Gesammelte Werke. Ernst Wichert
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Ernst Wichert страница 153

Название: Gesammelte Werke

Автор: Ernst Wichert

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027237517

isbn:

СКАЧАТЬ bald an den König von Böhmen, an den Deutschmeister, an die Reichsfürsten, geistliche und weltliche, an die Hansestädte, die sich Danzigs wegen schwer beruhigen konnten, oder auch an den Landmeister von Livland zu schreiben, der den Großfürsten von Litauen scharf beobachten sollte, damit man nicht überrascht werde. Boten des Königs von Polen, der wegen Erfüllung der Friedensbedingungen drängte und immer neue Winkelzüge machte, oder Abgesandte des Meisters an ihn waren immer unterwegs.

      Dazu beaufsichtigte Plauen gern selbst die ritterlichen Übungen, die er angeordnet hatte, die jüngeren Glieder des Ordens kriegstüchtiger zu machen, und ungern versäumte er den Gottesdienst in der Kapelle zu den Gezeiten. Sein Leben war Sorge und Arbeit, und selten schlief er nachts länger als vier oder fünf Stunden.

      Betrat der Hochmeister die Vorburg, um dort nach dem Rechten zu schauen, so versäumte er nicht leicht, ins Gießhaus einzutreten, das jetzt größer ausgebaut und nach den Weisungen des wackeren Ambrosius mit allem trefflich versehen war, was zur Herstellung großer Geschütze erforderlich schien. In seinem Auftrag war der Gießmeister nach Nürnberg gereist, um sich in den dortigen berühmten Werkstätten selbst zu überführen, wie weit man inzwischen in der Gießkunst Fortschritte gemacht habe. Ambrosius verbesserte danach sein eigenes Verfahren, setzte auch unablässig seine Versuche fort, durch allerhand Mischungen von Metallen ein brauchbares Material zum Gusse zu gewinnen, meinte aber, die Büchsen leisteten schon, was sie leisten könnten, und er wollte sich's wohl übernehmen, eine ganz fehlerfrei herzustellen, die nicht zehn Pferde von der Stelle bewegen könnten. Das sei eben der Übelstand, daß die Rohre, wenn sie auch geradeaus mächtig wirkten, sich schwer transportieren und auf ihrem Standpunkt richten ließen. Der wird bei Fürsten und Städten wohlangesehen sein, sagte er, der eine Vorrichtung erfindet, wie man die Büchsen auf freiem Felde gebraucht, ohne sie abladen und aufladen zu dürfen, und wie man sie mit wenig Menschenkraft nach allen Himmelsrichtungen wendet, jedes beliebige Ziel zu treffen. Da können nur Hebel und Schrauben helfen. Abends saß er dann vor einer schwarz angestrichenen Holztafel und zeichnete mit Kreide darauf allerhand wunderliche Figuren, die außer ihm niemand verstand.

      Neben dem Gießhause hatte Ambrosius eine geräumigere Wohnung, die der Hochmeister gar freundlich hatte einrichten lassen, damit es dem Nürnberger auch ferner bei ihm gefalle. Zwei Stübchen waren für Waltrudis bestimmt, mit schönen Ledertapeten bekleidet und mit weichen Decken ausgelegt, auch mit hübsch geschnitzten Möbeln von Eichenholz gut versehen. In dem ersten hatte sie ihr Arbeitstischchen am Fenster stehen und den Spinnrocken daneben, der künstlich von verschiedenem Holz gearbeitet war. Auf dem Tische stand ein Kästchen zu allerhand Nähzeug, das Ambrosius für sie auf des Meisters Bestellung aus Nürnberg hatte mitbringen müssen. Auf dem Deckel war mit Schildpatt, Perlmutter und Silber ein Heiligenbild zierlich ausgelegt, und innen zeigten sich viele kleine Fächer und bewegliche Schachteln, daß es jedem Mädchen eine Freude sein mußte, Ordnung zu halten. In dem zweiten Stübchen stand das Bett, das mit einem Himmel von blauem gesterntem Zeuge faltig überdeckt war, so daß Frau Ambrosius meinte, sie schlafe wie eine Prinzessin. An der Wand hing ein kleiner Spiegel von venezianischem Glase, der so glatt und eben geschliffen war, daß sich das Bild dessen, der hineinschaute, gar nicht verzerrte, und die Waschschale auf dem niedrigen Bänkchen und die Wasserkanne daneben waren von getriebenem Metall, wie man solche Stücke sonst nur in den Taufkapellen oder bei fürstlichen Herrschaften sah. Der Hochmeister hatte sie von seinem Erbgut hergeliehen nebst einem Kästchen von arabischer Arbeit, in dem sich Elfenbeinkämme, Spangen, Ringe und mancherlei Nadeln befanden. Die Gießmeisterin hatte sich längst daran gewöhnt, Waltrudis als eine nahe Verwandte Plauens anzusehen, die dieser zärtlich liebte und dauernd in seiner Nähe haben wollte. Sie behandelte sie nicht wie eine Tochter, so gern das Mädchen sich zu allen häuslichen Diensten erbot und überall zusprang, aber auch nicht wie eine vornehme Fremde, die sich nur zum Besuche aufhielt. Es hatte sich ein gut freundschaftliches Verhältnis herausgebildet, das beide Teile befriedigte. Die kluge Frau merkte wohl, daß ihr Mann mancherlei Vorteile hatte, die er nicht alle seiner amtlichen Tätigkeit dankte, und gab sich alle Mühe, sie ihm durch eine sorgsame Pflege des ebenso schönen als sittsamen Fräuleins zu erhalten.

      Eines Tages hatte der Hochmeister einen jungen Gesellen mit ins Gießhaus gebracht, dessen äußere Erscheinung auffallend war. Hoch und schlank gewachsen, trug er den Kopf ein wenig gebückt. Langes, schwarzes Haar hing ihm auf Nacken und Schultern hinab; über den Augenbrauen war es aber geradlinig bis über die Schläfen hin abgeschnitten, so daß von der niedrigen Stirn nur ein schmaler Streifen sichtbar wurde. In seinen dunklen Augen lauerte etwas von Hinterlist und Tücke, die Nasenflügel waren sehr beweglich, der breite Mund mit den starken Lippen zeigte zwei Reihen kräftiger perlweißer Zähne und schloß sich selten völlig. Hände und Füße waren klein und fast zierlich gestaltet. Er trug Sandalen mit hoch aufgebundenen Lederriemen, die mit Knöpfen und Buckeln von Edelmetall verziert waren, einen langen, vorn schräg aufgeschnittenen, an den Achseln und Ärmelaufschlägen mit Seide gestickten Rock nach litauischer Art, darüber einen breiten Ledergürtel mit mächtiger Schnalle von Silber, in welchem Waffen steckten, und einen spitzen Hut, von dem an seidenen Schnüren kleine Heiligenbilder von Blei, durchlochte Goldmünzen und Amulette von verschiedener Form hingen. Ein Schmuck ähnlicher Art umfaßte auch seinen Hals. Er sprach das Deutsche etwas mühsam und wie jemand, der es in der Schule gelernt hat, gab auch nur spärliche und immer mürrische Antwort. Der Hochmeister stellte ihn als Fürsten Switrigal, Sohn des Herzogs Ziemowit von Masowien und der Großfürstin Alexandra, vor, die eine Tochter Oljierds, also eine Schwester König Jagellos war.

      Die Eltern hatten nach geschlossenem Frieden den zwanzigjährigen Prinzen nach der Marienburg geschickt mit der brieflich an den Hochmeister gerichteten Bitte, er möchte sich gütig des jungen Knaben annehmen, damit er unter seinen Augen ritterliche Lebensart lerne und in allen freien Künsten wohlunterrichtet werde, wie es einem Fürstensohne zieme. Sie wollten ihm dafür mit anderen guten Diensten, so viel in ihrer Macht stehe, gewärtig sein.

      Plauen hatte sich dessen gefreut. Es war ein Zeichen wiedererwachenden Vertrauens in den kräftigen Fortbestand der Ordensherrschaft. Unter seinen glücklicheren Vorgängern war es häufig vorgekommen, daß die benachbarten Fürsten ihre Söhne einige Jahre nach der Marienburg wie auf die hohe Schule der Ritterschaft schickten, oder auch dort von tüchtigen Lehrern in den Elementen der Wissenschaften unterweisen ließen, und gern unterzog sich der Orden allemal solcher Mühewaltung, weil er hoffen durfte, sich die jungen Herrlein freundschaftlich zu verbinden. Nun war es Plauen überdies sehr wohl bekannt, daß die Herzöge von Masowien, deren Land zwischen Polen und Litauen lag, nördlich aber an Preußen grenzte, stets bemüht waren, sich nach beiden Seiten hin eine Art von Unabhängigkeit zu sichern, indem sie bald mit dem einen, bald mit dem andern Bündnisse schlossen und Krieg führten. Jagello war es freilich gelungen, Schwester und Schwager zu überzeugen, daß der Orden ihr Feind sei und nach einem Teile ihres Besitzes trachte. Jetzt aber erschien ihnen die Vereinigung der beiden verwandten mächtigen Nachbarn noch viel gefahrdrohender, und sie machten daher in der Stille Anstalten, wieder zum Orden in gute Beziehungen zu treten, um für den Notfall einen schützenden Rückhalt zu haben. Plauen ergriff mit Eifer die dargebotene Hand. Nichts konnte ihm in seiner jetzigen Lage erwünschter sein als ein Bündnis mit Masowien, das sich recht wie ein Keil zwischen die Gebiete seiner Todfeinde legte und unter ihnen selbst von alters her der Zankapfel war. Er nahm daher den jungen Prinzen mit aller Zuvorkommenheit auf und schickte, als ob er deshalb zu Dank verpflichtet sei, an Ziemowit und Alexandra reiche Geschenke.

      Er nahm sich nun auch mit voller Sorge der Erziehung Switrigals an, der anfangs wenig Lust zeigte, seine gewohnte Lebensweise zu ändern, immer nur auf dem Pferde liegen und zur Jagd reiten oder im Flusse Fische fangen wollte, jede Unterweisung in höfischen Künsten und Fertigkeiten aber unwirsch genug zurückwies. Der Hochmeister hatte ihm den alten Wigand von Maiburg zum Lehrer gesetzt, aber selten gelang es diesem, den wilden Gesellen für eine Stunde durch seine Erzählungen von merkwürdigen geschichtlichen Begebenheiten zu fesseln, oder ihn zu vermögen, sich aus dem Wappenbuche unterrichten zu lassen. So wollte Plauen es nun auf andere Weise versuchen. Er führte ihn in der Vorburg herum, zeigte ihm die verschiedenen Werkstätten, in denen Waffen aller Art hergestellt wurden, und übergab ihn seinem Gießmeister СКАЧАТЬ