Gesammelte Werke. Ernst Wichert
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ernst Wichert

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9788027237517

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СКАЧАТЬ hielt den Kranken in Gefangenschaft? Welches Lösegeld forderte man? Wie war eine Verständigung möglich?

      Eines Abends spät erschien wirklich der Pater Severus. Barbara nahm ihn in ihre Kammer, die neben der Treppe angebaut war, und rief das Fräulein. Maria gab ihm den Brief zurück und bat ihn unter Tränen, er möchte sich beim Herrn Komtur verwenden, daß er an den Hochmeister schreibe und ihn um die Lösung des Gefangenen bitte. Sie wolle gern versprechen, allen ihren Goldschmuck herzugeben und die Steine versetzen zu lassen, die sie von ihrer Großmutter geerbt. Er wolle sein Bestes tun, sagte er, rechne dafür aber auch auf Gefälligkeiten von der anderen Seite.

      Während er so mit den Frauen verhandelte, schaute er sich aufmerksam in der Kammer um. Ihm fiel ein hölzerner Schieber an der Rückwand in die Augen, der etwa in der Fensterhöhe angebracht war. Was ist das? fragte er.

      Barbara schob die Holzplatte zurück und zeigte eine kleine runde Öffnung in der Mauer. Man kann von hier in die Herrenstube hineinsprechen, erklärte sie, was gar nützlich für die Wirtin ist, wenn die Dienerinnen aufwarten. Mancher Gang wird dadurch erspart. Die Röhre läuft auf der anderen Seite in den offenen Mund eines singenden Engels aus, der in die Holzverkleidung geschnitzt ist. Wollt Ihr's Euch einmal betrachten? Es ist zur Zeit niemand im Zimmer.

      Sie öffnete die große eichene Tür und ließ ihn in den saalartigen, mit Steinfliesen ausgelegten, rundum mit Holzschnitzwerk verzierten Raum eintreten, in dessen einer Ecke ein Ofen von bunten Kacheln stand. Empfängt der Ratsherr hier seine Gäste? erkundigte sich der Pater. Es sei die Gaststube, bestätigte die Wirtin. Für besonders festliche Gelegenheiten aber stehe im oberen Geschoß die Halle bereit, die sich über das ganze Vorderhaus erstrecke, doch im Winter zu kalt sei.

      Er besah den Engelskopf mit dem Schalloch, dankte für die Auskunft und ging.

      Unterwegs nach dem Kloster sprach er die Leute an, die von der Arbeit kamen, und forschte sie aus, was sie von den Zeitläuften hielten und wie ihnen das Stadtregiment gefiele. Fast alle hatten sie zu klagen: Handel und Wandel stocke, und vor Jahren sei's besser gewesen; die Herren vom Rat ließen den Handwerker nicht aufkommen.

      Auch die Herren vom Rat können leicht einmal geduckt werden, tröstete er, und die Leute küßten ihm dafür dankbar die Hand.

      27. WEGEN DES SCHOSSES

       Inhaltsverzeichnis

      An einem der nächsten Tage langte im Schlosse einer von den Withingen des Hochmeisters mit einem Felleisen an, das wichtige Briefe für den Komtur enthielt. Er hatte die Briefschweike, die er von Dirschau ab ritt, nicht geschont und auch vorher in jedem Ordenshause den Gaul gewechselt. Eine Stunde nach seiner Ankunft wehte das große Banner der Komturei, weiß mit einem schrägen schwarzen Balken von oben links nach unten rechts, auf den Zinnen der Feste, ein Zeichen, daß ein frohes Ereignis gefeiert wurde.

      Am ersten Februar war zu Thorn zwischen dem Könige von Polen und dem Deutschen Orden ein ewiger Friede geschlossen. Der Zähigkeit des Hochmeisters war es zu verdanken gewesen, daß seine Bedingungen dem Orden unerwartet günstig lauteten. Er erhielt alles Land zurück, das er vor dem Kriege besaß; der König räumte auch die Burgen, aus denen seine Besatzung nicht hatte vertrieben werden können; wegen des streitigen Samogitiens wurde ein billiges Abkommen getroffen; über diejenigen Teile der Neumark, auf welche die Polen Anspruch erhoben, sollte eine von beiden Teilen einzusehende Kommission und bei mangelnder Einigung ein Schiedsspruch des Papstes befinden. Auch wenn künftig unter ihnen etwas streitig werde, sollte ein solches Schiedsgericht den Ausgleich herbeiführen. Allen Abtrünnigen sei Verzeihung zu gewähren, gegen den Bischof von Ermland dürfe jedoch der Hochmeister im Rechtswege vorgehen. Dem König Sigismund wurde der Beitritt zu diesem Frieden offengehalten.

      »So sehr es uns nun auch beschwert«, schrieb der Hochmeister seinem Bruder, »daß wir nicht alle Zwistigkeit, insonderheit wegen der Neumark, haben vertragen oder mit den Waffen ausfechten können, uns auch des Papstes Einmischung in diese Händel gar wenig genehm und förderlich sein kann, so mußten wir uns doch bescheiden, für jetzt ein mehreres zu erreichen, zumal das ganze Land nach dem schweren Kriege überall in großer Not, die Söldner nicht gelöhnt und auswärts bei Fürsten und Herren wenig Willfährigkeit, gegen diesen Feind zu Felde zu liegen. Haben deshalb auf unserer Gebietiger und anderer Freunde ernstes Anraten, wiewohl ungern und mit wehmütigem Herzen, in den Frieden gewilligt, auf Gott und die Heilige Jungfrau vertrauend, daß sie uns um so freundlicher beistehen werden, inskünftig alle Unbill abzuwenden. Wisset auch, lieber Getreuer, daß wir mit dem König von Polen noch absonderlich eins geworden sind, ihm binnen eines Jahres hunderttausend Schock böhmische Groschen zu zahlen, auf daß er die Burgen räume, so er noch besetzt hält, und die Gefangenen herausgebe. Dazu helfe der gnädige Gott, denn unser Säckel ist völlig ausgeleert, und wir sind überdies vieler Leute Schuldner, die sich nicht gedulden mögen. Wollten Euch also freundlich ersuchen, daß Ihr an unsern Tresler abgebet, was Euch irgend entbehrlich, demnächst auch mit allem Eifer bei den Danzigern betreibet, was not tut und womit ich Euch in nächster Zeit bekannt machen will. Tut ihnen vor allem diesen Frieden zu wissen, damit sie weiter keinen Vorwand haben, uns zu widerstreben und im geheimen dem Könige gute Worte zu geben. Ich vertraue, daß Konrad Letzkau sie gütlich zu ihrer Pflicht zurückführen wird, wie er mir auch mit Rat und Tat treu beigestanden hat hier zu Thorn und vorher. Aller dieser Dinge, lieber Bruder, erwarten wir uns von Euch das Beste. Sorget, daß wir uns dieses Friedens bald erfreuen.«

      Wenige Tage später erhielt er die versprochene nähere Anweisung, wie das Geld für den König aufzubringen. »Wir können eine so große Summe nicht zahlen«, schrieb der Hochmeister, »ohne Hilfe des Landes. Darum haben wir eine allgemeine Schatzung über das Land gesetzt, zu der Städte, Ritter, Köllmer und Bauern beitragen sollen, hoch und gering, groß und klein, jedes nach seiner Kraft. Weil uns aber das Land zu solchem Schoß nicht pflichtig ist, also haben wir die Edelsten des Landes zu uns berufen und ihre Beihilfe erbeten und mit ihrem Vollwort den Schoß gesetzt, so daß wir uns nun willigen und freundlichen Gehorsam überall in Städten und Landen verhoffen. Wollet also danach den Danzigern aufgeben, ihren Teil zu tragen und die Sammlung, so bald es sein kann, hierher einsenden, weil wir dem König sogleich fünfundzwanzigtausend Schock böhmische Groschen zu zahlen schuldig sind, unsere Mittel aber nicht dazu reichen. Es ist uns darum zu tun, daß wir keinen Tag über die Not des Königs Schuldner bleiben, damit die Burgen uns übergeben werden und wir wieder Herren sind im Land.«

      Dieses Schreiben machte den Komtur sehr bedenklich. Es gefiel ihm nicht, daß sein Bruder sich von andern hatte beraten lassen als von seinen Ordensgebietigern. Die Edelsten des Landes – das waren Bürgermeister und Ratmannen der Städte, Ritter und Knechte, Bannerführer und Landrichter. Das ist eine böse Neuerung, murrte er. Warum bittet er, statt zu fordern? Sollen wir nicht so weit Macht haben über unserer Untertanen Gut? Wer fragt, muß die Antwort nehmen, wie sie fällt – wer heute ja sagt, kann morgen nein sagen. Das Volk ist schon übermütig genug und setzt sich über seinen Herrn. Das muß viel Unzufriedene schaffen im Orden!

      Er beschloß seine Ausschreiben so einzurichten, daß jeder sie für gemessene Befehle halten mußte, und bei der geringsten Weigerung mit strengem Zwang vorzugehen.

      In der Rechtstadt Danzig hatte die Nachricht von dem Friedensschlusse noch die Aufregung vermehrt, die alle Gemüter erfaßt hatte. Bald ging auch ein Schreiben des Königs ein, das seinen Rückzug bestätigte und Rat und Bürgerschaft ihres Eides entband, »mit bestem Dank für die bewiesene Treue«. Nun wagten sich die Männer aus allen Ständen lauter vor, die heimlich auf seiten des Ordens geblieben waren und des Königs Regiment keine lange Dauer versprochen hatten. Viele von denen aber, die sich auf Jagellos Zusicherungen verlassen hatten, schrien über Verrat und überhäuften ihn mit Schmähungen und Vorwürfen.

      Es СКАЧАТЬ