Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe. Levin Schücking
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Название: Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe

Автор: Levin Schücking

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075838650

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СКАЧАТЬ Bernhard ließ emsig nachfragen, ob sie nicht auch Papiere und Briefschaften bei ihm gefunden, denn er selbst vermochte nicht, es zu untersuchen, weil er krank geworden war. Aber keiner wollte etwas dergleichen gesehen haben; er ließ sie noch einmal die geretteten Sachen durchforschen; nein, es war nichts da.

      Es soll nicht sein, dachte er mit jener Resignation, welche körperliche Schwäche gibt, und ergab sich in die Anfälle der Krankheit, die ihn wochenlang an das Lager fesselte und allen Hausmitteln der Frau Fahrstein Trotz bot.

      »Sie verquacksalbert ihn,« sagte Herr Gerhards mit einem Unwillen, wie ihn nur seine Teilnahme für den Leidenden in ihm hervorbringen konnte; »es würde am besten sein, wenn der gnädige Herr ihn aufs Schloß bringen ließ; ich würde ihn schon kurieren!«

      »Sie?« sagte Frau von Kraneck zweifelnd.

      »Zu dienen, gnädige Frau; ich wollte ihm schon was eingeben: zwei Schoppen alten spanischen Wein und darin eine Handvoll Pfeffer und Ingwer und dies eine Weile durcheinander gekocht –«

      »Das sollte eine Brustentzündung heben?«

      »Jawohl, gnädige Frau, das sollte wohl besser sein, als die Quacksalbereien der alten Margret; der arme Schelm wird sein Lebtage nicht wieder gesund, wenn die an ihm fortdoktert! Aber zwei Schoppen alten Spanischen und darin eine Handvoll –«

      »Herr Gerhards,« sagte Frau von Kraneck zu dem Vikar, der ein außerordentlich wichtiges Gesicht machte, als er sein Hausmittel empfahl, »zum Doktor sind sie verdorben, aber ihr Rat ist ein sehr viel Rücksicht verdienender. – Qu'en pensez vous, mon cher mari?« fuhr sie, zu Herrn von Kraneck gewendet, fort.

      »Ma chère,« versetzte dieser, »ich erwarte die Entschließung Ihres edelmütigen Herzens.«

      Diese Entschließungen erfolgten und der Vikar wurde beauftragt, den Transport des Kranken in das Schloß Hohenkraneck anzuordnen und zu beaufsichtigen. Er führte dies mit einer sehr großen Behutsamkeit und Sorgfalt aus, aber zugleich mit unerbittlicher Härte gegen die Protestationen der Mutter Fahrstein, die sich ihren Sohn nicht nehmen lassen wollte, oder ihm mindestens folgen zu dürfen verlangte, was der Vikar durchaus nicht zugestehen wollte.

      »Aber es handelt sich ja gerade darum, daß er Ihre Latwergen nicht mehr nehmen soll«, sagte Herr Gerhards, indem er ein Töpfchen mit einem solchen Inhalte, das in der Krankenstube auf dem Tische stand, an seine Nase führte. »Das schau einer an,« fuhr er kopfschüttelnd fort, »das soll gegen eine Brustentzündung gut sein! Nein, Frau, ich will Ihr sagen, was gut war, zwei Schoppen alten Spanischen –«

      »Ei was,« sagte Frau Fahrstein heftig, »ich bin ein ebenso guter Doktor wie Er, und will bei meinem Kinde bleiben!«

      Die letztere Behauptung hatte eine Entschiedenheit, die endlich des Vikars Eigensinn wanken machte, und so folgte denn die alte Margret dem Lager ihres Sohnes, das von rüstigen Trägern in das Schloß gebracht wurde. Frau von Kraneck hatte unterdes ein nach der Sonnenseite gelegenes stilles Zimmer mit grünen Gardinen um Bett und Fenster versehen lassen; sie erwartete dort den Kranken und beugte sich, als man ihn niedergelegt hatte, mit forschenden Bücken über sein bleiches Gesicht.

      Während Herr von Kraneck ihm an der anderen Seite des Bettes die Hand schüttelte und allerlei Trostgründe sagte, welche durch ihre Herzlichkeit ersetzten, was ihnen an Neuheit abging, fühlte er einen warmen Tropfen aus den Wimpern der guten Frau auf seine Stirn fallen; sie begann gleich darauf hastig an seinem Kopfkissen zu ziehen, um es ihm bequemer zu legen. Dann machte sie die erschreckende Bemerkung, daß er keine Nachtmütze habe, und eilte hinaus, um dieses unerläßliche Garderobestück aus dem Vorrate ihres Gemahls zu beschaffen; sie kehrte zurück mit einem ganzen Arm voll Leinenzeug und darunter eine Profusion von Stücken, deren eigentliche Bestimmung zu erraten über alle Phantasie des Kranken ging. Herr von Kraneck flüsterte ihm unterdes leise ins Ohr, daß Frau von Kraneck ein wahrer Engel am Krankenbette sei; dann hielten beide eine leise Beratung zusammen, was man zur Erleichterung des siechen Gastes tun könne, ohne erst nach seinen Wünschen zu fragen, da es nicht gut sei, ihn durch Anreden zu belästigen.

      »Was halten Sie von einer Flasche Mandelmilch und einer andern mit Limonade; würde er sie wohl nehmen?« sagte Frau von Kraneck.

      »Ich glaube,« versetzte ihr Gemahl, »Sie werden darin meiner Ansicht sein, daß es nicht schaden könnte, wenn sie bereit ständen, falls er sie wünschen sollte.«

      »Ich verstehe,« sagte lächelnd die Dame; »ich hätte nicht erst fragen sollen.«

      Sie wandte sich zur Tür, um die Bereitung des kühlenden Getränkes anzuordnen, als jene vorsichtig geöffnet wurde und mit einem so selbstzufrieden vergnügten Gesichte, wie es nur das Bewußtsein nahenden Triumphes machen kann, Herr Gerhards über die Schwelle trat, eine dampfende zinnerne Kanne in der Hand. Er ging wie ein Kind, das eine Treppe hinaufsteigt, jedesmal nach einem Schritte pausierend, um ja nichts von dem köstlichen Inhalte zu verschütten. In der Mitte des Zimmers blieb er stehen, schaute zuerst die gnädige Frau, dann Herrn von Kraneck und zuletzt mit einigem Ausdruck herablassenden Mitleids Frau Margret an, die still in einem Armsessel zu Häupten ihres Sohnes hockte, schlug darauf mit einer irdenen Tabakspfeife, die er in der linken Hand hielt, an den Band der Kanne und sagte: »Dies mochte wohl das Allerbeste sein, gnädige Frau; das wird ihm auf die Beine helfen!«

      »Was haben Sie denn da, Herr Vikar?« fragte Frau von Kraneck und langte mit einem Teelöffel in das dampfende Naß.

      »Ich bin auch mal ins Wasser gefallen, Ew. Gnaden, und das hat mich so munter gemacht, als wär' ich ein Fisch gewesen.«

      »Pfui!« rief die Hausfrau, »das brennt wie Feuer!«

      »Gelt?« versetzte Herr Gerhards, sehr zufrieden mit der Kraft seines Trankes; »es ist aber auch vom besten, den Ew. Gnaden im Keller haben: Zwei Schoppen alten Spanischen und eine Handvoll Ingwer und –«

      »Erlauben Sie gütigst, lieber Herr Vikarius«, unterbrach der Gutsherr ihn und nahm die Kanne aus seiner Hand; dann öffnete er das Fenster und goß den ganzen Dekokt in den Baumhof hinunter.

      »Wenn meine Pferde das kalte Fieber bekommen, sollen Sie Doktor werden, Herr Vikar; hier aber lassen Sie Ihren alten Spanischen fort!«

      Herr Gerhards war von der gewaltsamen Handlung seines sonst so sanftmütigen Gutsherrn in einem Grade überrascht, daß er keine Worte finden konnte, um seine Mißbilligung derselben in so entschiedenem Tone auszudrücken, wie er sie innerlich fühlte. Er schüttelte den Kopf, bückte sich, um die Scherben seiner irdenen Pfeife zusammenzulesen, die er aus Schrecken auf den Boden hatte fallen lassen, und sagte: »Ew. Gnaden, so wird ein Kranker nicht gesund, wenn man ihm nichts eingibt; aber ich sage kein Wort mehr.«

      Der Vikar begann in der Tat mit seinem Rate von diesem Augenblicke an zornig hinter dem Berge zu halten. Nur einige Tage später, als er einen Domestiken bedauern hörte, daß kein Maderawein da sei, von dem die gnädige Frau einen Eßlöffel voll verordnet habe, ließ ihn nach heftigem inneren Kampfe seine Teilnahme und Liebe für Bernhard nicht länger untätig bleiben. Er trat um Mittag, als niemand in dem Krankenzimmer war, sachte ein und kam mit einem großen Glase voll Wein an Bernhards Bett.

      »Es fehlt an Madera«, sagte er flüsternd.

      »Nun, Herr Vikar, was haben Sie da?«

      »Das ist ein Schöppchen alten Unkler roten, von anno 1699; ich habe so'n paar Krüglein auf den bittersten Notfall hinter die Gardine gestellt. Trinken Sie, Doktor!«

      »Gott behüte, keinen Tropfen!«

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