Gesammelte Werke. Ernst Wichert
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Ernst Wichert страница 157

Название: Gesammelte Werke

Автор: Ernst Wichert

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027237517

isbn:

СКАЧАТЬ Die Nachricht von seiner Verwundung lief freilich im Kulmer Lande um und beunruhigte die Verschworenen, die sich's so zusammenreimten, daß ein Feind des Komturs von seinem Verkehr mit den Eidechsen Kenntnis gehabt und ihm bei der Rückkehr von Buchwalde aufgelauert habe; aber an Verrat dachten sie nicht. Nur meinte Nikolaus von Renys, als sein Bruder mit einigen anderen von den Häuptern zu ihm kam, genauere Nachfrage zu halten, es könne geraten sein, daß jeder Tag und Nacht ein gutes Pferd in seinem Stalle gesattelt stehen habe, da man sich mit gefährlichen Plänen trage und jede Zögerung verderblich sein könne. Es wüßten schon zu viele um die Sache, und ohne den Komtur könne man doch keinen Schritt weiter. Sie verabredeten zugleich ein Losungswort, das einer dem andern zuschicken wollte, wenn schleunige Flucht über die Grenze geboten sei.

      Als nun der Großkomtur mit seinen Begleitern über Roggenhausen hinauskam, teilte er die Schar und sandte einige auf Seitenwegen voraus, Niklas von Renys auf seinem Hofe zu überfallen und aufzuheben, indes er selbst nach Rheden reiten würde. In den Dörfern sollte es kein Aufsehen machen, daß man mit so vielen Pferden anrücke, damit niemand vor der Zeit gewarnt werde.

      Wirklich gelang es, Niklas zu überraschen. Sie sagten ihm's auf den Kopf zu, daß er ein Verräter an dem Herrn Hochmeister und dem Lande sei, und daß er seit Jahren schon mit dem König von Polen in geheimem Verkehr stehe. Sie sollten's ihm beweisen, rief er. Da faßte einer von den Kreuzherren seine Schulter und schüttelte sie derb. Ich will dir's beweisen, Nitcze, sagte er, daß du zumeist unser Unglück in der Tannenberger Schlacht verschuldest. Denn mit eigenen Augen hab' ich's gesehen, daß du das Kulmer Banner heruntergerissen hast, da die Deinigen dem Herrn Hochmeister zu Hilfe eilen wollten, und war doch der Feind noch nicht über euch her. Da wandte sich alles zur Flucht, und das war dein verräterischer Wille. Tannenberg ist dir unvergessen, und hier ereilt dich die Strafe. Auf dieses Wort hob der Eidechsenritter drohend die Faust und rief: So wollte ich, euer ganzes Geschlecht wäre auf dem Tannenberger Felde ausgerottet bis auf die Wurzel, und kein einziger von euch dem Tode entflohen! Es ist ein Jammer, wie ihr das Land verderbet! Rächt euch an mir, wie ihr könnt, aber wisset, daß der König von Polen seine Freunde an euch rächen wird mit Strömen Blutes an eurer festen Schlösser und Diebeslöcher Vernichtung. Es kommt der Tag, da man euch vergelten wird, was ihr an Konrad Letzkau und Arnd Hecht und Barthel Groß getan habt und was ihr mir nun zu tun gedenkt!

      Sie ließen ihm die Hände auf den Rücken binden und ihn auf einen Wagen werfen, wobei seine eigenen Diener helfen mußten. Dabei hatte er Gelegenheit, dem einen heimlich zuzuflüstern, er solle sich eiligst aufs Pferd werfen und zu seinem Bruder, Hans von Polkau, zu Friedrich von Kyntenau, zu Hans von Czippelin und zu Günter von der Delau reiten, ihnen berichten, was hier geschehen sei, und das verabredete Losungswort nennen.

      Da sie nun merkten, daß er etwas im geheimen verhandelte, und auch fürchteten, daß er unterwegs ein Geschrei erheben und seine Helfershelfer heranziehen könne, steckten sie ihm einen Knebel in den Mund und warfen einen Mantel über ihn. So brachten sie ihn über Land nach Graudenz und setzten ihn dort ins Gefängnis und übergaben ihn dem Komtur, Herrn Johann von Buchau, daß er ihn über seine Missetat scharf befrage und seine Mitschuldigen erforsche. Als man ihm mit der Folter drohte, gestand er unter Verwünschungen des Ordens alles ein und nannte die vier, die er gewarnt hatte. Die waren glücklich über die Grenze entkommen, und man fand die Nester leer.

      Indessen so das Haupt des Eidechsenbundes unschädlich gemacht wurde, war der Großkomtur mit seinem Gefolge in Schloß Rheden eingeritten und hatte sich sofort alle Schlüssel ausliefern lassen. Georg von Wirsberg fand er in seinem Gemache auf dem Bette liegend und wach. Der Bader hatte eben seine Wunde frisch verbunden und gute Hoffnung gegeben. Der Komtur erschrak, als der Großgebietiger plötzlich mit mehreren Bewaffneten eintrat, wurde kreidebleich und zitterte am ganzen Leibe. Wie kommt's, Bruder Jürge, fragte Herr Hermann Gans, daß wir Euch krank zu Bette finden, warum erschreckt Euch unser Besuch?

      Da stotterte er etwas von dem nächtlichen Überfall. Der Großkomtur aber entgegnete streng: Lügt nicht, sondern gebt der Wahrheit die Ehre. Wir wissen, daß Ihr Eures Gelübdes schlecht geachtet und einen Jungfrauenraub auf Eurem Gewissen habt. Wahrlich, bei sehr unwürdigem Kampf habt Ihr diese Wunde davongetragen. Aber auch in Eurem Amt habt Ihr Euch schwer vergangen, wenn wir recht über Euer Tun und Treiben unterrichtet sind. Seht zu, wie Ihr Euch deshalb verantwortet.

      Ich bin krank und schwach, sagte Wirsberg mit zitternder Stimme, und das Sprechen wird mir schwer. Zu anderer Zeit will ich Euch gern Rede stehen und alle bösen Verleumdungen niederschlagen.

      Das Kapitel ist Euer Richter, antwortete der Großkomtur, wartet die Anklage ab. Meines Amtes aber ist's, Eure Bücher und Papiere in Beschlag zu nehmen, damit ich mich Eurer Schuld versichere, wenn Ihr schuldig seid. Gebt mir also die Schlüssel zu allen Behältnissen, die Ihr verschlossen haltet, damit ich mich überzeuge, daß Ihr nichts Unrechtes zu bewahren habt. Nicht eher gehe ich von Eurer Seite.

      Nun schloß der Komtur die Augen und dachte eine Weile in sich hinein, was zu tun sei. Daß er verraten worden, konnte ihm nicht zweifelhaft bleiben. Aber noch konnte der Hochmeister keine Beweise gegen ihn in Händen haben; sicher wollte der Großkomtur sie sich erst hier an Ort und Stelle verschaffen. Sie waren in dem Wandschranke zu finden und machten seine Schuld ganz offenbar. Gab es denn keinen Ausweg zur Rettung? Vielleicht doch! Einen höchst gefährlichen freilich. Aber war er andernfalls nicht unter allen Umständen verloren?

      Wollt Ihr mir ein kurzes Gespräch unter vier Augen gönnen, Herr Hermann Gans? fragte er. Der Schein mag gegen mich sein, aber ich kann nicht sprechen vor diesen Zeugen, weil ich Geheimnisse des Herrn Hochmeisters zu hüten habe, in dessen Vertrauen ich war. Hört mich an und tut dann, was Ihr für Eure Pflicht haltet.

      Der Großkomtur überlegte einen Augenblick. Dann winkte er den andern, sich zu entfernen. Ich kann's Euch nicht abschlagen, sagte er, und ich wünschte wohl, daß Ihr Euch rechtfertigen könntet.

      Als sie allein waren, ergriff Georg seine Hand, drückte sie krampfhaft und flüsterte: Macht mich nicht unglücklich, Bruder Hermann. Was ich getan habe, habe ich zu unseres Ordens Bestem getan und hoffe mir der Brüder Dank zu verdienen. Kenne ich Euch nicht gut genug? Habt Ihr mir nicht einmal, als ich als Großschäffer Euer Haus besuchte, bei einer Kanne Wein das Herz ausgeschüttet? Seid Ihr nicht, wie noch viele andere Brüder sonst, der ernstlichen Meinung, daß der Deutsche Orden krank ist durch und durch und sich mit eigener Anstrengung nimmermehr zur Gesundheit bringen kann? Weiß ich nicht, daß Ihr unzufrieden seid mit dieses Meisters Regiment, das den Umständen nicht Rechnung trägt und zu neuem verderblichem Krieg drängt? Ich kenne Heinrich von Plauen wie keiner von den Brüdern. Sein Unverstand ist so groß wie seine Tapferkeit und persönliche Mannhaftigkeit. Er meint Polen und Litauen die Spitze bieten zu können und sieht in seiner Verblendung nicht, daß der König von Böhmen ein unzuverlässiger Freund ist und der König von Ungarn den Orden nur ausbeuten will zu seinen eigenen Zwecken, daß die Brüder sich nur murrend seiner sehr unzeitgemäßen Strenge beugen und daß er durch seine hartnäckige Weigerung, Polen zu befriedigen, das Land gegen sich aufbringt. Ohne Opfer an Land und Leuten, Städten und Burgen ist der Friede nicht zu schließen; das wißt Ihr so gut als ich. Heute sind diese Opfer noch erträglich, übers Jahr werden die Forderungen zu unerschwinglicher Höhe angewachsen sein, und der Orden wird sich zu jeder Bedingung, auch zu der schmachvollsten, verstehen müssen. Niemand als Plauen will den Krieg, und – daß wir gerecht gegen ihn sind – er muß ihn wollen, da seine Ehre verpfändet ist. Raten die Gebietiger ihm ab, so wird er sich seine Freunde an anderer Stelle suchen, um durch sie seinen Willen durchzusetzen. Wollen wir dem Orden und dem Lande helfen, so gibt es nur ein Mittel: das Haupt zu wechseln, ehe die Glieder kraftlos sind.

      Und das war Euer Plan, Bruder Jürge?

      Das war mein Plan. Dieser Plauen will den Orden zurückzwingen in Zustände, die keinen Boden mehr haben in der Wirklichkeit. Er verlangt von uns Tugenden, die nur erwachsen konnten in Zeiten, in denen andere Lebensaufgaben den Menschen gestellt waren. Er sagt: Es soll so sein! Aber СКАЧАТЬ