Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe. Levin Schücking
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Название: Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe

Автор: Levin Schücking

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075838650

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СКАЧАТЬ mißverstehen Sie mich nicht – es handelt sich durchaus nicht um einen Antrag der Art,« rief hier der Hammerbesitzer aus. »Mein Antrag lautet auf friedliche Einräumung des Hammers an die Gutsherrschaft, gegen eine Entschädigungssumme von etwa 30 000 Frank für aufgewendete Verbesserungen!«

      Ermanns schüttelte den Kopf. »Ich will Ihnen sagen, welches die einzige Art ist, wie Sie eine solche Entschädigung erhalten werden,« sagte er mit seinem Lächeln. »Bieten Sie der Gräfin 200 000 Frank für ihre ganze Gutssubstanz; ziehen Sie davon Ihre 30 000 Frank ab und zahlen Sie ihr 170 000 Frank aus. Ich glaube, sie würde einwilligen!«

      »Ich würde ihr schwerlich 150 000 Frank zahlen,« bemerkte Ritterhausen nach einer Pause.

      »Ich kann der Gräfin zu einem solchen Handel nicht raten,« entgegnete Ermanns.

      »Das verlange ich ja auch in keiner Weise,« fiel Ritterhausen lächelnd ein. »Raten Sie ihr zum Vergleich mit mir!«

      »Ich will mich erst genauer bei Sachverständigen nach dem Werte der Besitzung erkundigen,« versetzte der Beamte, »und dann werden wir weiter davon reden; die Gräfin wird tun, was sie als Vormünderin ihres Sohnes nur irgend tun und verantworten kann!«

      Ermanns erhob sich und nahm Abschied mit dem Versprechen, am folgenden Tage zurückzukehren. Als er fort war, sprang Sibylle auf und, Freudentränen im Auge, umarmte sie ihren Vater.

      »O, nun wird alles, alles gut!« sagte sie.

      »Ich hoffe es,« versetzte Ritterhausen mit zufriedenem Kopfnicken ... »ich hoffe, der Augenblick ist da, für den du seit Jahren dich bemüht, gesorgt, gespart und gesammelt hast ... der Augenblick, wo ... ich Herr werde auf dieser Rheider Burg!«

      »Sie, Vater?« sagte Sibylle leis, ihr lockiges Haupt auf die Schulter Ritterhausens legend und ihm mit ihren feuchten Blicken ins Auge schauend.

      »Nun ja, ich oder du, wie du willst,« versetzte Ritterhausen, sie freundlich anlächelnd ... »oder gar ein anderer ...«

      Sie legte ihre beiden Hände an seine Schläfen, und so seinen Kopf erfassend küßte sie ihn auf die Stirn.

      »Wir reden davon ein andermal,« sagte sie leise ... »wenn erst Ermann zurück ist, wenn die Burg erst unser ... wenn der Kaufbrief schwarz auf weiß vor mir liegt ... denn eher kann ich ja an mein Glück noch gar nicht glauben!«

      »Das wird nicht lange dauern, mein Kind,« versetzte der Hammerbesitzer, »und dann tu’, was du willst!«

      Und es dauerte in der Tat nicht lange; am folgenden Tage kam Ermanns zurück, einen von der Gräfin unterschriebenen Entwurf des Kaufvertrags in der Tasche

      Sechzehntes Kapitel

       Eine nächtliche Fahrt

       Inhaltsverzeichnis

      Unterdes saß Richard von Huckarde in seiner Strafhaft. Er hatte um die Mittagszeit den Gefangenwärter gebeten, ihn in den allgemeinen Saal zurückzubringen, da er noch einmal den Spielmann zu sprechen wünsche; aber er hatte zur Antwort erhalten, daß der Spielmann am frühesten Morgen eine lange Vernehmung vor dem Untersuchungsrichter und dem Herrn Ermanns habe bestehen müssen, und daß er sodann einen Gendarmeriebrigadier nach der roten Scheuer zu führen gehabt habe. Spielberend kehrte auch nicht wieder in das Polizeigefängnis zurück. Es schien, man hatte ihn entlassen.

      Am folgenden Tage erhielt Richard Sibyllens Brief. Sie teilte ihm mit, daß ihr Vater und sie selbst außer Verfolgung gesetzt, sie dankte ihm in den wärmsten Herzensergüssen für die heroische Aufopferung, zu welcher er entschlossen gewesen. Dieser Brief Sibyllens, obwohl er in Richards persönlicher Lage nichts änderte, obwohl er keinerlei Lichtstrahl in das Dunkel seiner Zukunft warf, erfüllte ihn doch mit einer Freude, welche ihm den unaussprechlich trägen Gang der Stunden während der nächsten Tage erträglich machte. Aber freilich, allmählich kehrte die Schwermut, die ihn erfüllte, zurück; er hatte, wie wir schon erzählten, ja schon am ersten andern Morgen nach seiner Ankunft von seinem rechtskundigen Freunde erfahren, daß für ihn keine Aussicht da sei, das geringste von seinem Erbe wieder zu erlangen. Bei den neuen Gewalthabern im Lande hatte er sich keine Gunst erworben – sonst wäre er nicht in diesem Aufenthalte gewesen; und so war es die Frage, ob sie ihn, der seine Bürgerrechte im Vaterlande durch seine Auswanderung aufgegeben, den heimatlosen und besitzlosen Mann, nur überhaupt nach seiner Freilassung hier noch dulden und nicht über die Grenze weisen würden. Er mußte ihnen jedenfalls lästig sein!

      Sollte Richard für einen solchen Fall noch einmal die Vermittlung der Gräfin von Epaville anrufen? Er ging mit sich zu Rate darüber. Konnte er es? Mußte nicht gerade ihr, der jetzigen Eigentümerin der Rheider Burg, sein Dasein, sein bleibender Aufenthalt im Lande am meisten unerwünscht und lästig sein?

      Sieben Tage der Haft waren endlich vorübergegangen. Der achte kam: Der Gefangenwärter teilte Richard mit, daß er um dieselbe Stunde am Abende entlassen werde, um welche er eingeliefert sei. »Man wird kommen, Sie abzuholen,« setzte der Mann hinzu.

      »Wer wird kommen?« fragte Richard.

      »Ich weiß es nicht, Einer von den Herren von der Polizei, denke ich. Ich habe den Befehl, Sie nicht zu entlassen, bis man Sie abzuholen kommt.«

      Diese Ankündigung war nicht geeignet, Richard zu beruhigen. Sein Herz schlug um so gespannter der Stunde der Freiheit entgegen. Der Nachmittag kam, die Dämmerung nahte – da hörte er hastige Schritte auf dem Korridor vor seiner Zelle. Die Tür öffnete sich und herein trat mit dem Wärter Monsieur Ermanns.

      Monsieur Ermanns war äußerst höflich, äußerst gemütlich. Er hatte sich nicht versagen wollen, Richard selbst seiner Haft zu entledigen, die er ihm zu seinem größten Bedauern auferlegt hatte, nur um einem höhern Befehl zu gehorchen, Er bedauerte sehr, daß er ihn nicht jetzt sogleich auch von seiner polizeilichen Gegenwart befreien könne. »Allein,« schloß er, »was ist da zu machen? Es ist eben auch ein höherer Befehl!«

      »Wie soll ich das verstehen,« fragte Richard, »Sie werden mich begleiten?«

      »Dahin lautet mein Auftrag, Herr von Huckarde; so groß die Ehre ist, welche mir dadurch wird, so lebhaft ist mein Bedauern, daß Sie währenddes sich des vollen Gebrauchs Ihrer Freiheit noch beraubt fühlen müssen!«

      »Und wohin begleiten Sie mich? Wohin bringt man mich? Will man mich hier nicht dulden und werde ich wie ein Vagabund zum Lande hinaustransportiert?«

      »Ich bitte Sie, nehmen Sie es nicht so auf, Herr von Huckarde. Ich muß Ihnen allerdings gestehen, daß mein Auftrag lautet, Sie von hier fortzubringen ...«

      »In Nacht und Nebel hinaus?«

      Ermanns zuckte die Achseln.

      »Wir werden einen Wagen haben,« sagte er beschwichtigend, »Sie werden in einer guten Postchaise fortgebracht. Gefangenwärter, tragen Sie den Koffer des Herrn in Wagen.«

      Der Gefangenwärter gehorchte und Ermanns bat Richard, dem Manne zu folgen. Er trieb die Höflichkeit so weit, mit einer tiefen Verbeugung anzudeuten, daß er Richard den Vortritt lasse. An der äußern Tür des Gefängnisses stand ein Gendarm, der Richard in den bereit stehenden Wagen hob. Ermanns stieg nach ihm ein und setzte sich neben ihn. Der Postillon trieb seine Pferde an, und bald rollte der Wagen im gestrecktesten Trab durch die Straßen der Stadt dahin. СКАЧАТЬ