Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe. Levin Schücking
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Читать онлайн книгу Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe - Levin Schücking страница 105

Название: Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe

Автор: Levin Schücking

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075838650

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СКАЧАТЬ dicht über den Boden des Blachfeldes und hoch über die Wipfel des Waldes fort. Sie ziehen in großen langen Scharen; es dauert stunden-, es dauert tagelang, bis sie vorübergezogen; es sind böse Geister, Geister, die furchtbare Waffen schwingen, mit denen sie unterdrücken und töten, vernichten und verderben wollen. Sie ziehen aus von Niedergang und stürmen weit, weithin gen Aufgang, immer weiter und weiter in unabsehbare Fernen, die weiß sind von Schnee und rot werden vom Blut, das sie färbt, und von den Flammen, die an ihrem Horizont lodern. Und es werden Schlachten geschlagen und Tausende und Abertausende bedecken die weißen Ebenen, gemordet, zerfleischt, erwürgt und zerrissen. Von der Hand des Rächers getroffen, wie dürre Blätter, die der Sturmwind peitscht, kommen sie zurück; die zahlreich waren wie der Sand am Meere, kommen heim in einzelnen gelichteten Haufen; die auszogen zu vertilgen, fliehen vor den Vertilgern; die stolz waren auf den Sieg, jammern unter den Streichen des Siegers!«

      »Und das siehst du alles in der Flamme vor dir tanzen,« rief hier Mathias aus, indem er die tiefe Stille, welche eingetreten war, mit einem etwas erzwungen lautenden Gelächter zu verscheuchen suchte.

      Aber die wuchtige Faust Heinrichs, des Hammergesellen, legte sich auf seine Schulter und Heinrich flüsterte mit großem Gleichmut aber ebensoviel Bestimmtheit: »Wenn du nicht ruhig bist und still zuhörst, was er reden wird, werf’ ich dich vor die Tür, Schuster!«

      Mathias von Hebborn schien nicht für tätlich zu finden, diese Erklärung als casus belli aufzunehmen; er schwieg gleich den andern.

      »Ich sehe noch mehr,« fuhr der Spielmann fort. »Ich seh’ sie gen Niedergang fliehen, die von der Hand Gottes gezüchtigt sind; sie sind verweht und verschollen, und die Zeit des Friedens kommt, wo der Mensch das Feuer zu seinem Diener macht und es an seinen Webstuhl, an seinen Wagen, an seine Schiffe spannt; wo die Herzen enge werden und die Gewissen weiter als die ausgespannten Flügel des Geiers. Es ist Frieden allüberall; aber in den Menschen ist kein Frieden, und der Satan säet seinen Samen in die Furchen, die der Pflug durch fruchtbare Aecker zieht, da wo jetzt Sand ist und Wald und die weite wilde Heide. Das Unkraut wuchert auf und schießt in Blüte und reift; und der Satan kommt zu ernten, was er gesäet hat, die reife Frucht des Hochmuts, der Empörung und der Habgier; er kommt zur Ernte mit hunderttausend Sicheln, die in den Händen grimmiger Feinde blinken, ihre Mordgewehre und Waffen, Die Enkel der Gezüchtigten haben das Strafgericht Gottes vergessen. In Scharen, zahllos wie die ihrer Väter, kommen sie abermals dahergezogen, die Welt zu unterjochen und den Menschen ihr Gesetz zu bringen; wieder wälzt sich der Westen einher über Berge und Täler und Ströme. Der Rauch und der Staub und der Dampf der Schlacht umhüllt sie: es ist ein grausames Morden und ein Geruch von Blut weithin über das Land; aber nicht weiße Felder färbt das Blut, sondern die grünen Hügellande von Berg und die rote Erde, die zwischen den Flüssen liegt. Drei Tage dauert das Morden, drei Tage lang strömt das Blut und die Bäche treten über, von dem roten Lebenssaft geschwellt, der dahinströmt aus den brechenden Herzen der Tapfern. Wer der Sieger sein wird, ob der Herr wird herrschen auf Erden oder der Dämon, ob der große Adler der Gerechtigkeit oder der Hahn des Hochmuts – wer kann es sagen? Nur der Seher sieht es: er sieht, wie aus den Lüften das rächende Schwert Gideons blitzt, mit dem der Würgengel Asrael aus den Wolken niedersteigt – er sieht, wie die Stolzen fallen und die Lügner gezüchtigt werden, und wie ihre Leiber den Raben zur Sättigung, den Würmern zum Fraß und den Menschen zum Abscheu werden, und wie die Guten auf Erden sich freuen und sich die Hände reichen zum festen Bund der Einheit und auf ihrem Schild erhöhen den starken Monarchen, den großen Kaiser der Zukunft und des Völkerfriedens.« – –

      Der Spielmann schwieg; er sank wie ermattet in sich zusammen, stützte das Kinn auf beide Arme, die er auf seine heraufgezogenen Knie stemmte, und so sah er vor sich hin, als ob er noch immer in die Phantasmagorie versunken sei, die er vor sich entrollt gesehen zu haben behauptete. Hatte er beabsichtigt, auf seine Umgebung einen tiefen Eindruck hervorzubringen, so war ihm dies augenscheinlich gelungen; die Männer sahen sich eine Weile schweigend und mit einem mehr verlegenen als vom Herzen kommenden Lächeln an, das inneres Betroffensein und jenes stille Grauen nicht verdecken konnte, welches jedesmal den Menschen ergreift, wenn eine kühne Prophetenstimme mit dem Tone voller Zuversicht vor seinem Auge die Gestalten und Ereignisse heraufbeschwört, von denen sie behauptet, daß sie aus der fernen Dämmerung der Zukunft drohend auf uns zuschreiten. Sie saßen still umher, die eben noch so lauten und lärmenden Gäste Claus Fettzünslers; man hörte jetzt das Knistern der Flamme, welche den hastig bewegten Schein auf ihre kräftig geschnittenen und ausdrucksvollen Zuge warf, und so die charakteristische Schlußgruppe unserer Erzählung beleuchtete, vor der wir langsam den verhüllenden Vorhang niederrollen lassen.

      Ende

      Die Marketenderin von Köln

       Inhaltsverzeichnis

       Erstes Kapitel Ein Professor und ein Student der Universität Köln

       Zweites Kapitel Was der Student und das junge Mädchen in dem alten Hause entdeckten

       Drittes Kapitel Jungfer Traud

       Viertes Kapitel Ein Opfer der Nemesis

       Fünftes Kapitel Der Reichsfreiherr von Averdonk und sein Schloß Dudenrode

       Sechstes Kapitel Worin dem Studenten Aussichten in die Zukunft eröffnet werden

       Siebentes Kapitel Frau Gebharde und ihr Neffe

       Achtes Kapitel Der Vogt zu Elsen und seine Häuslichkeit

       Neuntes Kapitel Der Reichsvorfechter in sächsischen Landen

       Zehntes Kapitel Unters Militär!

       Elftes Kapitel Enthüllungen. Der Österreicher weicht, der Franzose rückt ein, und der Preuße erfreut sich des Schauspiels

       Zwölftes Kapitel Der neue Jägermeister

       Dreizehntes Kapitel Die Geheimnisse von Schloß Ruppenstein

       Vierzehntes Kapitel Der Fluchtplan

       Fünfzehntes Kapitel Die beiden Retter und eine Katastrophe

       Sechzehntes Kapitel Die Frau ist zu dumm

       Siebzehntes Kapitel Seltsame Reisegefährten und eine seltsame СКАЧАТЬ