Gesammelte Werke. Ernst Wichert
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Ernst Wichert страница 149

Название: Gesammelte Werke

Автор: Ernst Wichert

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027237517

isbn:

СКАЧАТЬ ließen sich nur unvollkommen hüten, wenn die Zahl der Wisser zu groß sei. Dagegen schrie die Minderzahl: jeder im Bunde habe gleiches Recht; setze man Kopf und Kragen daran, so müsse man auch wissen wofür. Habe doch jeder geschworen, des Bundes Heimlichkeiten zu hüten. Ob man also meineidige Schurken unter den Genossen vermute? Dann sei's besser, die Bundeslade zu zerschlagen und die Briefe zu verbrennen.

      So eifrig war man aneinandergeraten, als der Torhüter dreimal anschlug, zum Zeichen, daß jemand Einlaß begehre, der sich durch das Bundessiegel nicht ausweisen könne. Niklas von Renys ging hinaus, kehrte aber gleich wieder und sagte: Das trifft sich gar glücklich. Ihr wollt genau erfahren, was geplant wird, liebe Genossen, aber nur ein einziger kann's überschauen und euch zur Kenntnis bringen. Und der steht nun unten vor dem Graben und läßt mich zu sich bitten zu einer Rücksprache. Es ist der beste Freund des Bundes, aber kein Bundesgenosse. Wollt ihr gestatten, daß ich ihn einführe, wenn er's begehrt? Wir könnten dann gesamt erfahren, was er bietet, und sogleich zum Schlusse kommen.

      Wer ist's – wer steht unten vor dem Graben? wurde hie? und dort gefragt.

      Das steht mir nicht zu, freiheraus zu sagen, antwortete Niklas. Erst muß ich eure Meinung erfahren, ob ihr einen Fremden zulassen wollet oder nicht. Genehmigt ihr's, so leiste ich euch Bürgschaft, daß er ein Freund ist und guten Grund hat, Schweigen zu beobachten. Er bringt sich selbst wahrlich mehr in Gefahr als uns.

      Schließen wir die Lade, meinte Ritter Pfeilsdorf, solange der Fremde unter uns verweilt. Zu einer Versammlung der Eidechsen dürfen wir niemand einlassen, der nicht den Eid geleistet hat; aber die Eidechsen tagen nur bei offener Lade.

      Das ist eine Auskunft, die nur den Schein wahrt, entgegnete Hans von der Buche.

      Was wollen wir mehr? rief Hans von Polkau. Der Vorschlag ist gut.

      Er gefiel auch den anderen, und so ging Niklas von Renys wieder hinaus. Diesmal blieb er länger fort, und das eben noch so lebhafte Gespräch wollte inzwischen nicht in Gang kommen, da jeder nur an den Fremden dachte. Als sich dann aber die Tür öffnete und Niklas den Komtur Georg von Wirsberg hereinzog, da waren's nur drei oder vier Eingeweihte, die nicht von ihren Stühlen aufsprangen und zu den Waffen griffen. Der Komtur – der Komtur – unsere Heimlichkeit ist verraten! ging es von Mund zu Mund.

      Herr Niklas von Renys aber führte, ohne sich durch diesen Empfang irren zu lassen, den Gast bis an den runden Tisch und wies ihm einen Sessel. Auf meine Bürgschaft! sagte er mit scharfer Betonung, indem er einen zuversichtlichen Blick im Kreise herumstreifen ließ.

      Der Komtur setzte sich nicht sogleich, sondern stützte die Hand auf den Tisch und sprach: Mit eurer Vergunst, edle Herren, ich komme als ein Freund und hoffe noch besser so erkannt zu werden. Mir als einem Bruder des Deutschen Hauses ist nicht gestattet, dem Bunde beizutreten, aber wenn ich ein Landesritter wäre, so seid versichert, daß ich längst mein Siegel an euren Brief gehängt hätte. Denn auch mir liegt am meisten Recht und Gerechtigkeit am Herzen und daß niemand vergewaltigt werde. In vielem stimmen unsere Klagen und Beschwerden überein, und deshalb komme ich, euch freiheraus ein Bündnis anzubieten zu Trutz und Schutz. Helft ihr mir, so hoffe ich, euch gesamt wohl helfen zu können.

      Gut gesprochen! rief Hans von Polkau, ihm die Hand schüttelnd. Was springt ihr auf und blickt wie auf ein Gespenst? Das ist ehrlich Fleisch und Blut. Herrscht im Lande Unzufriedenheit über des Ordens Regiment, in den Schlössern gibt's unter denen, die den weißen Mantel und das Kreuz tragen, Männer genug, auf deren Beistand wir rechnen dürfen, wenn's zum Äußersten kommt. Bestätigt mir's, Herr Komtur.

      Es ist wahrlich so, antwortete Wirsberg. Ihr nennt uns die Herrschaft, weil der Orden im Lande gebietet. Aber wir, die wir ihm angehören, sind selbst geknechtet und müssen uns jedem ungerechten Befehl der Machthaber fügen. Selten gilt Verdienst und Würdigkeit, sondern die aus großen Häusern kommen und Briefe mitbringen von der hochgeborenen Vetterschaft, die rücken schnell zu Ämtern und Würden auf, halten hinterher zusammen, nehmen sich den Vorteil und lassen den Kleinen alle Sorge und Mühe. Die Eingeborenen des Landes aber, die nach Fug und Recht den ersten Anspruch haben sollten auf die Ritterschaft Mariens, hält man ängstlich fern von den Häusern, damit kein Verkehr sei zwischen dem Orden und dem Lande, außer von solchen, die herrschen, mit solchen, die dienen. So sind die einander am meisten fremd, die in guter Freundschaft und Eintracht zum gemeinen Besten wirken sollten, und überall herrscht Argwohn, Haß und Neid, daß nun keiner dem andern traut und jeder im geheimen bedenkt, wie er sich der Not entschlage. Große Gewalttat ist geschehen zu Danzig durch des Herrn Hochmeisters Bruder, und er hat ihn nicht gestraft, sondern die Stadt noch tiefer gedemütigt. Darum ist nun ein gerechtes Geschrei in der ganzen Hansa, und wenn es wieder zum Kriege kommt, wird sich's wohl zeigen, daß man unsere Wechsel für schlecht Papier hält, Ritter und Knechte im Lande werden bedrückt mit schweren Kriegsdiensten und ungerechtem Schoß, da sie doch den Frieden wünschen und solcher Gewaltherrschaft abstreben. Deshalb tut's not, daß alle ehrlichen und redlichen Leute zusammenhalten und mit vereinter Kraft dem drohenden Verderben einen Riegel vorschieben.

      Diese Reden gefielen den meisten sehr, besonders da sie aus dem Munde eines Mannes kamen, der selbst zu den Gebietigern des Ordens zählte. Gab er sich so frei und offen, so meinten sie noch weniger ein Versteck nötig zu haben, und so fehlte es denn weder an lautem Beifall noch an Fragen, wie und wozu man helfen könne.

      Der Komtur schob sich bequem im Sessel zurecht, streckte ein Bein über das andere und stützte das Kinn in die rechte Hand. Man muß bei der Spitze anfangen, sagte er, dem Körper ein anderes Haupt aufsetzen, dessen Gedanken unsere Gedanken sind. Den Hochmeister freilich wählt die Brüderschaft. Wenn er aber gewählt und mit dem Ringe geschmückt ist, ernennt er die obersten Gebietiger, die in seinem beständigen Rat sind, und die Komture und die Pfleger und Vögte, versetzt auch die Brüder aus dem einen Hause in das andere, wie es ihm gut dünkt, und führte das weltliche Regiment als ein rechter Landesfürst, der keinem der Untertanen Rechenschaft schuldig ist. Im Haupt also sammelt sich alle Macht. Ist da guter Wille, so mögen die Glieder des Körpers sich wohlfühlen. Regiert aber da oben Eigensinn und böse Laune, so ist niemand im Lande so gering, daß er den Druck nicht übel empfindet. Wenn er nun über sich greift und sich Luft schaffen will, so faßt er einen, der selbst gedrückt wird und unter seiner Last seufzt. Es nützt ihm wenig, daß er in der Nähe mit den Armen um sich schlägt: er trifft nicht den, der das Unheil anrichtet. Rütteln sich aber viele zugleich und werfen das Haupt ab, so ist allen rasch geholfen. Mögen sie dann sorglich verfahren, sich ein anderes Haupt zu verschaffen, das ihren Willen tut.

      Und das ist gefunden! rief Niklas von Renys. Kommt Georg von Wirsberg an die Spitze, so erleben wir noch gute Tage. Was kümmert's uns, ob der Deutsche Orden unter dem römischen Kaiser oder unter dem König von Polen steht oder sein eigener Herr ist! Wir wollen geschützt sein in unserem Eigentum und in unseren Rechten. Der König ist uns sehr gnädig gesinnt. Verdienen wir uns seinen Dank, indem wir vor allem dazu tätig sind, daß ein friedfertiger Hochmeister mit ihm verhandelt. Tritt er das Kulmer Land an Polen ab, mir soll's recht sein!

      Auch mir – auch mir –! stimmt dieser und jener zu. Einige aber verhielten sich jetzt schweigend.

      Wisset auch, fuhr der Komtur fort, daß Heinrich von Plauen einen tiefen Groll hat gegen den Eidechsenbund. Ich hab's aus seinem eigenen Munde, daß er seine Mitglieder insgesamt für Verräter und treulose Wichte achtet. Laßt ihn zu Kräften kommen und mit seinen Feinden außerhalb Landes fertig werden, so ist sein nächstes, daß er euren Brief zerreißt.

      Diese Worte weckten einen wahren Sturm der Entrüstung. Man wollte wissen, wie man so bösen Anschlägen begegne. Ich will mich euch vertrauen, sagte Wirsberg. Drei Ritterkonvente sind auf meiner Seite: alles Gold und Silber, das der Orden für den König von Polen im Lande zusammengebracht hat, liegt unter meiner Obhut im Schlosse zu Rheden. Viertausend Spieße sind unterwegs zu meiner Verfügung. Die Könige von Böhmen und Polen wollen mir wohl. Bin ich des Landes sicher, СКАЧАТЬ