Gesammelte Werke. Ernst Wichert
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ernst Wichert

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9788027237517

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СКАЧАТЬ mit der Rechtstadt hineintreibt.

      Auch mit der Altstadt machte der Komtur kurzen Prozeß. Die große Mühle, die der Orden dort am Radaunefluß mitten unter den Bürgerhäusern hatte, war den Altstädtern wenig genehm. So hatten sie denn auch die Zeit, da die Polen vor dem Schlosse lagen, benutzt, den Mühlmeister zu vertreiben und die Tore zu schließen. Nun mußten sie sich demütigen und froh sein, daß ihnen keine Buße auferlegt wurde; der Ordensmühlmeister zog aber wieder ein und übte schweren Druck.

      Es dauerte auch nicht lange, so band der Komtur mit den Rechtstädtern an.

      Der Vogt von Grebin hatte des Ordens Stuterei, weil er sie unter seiner Aussicht vor den Polen nicht sicher hielt, dem Ratmann Bartholomäus Groß in Bewahrung gegeben. Nun es zur Rückgewähr kam, machte dieser zunächst eine Forderung wegen der Futterkosten geltend, worüber man sich nicht einigen konnte, und behauptete auch, daß der königliche Hauptmann hinter die Sache gekommen sei, seinen Schutz verworfen und einen Teil des Ordenseigentums als gute Beute fortgeführt habe. Der Komtur dagegen wollte solche Ausrede nicht gelten lassen und beschuldigte ihn, daß er selbst dem polnischen Hauptmann aus Haß gegen den Orden das in der Not anvertraute Gut verraten habe. Davon meinte Barthel Groß sich wohl vor jedem Gericht ledig schwören zu können, und bestand nun um so hartnäckiger auf seiner Forderung. Der Komtur drohte mit Gewalt, der Ratmann mit einer Klage beim Herrn Hochmeister.

      Dann verlangte Plauen genauen Ausweis über die Sachen, die dem St.-Elisabeth-Hospital gehörten und dem Spittler desselben abgenommen waren. Es hieß darauf, sie lägen sicher in des Bürgermeisters Hause, und derselbe werde sich dieserhalb wohl verantworten, wenn er von seiner Reise zurückkäme. Der Komtur aber sprach von geraubtem Kirchengut, wollte sich nicht hinhalten lassen und forderte sofortige Ablieferung aufs Schloß. Darauf bekam er denn gar keine Antwort. In die Stadt ließ man seine Leute nicht ein. Man wies sie am Haustor mit dem Bemerken ab, es sei noch nicht sicher, ob die Stadt dem König oder dem Orden gehöre, und sie wollten bis zum Friedensschluß keine Neuerung machen.

      Dann, gegen Weihnachten, als der Hochmeister von neuem scharf zum Kriege rüstete und von Thorn aus an die Gebietiger schrieb, daß sie ihm in ihren Gebieten eine gute Mannschaft sammelten, machte der Danziger Komtur in gewohnter Weise sein Ausschreiben auch an die Städte. Die anderen gehorsamten; der Rat der Rechtstadt aber auf den Vorschlag Arnold Hechts, der in Letzkaus Abwesenheit überall das Wort führte, schickte das Schreiben zurück und verwahrte sich gegen jede solche Pflicht, solange die Stadt nicht des Eides entledigt sei, den sie dem Herrn König geschworen.

      Der Komtur ergrimmte über solchen Hohn, nannte die Danziger Schandbuben und Verräter und forderte den ganzen Rat aufs Schloß bei Strafe des Ungehorsams. Er mußte aber bald merken, daß er's nicht mit den Jungstädtern zu tun hatte. Der Rat gab zur Antwort, daß er sich wohl hüten werde, in die Falle zu gehen. Es sei jetzt nicht wie ehedem. Sie hätten unausgeglichene Sachen, und darüber müsse ein Mächtigerer entscheiden. In ihres Feindes Gewalt wollten sie sich aber bis dahin nicht geben. Doch seien sie bereit, Rede zu stehen, wenn der Herr Komtur in der Marienkirche Bürgermeister und Rat befragen möge, und solle ihm da vor Gottes Altar kein Leides geschehen, vielmehr mit aller schuldigen Achtung begegnet werden.

      Darüber erzürnte sich der Komtur noch mehr und drohte, daß er den Schimpf rächen wolle. Für jetzt aber konnte er doch nichts tun, die Danziger zu strafen. Denn ihre Mauern waren stark und gut bewehrt. So schluckte er denn für diesmal zähneknirschend die bittere Pille hinunter. Doch schrieb er seinem Bruder, dem Hochmeister, nach Thorn, wie widersetzlich das Krämervolk sei, daß er wohl recht gehabt habe, nur durch Zwang werde die alte Ordnung herzustellen sein. Der Hochmeister möge die Danziger da fassen, wo es ihnen am empfindlichsten sei, und den polnischen Stapel nach Elbing verlegen, zugleich zur Belohnung für die Fügsamkeit dieser Stadt.

      Das geschah nun freilich auch. Aber die Danziger lachten dazu, denn es war jetzt Winter und auch ohnedies die polnische Grenze wegen des Krieges gesperrt. Bis zum Sommer aber konnten sich die Dinge sehr verändert haben.

      So standen Rechtstadt und Schloß einander gegenüber wie zwei bewaffnete ergrimmte Feinde, zum Losschlagen bereit und nur abwartend, ob sich der andere Teil eine Blöße gebe.

      Der Monat Januar näherte sich seinem Ende. Da meldete sich eines Tages der polnische Jude Moses Achacz auf dem Schlosse und gab an den Komtur einen Brief ab. Man fragte ihn aus, fand aber an ihm nichts Verdächtiges. Er hatte vom Thorner Rat einen Geleitschein und war, nachdem er sich eine Woche in dortiger Stadt aufgehalten, nach Danzig gekommen, um wegen eines Holzgeschäftes zu verhandeln. Den Brief hatte ihm der Kaplan in Sczanowo übergeben; dort liege, wie er gehört habe, einer vom Orden schwer krank. Deshalb habe er auch kein Bedenken gehabt, das Schreiben über die Grenze mitzunehmen »aus Barmherzigkeit«, sagte er, weil es doch sein letzter Wille sein könnte.

      Der Komtur ließ ihm befehlen, sich vor seiner Abreise wieder auf dem Schlosse zu melden, auch einen blanken Botenlohn bieten. Er hatte den Brief gelesen und alles in Ordnung gefunden.

      Ihm war ein junger Mensch, der sich Heinrich von Waldstein nannte, vor Jahren im Schlosse des Vetters, des Vogts zu Plauen, unter dessen Hofleuten begegnet; er hatte ihn aber wenig beachtet und wußte auch nichts davon, daß er nach Preußen gekommen war und bei Tannenberg gefochten hatte. Nun mußte es ihm wohl auffallen, daß er sich einen Verwandten des Hochmeisters nannte, auch von einer Schwester sprach.

      Der Inhalt des Briefes war ihm schon deshalb nicht gleichgültig. Es ergaben sich daraus aber auch Beziehungen des Schreibers zu Danzig, insbesondere zu einer hochansehnlichen Familie der Rechten Stadt. Der Komtur kannte Huxer nicht, aber er wußte, daß er im Rat saß und zu den Freunden des Bürgermeisters Hecht gezählt wurde, wennschon man ihn »gemäßigt« nannte. Die Einschränkung bedeutete ihm nicht viel. Nun schien dieser Brief eine Anknüpfung im Hause eines der angesehensten Großbürger zu ermöglichen, der mit den Plänen der Verschwörer vertraut sein mußte. Hatten sie Zusammenkünfte, so konnte dies den Hausgenossen nicht verborgen bleiben. Sein Töchterchen, meinte er, würde wohl zum Sprechen zu bringen sein. Habe man erst für einen Fuß festen Halt, so könne man hinterher den andern leicht nachziehen und unbemerkt hinter die Schliche der Buben kommen.

      Er war so voll Haß und Groll, daß ihm kein Mittel verwerflich schien, wenn es zum Ziele führte, die Pläne der Königsfreunde zu enthüllen. Er hütete sich wohl, die Brüder ins Vertrauen zu ziehen; ihnen sagte er nur, daß es sich in dem Briefe um die Auslösung eines Gefangenen handle, die er seinerzeit durch den Hochmeister betreiben wolle. Einen seiner Diener aber, den er schon nach Preußen mitgebracht und dessen treue Anhänglichkeit und Verschwiegenheit sich oft erprobt hatte, beauftragte er vorerst mit den nötigsten Erkundigungen.

      Der Verkehr zwischen der Rechtstadt und der Altstadt war auch in dieser Zeit keineswegs ganz aufgehoben. Bei Tage standen das Haustor und Breite Tor offen, und die Wächter ließen jeden unangefochten durch, den sie für unverdächtig hielten. Auch fuhren die Fischer vom Hakelwerk ungehindert die Mottlau hinauf und stellten ihre Waren auf dem Fischmarkt aus. Es konnte also für einen einzelnen Mann, der nicht Waffen trug, keine sonderliche Schwierigkeit haben, vom Schloß in die Rechtstadt zu gelangen.

      Peter Engelke trug einiges Wildbret hinein, das ihm aus seines Herrn Küche geliefert war, ließ sich Huxers Haus zeigen und bot es dort zum Kauf an. Sogleich wurde Barbara gerufen, die in ihrer Gürteltasche die Wirtschaftskasse trug. Sie wurden bald handelseinig. Engelke behauptete nun aber, einen weiten Weg gemacht zu haben und sehr müde zu sein. Er durfte daher noch eine Weile auf dem Schemel am warmen Herd sitzenbleiben, erhielt auch eine Kanne Tafelbier. Während er es langsam austrank, erkundigte er sich nach diesem und jenem, was das Haus anging, besonders, ob das junge Fräulein noch nicht ans Heiraten denke. Barbara wurde nach ihrer Weise bald gesprächig. Der Papa habe wohl einen ansehnlichen Freier für sie, der jedem Mädchen in der Stadt eine Ehre erweisen würde, sagte sie; aber das arme Fräulein – und dabei brachte sie die Schürze an die Augen – habe einen großen Kummer gehabt und denke СКАЧАТЬ