Название: Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe
Автор: Levin Schücking
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788075838650
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Der Beamte teilte sehr ausführlich und eifrig Ritterhausen und seiner Tochter mit, welche Wendung die Sache durch die Aussagen des Spielmanns und durch das, was die Gräfin zu ihrer Vervollständigung ausgesagt, genommen. »Ihre Unschuld ist also jetzt klar vor aller Augen,« fuhr er dann fort, »und, Herr Ritterhausen, ich hoffe, Sie sind jetzt auch billig genug, sich zu sagen: wäre Ermanns nicht gewesen, so wäre vielleicht ein anderer gekommen, der sehr viel weniger sich bestrebt hätte, in so freundschaftlicher Weise auszuführen, was ihm die Pflicht gebot.«
»Mag sein, Monsieur Ermanns, obgleich ich die Wölfe in Schafskleidern just nicht denen vorziehe, welche in ihrer echten und eigenen Haut kommen.«
»Sie drücken sich sehr unumwunden aus, Herr Ritterhausen. Allein was soll man da machen? Man muß Ihnen etwas nachsehen, denn Sie sind schwer getränkt worden – nicht von mir – nein, wahrhaftig nicht von mir, sondern von den Umständen und von dem, was diese Umstände gebieterisch von uns erheischten. Glauben Sie mir, es war mir eine traurige Pflicht, welche ich in Ihrem Hause zu erfüllen hatte.«
»Ich habe das nicht eben gemerkt,« fiel Ritterhausen ein, »im Gegenteil, Sie waren dabei stets in sehr gemütlicher Stimmung ...«
»Verstellung, lauter Verstellung, werter Herr!«
»Dem will ich allerdings nicht widersprechen,« bemerkte Ritterhausen bitter. »Sie sind ein Meister darin!«
»Nun, lassen wir die weitere Erörterung dessen, was einmal geschehen. Lassen wir die Sache tot und begraben sein wie den armen Grafen Epaville, den man am heutigen Morgen, wie ich höre, ja sehr feierlich, mit seinen Wappen und kriegerischen Ehren zur Erde bestattet hat.«
»Also wie der Spielmann es vorhergesehen hat!« sagte hier Sibylle halblaut, ohne daß die beiden Männer im Zimmer es beachteten.
»Ich wünschte Ihnen nur,« fuhr Ermanns fort, »daß auch der alte Streit zwischen der Burg und dem Hammer ebenso tot und begraben wäre! Aber leider droht Ihnen von dieser Seite noch eine große Unannehmlichkeit. Die Gemahlin des Ermordeten ist seine Erbin und da sie nichts anderes besitzt als eben die Rheider Burg, so wird sie, fürchte ich, ihre Rechte nicht weniger scharf und rücksichtslos verfolgen, als es ihr Mann zu tun im Begriff stand.«
»Wahrscheinlich!« bemerkte Ritterhausen tonlos.
»Was gedenken Sie zu tun?« fuhr Ermanns fort.
»Vorderhand abzuwarten, was die Gräfin tut.«
Ermanns schüttelte den Kopf. »Ich würde das nicht so machen,« sagte er. »Wenn Sie mich aufforderten, Ihnen einen Rat zu geben, so würde ich Ihnen diesen Rat nicht geben.«
»Und welchen Rat würden Sie erteilen?«
»Ich würde Ihnen raten, Herr Ritterhausen, durch einen energischen Entschluß der ganzen Sache ein für allemal ein Ende zu machen, auch wenn es Ihnen vielleicht ein Opfer kostete. Ich würde dies Opfer um der Ruhe willen und um einen Prozeß zu vermeiden, den Sie höchst wahrscheinlich verlieren würden, bringen. Sie sind ein wohlhabender Mann. Sie können es. Ich würde mir sagen: Was ist da nun zu machen? Nehmen wir die Gelegenheit wahr, wo wir den Hader für immer beendigen können und kaufen der Gräfin die ganze Burg ab.«
Ritterhausens Brauen zogen sich bei diesen Worten dunkel zusammen, als hätte Monsieur Ermanns etwas gesagt, was ihn beleidigte. Und doch war der Hammerbesitzer keineswegs beleidigt. Im Gegenteil, es war ihm außerordentlich erfreulich zu hören, was Ermanns sagte. Aber indem er mit seinen düstern Augen die Mienen des Polizeibeamten fixierte, glaubte er sichere Zeichen zu finden, daß die große Leichtigkeit, womit Ermanns seinen Gedanken als den Einfall des Augenblicks hinwarf, eine affektierte sei; zu gleicher Zeit wurde ihm auch der Grund des Erscheinens des würdigen Beamten klar, welches bis jetzt noch etwas Rätselhaftes für Ritterhausen gehabt hatte. Denn unmöglich konnte Monsieur Ermanns Vergnügen darin finden, einen Mann aufzusuchen, zu dem er solche Beziehungen wie zu ihm gehabt hatte. Ermanns mußte also seine besondern Absichten haben; Ritterhausen durchschaute sie jetzt. Sicherlich, man trug ihm den Kauf der Rheider Burg an. Und darum zog Ritterhausen so düster seine Brauen zusammen – er wollte die Genugtuung verbergen, welche er fühlte.
Sibylle hatte vielleicht ähnliche Betrachtungen angestellt wie ihr Vater. Sie dachte nicht daran, sich wie er zu verstellen. Ein Strahl zuckte über ihr Gesicht wie ein helles Freudenleuchten. Es paßte außerordentlich gut in Ritterhausens Pläne, daß Ermanns sich ihm zuwandte und die Züge des jungen Mädchens nicht beobachtete.
»Vor dem Prozesse fürcht’ ich mich nicht sehr,« antwortete der Hammerbesitzer kaltblütig, »die Gräfin wird auch nicht so eifrig darauf aus sein wie Sie annehmen; Prozesse kosten Geld, und im Anfang namentlich dem, der beginnt!«
»Bei einem so guten Stande ihrer Sache wird die Gräfin die Vorschüsse nicht scheuen!«
»Nun, mag sie denn immerhin,« versetzte Ritterhausen mit demselben Gleichmut und schwieg eine Weile; dann sagte er: »Geben Sie mir lieber einen andern Rat, Monsieur Ermanns, da Sie doch die Gräfin kennen. Sehen Sie, ich sehne mich fort von hier, wo ich so schmerzliche Erfahrungen gemacht habe; wo ich nicht zum Fenster hinausblicken und die alte Burg da oben setzen kann, ohne daß eine Fülle bitterer und zorniger Gedanken über mich strömt. Ich will den Hammer der Gräfin friedlich und ohne Rechtsstreit lassen, wenn dieselbe so billig ist, mir eine ansehnliche runde Summe auszuzahlen, als Entschädigung für die namhaften und großen Verbesserungen, die ich an dem Hammer angebracht habe.«
Monsieur Ermanns horchte bei dieser Rede Ritterhausens hoch auf. Die Schlauheit des Hammerbesitzers brachte ihn vollständig aus dem Konzepte. Statt den letztern eifrig auf den hingeworfenen Gedanken eines Kaufs eingehen zu sehen, mußte er erleben, daß sich der Speer umkehrte – er mußte nun also förmlich den Kauf antragen, wenn er den Auftrag der Gräfin ausführen wollte.
»Nun möchte ich Sie um Ihren Rat bitten,« fuhr Ritterhausen fort, »auf welchem Wege ich am zweckmäßigsten meine Absichten der Gräfin kundtue.«
»Ich bin gern bereit, mit ihr darüber zu reden,« versetzte Ermanns etwas zögernd, »aber ich muß Ihnen gestehen, daß ich Ihren Plan nicht billige. Die Gräfin wird Ihnen nicht mehr Entschädigung geben, als sie gesetzlich verpflichtet ist, und ich fürchte, daß Sie dabei einen ganz enormen Schaden haben würden!«
»Auf Schaden bin ich gefaßt,« erwiderte Ritterhausen. »Ich will ihn tragen, wenn ich nur fortkomme von hier!«
»Auf einen Kauf also würden Sie nicht eingehen,« sagte Ermanns kleinlaut.
Der Hammerbesitzer zuckte die Achseln.
»Gewiß nur dann,« nahm hier Sibylle, die sich nicht mehr zurückhalten konnte, das Wort, »wenn der Kauf unter sehr günstigen Bedingungen geboten würde.«
»Was nennen Sie günstige Bedingungen?« fragte Ermanns, sich Sibyllen zuwendend. »Die Burg mit Inbegriff des Hammers ist 200 000 Frank wert.«
»Ich denke, die Summe ist nicht viel zu hoch gegriffen,« erwiderte Ritterhausen. »Allein, wenn die Gräfin das Ganze zum Verkauf aussetzen läßt, gibt niemand in der Welt 200 000 Frank für eine Besitzung, von der ein sehr bedeutender Bestandteil doch noch in den Händen Ritterhausens ist und erst durch einen mißlichen Prozeß ihm abgerungen werden müßte!«
»Ja, was ist СКАЧАТЬ