav starb, erst siebzehnjährig, und seine Mutter Margarethe nun Königin von Dänemark und Norwegen wurde. Da aber Olav der letzte männliche Sproß des uralten schwedischen Königsgeschlechts der Folkunger gewesen war, meinte sie nun auch Anspruch auf die schwedische Krone zu haben. Schwedens Thron war aber besetzt. Der darauf saß, war der Mecklenburger Albrecht, Sohn der Schwester des Königs Magnus Erichsson. Der behauptete nun wieder sein Recht auf Dänemark und Norwegen, und so kam es zum Kriege, in dem ihm die Hanseaten Beistand leisteten, denn ihr Handel wurde durch Margarethe schwer gefährdet, und sie durften sie nicht übermächtig werden lassen. Das Glück entschied gegen Albrecht; sein eigener Adel verließ ihn, und in der Schlacht bei Falköping fiel er mit seinem Sohne Erich in die Gefangenschaft der Königin. Sieben Jahre lang saß er gefangen auf Schloß Lindholm in Schonen, fast ganz Schweden unterwarf sich der Königin, nur die Hauptstadt Stockholm blieb in den Händen der Deutschen. Da riefen nun die Städte Wismar und Rostock mit Johann von Mecklenburg die Seeräuber zu Hilfe, nahmen sie in Sold und schickten sie mit Lebensmitteln nach Stockholm, den Belagerten Mut zu machen. Von der Vitalje nun, die sie unter großen Gefahren einschmuggelten, hießen sie Vitalienbrüder, und den Namen behielten sie bei, als man ihnen später wieder das Handwerk legen wollte. Denn man brauchte die ›Gleichteiler‹ nicht mehr, als es zum Frieden kam und Albrecht mit seinem Sohn auf drei Jahre freigelassen wurde, und sieben von den Hansestädten, darunter auch Danzig, Elbing und Thorn, Stockholm in Pfand nahmen, daß er sich mit sechzigtausend Mark lösen werde, und der Danziger Ratmann von Halle Hauptmann war in Stockholm. Seitdem nannten sie sich wieder ›Gottes Freunde und aller Welt Feinde‹. Nun – aller Welt Feinde sind sie; aber ob unser Herrgott sie wird als Freunde gelten lassen, weil ihre Hauptleute von geraubtem Gute in einer Kirche Stockholms eine ewige Messe stifteten, das mag dahingestellt sein.

      Indes tauchten rechts die Sanddünen von Hela auf, links aber im Norden wurde das ferne Segel immer deutlicher. Die beiden jungen Leute beobachteten es nun auch selbst mit immer gespannterer Aufmerksamkeit. Dann folgten sie Groß, der wieder an den Kapitän herangetreten war.

      Die kecken Burschen haben mehr Leinwand als wir, knurrte der Alte, und der Bauch ihrer Barse ist nicht gefüllt mit Kisten und Tonnen wie meine Holk. Sollen wir auswerfen, Herr Barthel Groß?

      Der Ratsherr zog bedenklich den Mund. Es wäre das äußerste Mittel – und ich zweifle noch sehr, daß es hilft, sagte er.

      Ganz meine Meinung, rief der Kapitän. Um die Spitze kommen wir vielleicht herum, aber dann haben sie uns doch. Kenne mein Schiff wie mich selbst und hab' schon einmal in solcher Fährlichkeit gesteckt. Anno vier war's, da führte ich die ›Maria‹ mit einer Danziger Ladung nach Lissabon. Habt ihr einmal etwas von dem Seeräuber Henry Pay gehört? Nun, der war mit englischen Söldnern aus Plymouth und Dartmouth unterwegs und hielt mich an der spanischen Küste an. Es war an einem fünfzehnten August, mein Lebtag vergeß ich das Datum nicht. In Lissabon verkauften die Schurken die Ladung, das Schiff aber brachten sie nach Dartmouth, und es war viel Geschreibe deshalb, bis sie es auf Befehl des guten Königs Heinrich IV. loslassen mußten. Er ist dem Orden gut gesinnt, weil er selbst einmal, noch als Herzog von Lancaster, eine Kriegsreise gegen die Litauer gemacht und von daher viel Ruhm heimgebracht hat.

      Gehört Euch das Schiff? fragte Hans von der Buche.

      Der Alte schüttelte den Kopf. Nur zwei Parten, antwortete er; und es sind zwölf im ganzen. Vier davon hält Tidemann Huxer, einer der reichsten Danziger Reeder und seit Jahren im Rat. Die andern verteilen sich. Aber es verliert niemand gern das Seinige.

      Gebt Ihr die »Maria von Danzig« schon für verloren? mischte der Blondkopf sich ein. Ich denke, wir sind Manns genug, sie zu verteidigen, wenn's soweit kommt. Dabei blitzten ihm die Augen.

      Der Kapitän zuckte die Achseln. Man kann nicht wissen, wieviel Burschen da an Bord sind. Zu weniger als dreißig oder vierzig pflegen sie sich nicht auf die hohe See zu wagen, und sie sind bewaffnet bis an die Zähne. Man hat mir auch in Lübeck erzählt, daß sie einen Hauptmann mit Namen Marquard Stenebreeker haben, der unter ihnen gute Mannszucht hält. Sprecht Ihr, Herr Barthel Groß! Ihr seid hier gleichsam der Vertreter der Danziger Kaufherren. Sollen wir uns gutwillig ergeben, wenn sie uns doch anlaufen? Oder setzen wir uns zur Gegenwehr auf die Gefahr hin, daß hinterher von einem Vergleich nicht mehr die Rede ist?

      Groß bedachte sich. Es schien ihm eine beschwerliche Sache, hier den Ausschlag geben zu sollen. Ihr führt das Schiff, Kapitän, meinte er dann ausweichend, und habt hier allein zu befehlen. Aber bedenkt Euch wohl, daß Ihr nichts anfangt, das Ihr nicht auch zum Ende führen könnt. Wir wollen sie herankommen lassen und erst zusehen, wieviel ihrer ungefähr sind. Lohnt's dann zu fechten, so hab' ich auch mein Schwert nicht umsonst allezeit bei der Hand.

      Der Alte kniff das linke Auge zu. Sie werden uns schwerlich Zeit lassen zur Musterung, sagte er mit einem grinsenden Lachen. Ich denke, wir wollen, oder wir wollen nicht.

      Wir wollen! rief Heinz. Und rüsten müssen wir uns doch auf alle Fälle, wenn sie uns nicht überrumpeln sollen. Die Burschen glauben Euch mit der Mannschaft allein auf dem Schiff, da sind sie so keck. Nun trifft sich's, daß Ihr noch mehr als ein Dutzend Arme darüber hinaus zur Verfügung habt. Und darunter recht kräftige Arme! – Er blickte zu den drei Rittern hinüber, die sich gern in vornehmer Entfernung hielten und jetzt in der Nähe des Fockmastes aufs Deck gestreckt hatten.

      Pah! Was bekümmert Schiff und Ladung die Passagiere? wandte der Kaufmann ein. Sie werden ihr Leben nicht an ein Abenteuer wagen.

      Sie werden's! antwortete der Blondkopf mit aller Entschiedenheit. Laßt mich die Herren befragen.

      Er schritt sogleich auf die Gruppe zu und stellte die Sache eindringlich vor. Die Ritter mochten bedenken, daß es ihnen in der Gefangenschaft der Räuber bis zur Lösung auch nicht wohl sein würde, und stimmten für den Kampf. Ihre Knechte sollten auch dabei sein, und an Waffen fehlte es ihnen nicht.

      Nun ließ der Kapitän seine Pfeife ertönen. Auf dieses Zeichen sammelten sich sämtliche Schiffskinder um ihn und den Steuermann zur Beratung, der Reffsteuermann, der Zimmermann, der Hauptbootsmann, sechs Bootsleute und einige Knechte und Putken, Jungen von vierzehn oder fünfzehn Jahren, die auf der Reise erst ihren Dienst anfingen.

      Achtzehn Köpfe zählte das Schiffsvolk im ganzen; dazu kamen die Fremden: drei Ritter mit drei Knechten, der Kaufherr, Heinz von Waldstern und sein Geselle Hans von der Buche, ein ganz ansehnliches Häuflein.

      Die Schiffsleute zeigten guten Mut, da sie sich so kräftig unterstützt sahen. Die Steuerleute, der Zimmermann, der Hauptbootsmann СКАЧАТЬ