Gesammelte Werke. Ricarda Huch
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

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isbn: 4064066388829

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СКАЧАТЬ Hille Feiken, kam zur Zeit des Münsterschen Aufruhrs in das Lager des Bischofs, um wie Judith erst zu verführen, dann zu töten; stolz und unbeugsam ertrug sie die Qualen, die ihr angetan wurden. Frauen lasen die Bibel weniger wie die Männer, die sich mit dem Auslegen schwer verständlicher Stellen abgaben, sondern um sich von dem Strom des Glaubens durchrauschen und erschüttern zu lassen.

      Die damaligen Umstände brachten es mit sich, daß die meisten Reformatoren früh heirateten; denn das war nicht nur eine persönliche Angelegenheit, sondern eine grundsätzliche Kundgebung gegen die Altgläubigen. Manche von ihnen, wie zum Beispiel Martin Butzer und sein Freund Fazius, waren im Anfang ihrer Laufbahn stellenlos und mittellos. Die außerordentliche Sparsamkeit, zu der sie gezwungen waren, belastete am meisten die Frau, die mit den geringsten Mitteln einen Haushalt führen und Kinder aufziehen sollte. Besserte sich die Stellung des Mannes, wurde ihre Aufgabe nicht leichter. Die Reformatoren, die, wie Zwingli es ausdrückt, eine Art Tribunen sein sollten neben den Stadträten oder neben den Fürsten, waren in verantwortungsvoller und ausgesetzter Lage. Sie waren Botschafter der göttlichen Majestät und hatten als Vertreter einer solchen Macht großes Ansehn aber auch schwere Pflichten. Männer, wie Luther oder wie Martin Butzer in Straßburg, machten ein großes Haus, hatten viel Gäste, darunter Vertriebene, die unterstützt werden mußten. Nach Straßburg flohen viel Franzosen, besonders seit die hugenottische Bewegung zunahm; wenn es möglich war, beschäftigte sie der Rat, einstweilen nahmen die Geistlichen auf, soviel sie konnten. Luthers Familie war dauernd durch Flüchtlinge, Schützlinge, Freunde vermehrt. Die Frau mußte dafür aufkommen, daß alle behaust und bewirtet wurden. Daneben wurden sie zu den sozialen Einrichtungen herangezogen, die die Stadträte unter dem Einfluß der Reformation ins Leben riefen. Aus übriggebliebenen Briefen geht hervor, daß sie ein erwünschtes Element der regen Geselligkeit waren, die die Häuser der Reformation belebte. In jener erregten Zeit, wo täglich Neues, Bedrohliches oder Günstiges sich begab, erhofft oder gefürchtet wurde, kamen die Menschen gern zusammen und beredeten ihre Interessen. Wenn Seuchen ausbrachen, was nicht selten der Fall war, durften die Pfarrer nicht fliehen, sondern sie blieben, predigten und trösteten; den Frauen fiel die Pflege der Kranken zu. Von den vielen Kindern, die sie zur Welt gebracht, gepflegt und erzogen hatten, starben fast immer einige. Das war so, es mußte erlitten werden; aber es wird sich schmerzhaft, oft vielleicht unheilbar in die Seele der Mutter eingegraben haben, wenn sie es auch verschwieg. Im Jahre 1531 starb, allgemein betrauert, der Baseler Reformator Oekolampad und gleichzeitig die Frau seines Herzensfreundes Wolfgang Capito in Straßburg. Die Freunde waren in Sorge, wie Capito, der ohnehin zu Schwermut neigte, den doppelten Verlust ertragen würde. Martin Butzer, der keinen Ledigen, Mann oder Frau, sehen konnte, ohne ihn zur Heirat zu überreden, glaubte, daß nur eine Frau die Wunde heilen könne, und wandte sich vorsichtig an die Schwester des Ambrosius Blaurer, des Reformators von Konstanz. Daß diese, wie es scheint eine ebenso kluge wie durch weiblichen Reiz anziehende Frau, unverheiratet war, beunruhigte Butzer ohnehin; aber sie leitete eine Diakonissinnenanstalt und wollte das sowenig aufgeben wie ihre Studien, besonders das der Heiligen Schrift. Bei der Witwe Oekolampads jedoch, Wiltrudis Rosenblatt, einer Patrizierin, fand Butzer Gehör: sie wurde Capitos zweite Frau. Zehn Jahre später raffte eine Pest in Straßburg wieder einen Mann und eine Frau aus dem Kreise der Reformatoren hin, Capito und Butzers Frau. Butzer verlor außerdem drei Kinder. Es ergab sich wohl von selbst, daß die beiden Verwitweten sich heirateten. Butzer war damals 50 Jahre alt, ein Mann von schöner Erscheinung; sie, der zwei Männer durch eine Seuche entrissen waren, stellt man sich gern als ein holdes, warmes Geschöpf vor, das sich bereitwillig immer wieder dem so schönen und reichen Leben hingab. Sie brachte Töchter aus zwei Ehen mit, denen Butzer ein treuer, zärtlicher Vater war, froh, sein Talent, Ehen zu stiften, an ihnen ausüben zu können.

      Luthers Frau, Katharine von Bora, scheint nicht eben schön gewesen zu sein; aber ein Zug von Humor, den auf einem ihrer Bilder der Freund des Hauses, Lukas Cranach, festgehalten hat, spricht an und lockt an, als finde man da einen Freund, dessen täglicher Umgang wohltue. In allen Briefen Luthers fühlt man, wie dieser Humor auf beiden Seiten die eheliche Beziehung, die so oft durch den Zwang des allzu nahen, allzu häufigen Beieinanderseins leidet, wie Sonnenschein oder Räucherwerk entgiftete und entbitterte. Sie war eine praktische Natur, umsichtig und tätig, wie sie das in dem großen Haushalt und bei der großartigen Unbekümmertheit ihres Mannes wohl gebrauchen konnte. Luther machte ihr einmal Versprechungen, wenn sie in einem bestimmten Zeitraum die ganze Bibel durchläse; hat sie es getan, so gewiß nicht zum Vergnügen. Daß die Innigkeit des Verhältnisses mit den Jahren zunahm, ehrt beide. In seinem Testament hat Luther mit ergreifenden Worten bezeugt, mit welcher Hingebung sie ihm gedient habe; wie verwöhnte Männer zu tun pflegen, stellte er sie in seinen Briefen gern als seine Tyrannin hin. Es war eine Tyrannei, bei der er sich wohl fühlte und die ihn entlastete, weil die Frau ihm in praktischen Dingen überlegen war.

      Eine sehr anziehende, durch die Unmittelbarkeit ihres Empfindens und Urteilens ausgezeichnete Frau war eine andere Katharina, Gattin des Mathaeus Zell, der nicht der bedeutendste, aber der volkstümlichste Pfarrer Straßburgs war. Beide stimmten darin überein, daß sie sich wenig für die theologischen Streitfragen interessierten, die die protestantische Welt auseinanderrissen, sondern durch hilfreiche Nächstenliebe ihr Christentum bewiesen. Sie waren dadurch geeignet, für gewisse Seiten des Täufertums Verständnis zu haben, wirkten überhaupt der Verfolgungssucht entgegen und nahmen sich Verfolgter an. Selten betätigten sich Frauen schriftstellerisch und agitatorisch wie die bekannte Argula von Staufen, die mit zehn Jahren, lange vor Luthers Auftreten, die Bibel gelesen hatte und im Jahre 1524 sich für einen jungen Magister einsetzte, der wegen seines evangelischen Bekenntnisses von der Universität Ingolstadt zum Widerruf und Einsperrung in ein Kloster verurteilt war. Ursula Weydin, Schöffin zu Eisenberg, verfaßte eine Streitschrift in evangelischem Sinne gegen das Buch eines Abtes von Pegau.

      Dadurch, daß die Natur das Los der Frau weitgehend bestimmt, ist das der fürstlichen Frau von dem der bürgerlichen in vielen Dingen nicht wesentlich verschieden, und war es besonders damals nicht: hingen sie doch alle von der Willkür des Mannes ab, litten sie doch alle gleich durch Geburt und Verlust von Kindern, durch die Gebrechlichkeit ihres Körpers, der ärztliche Kunst noch so wenig zu Hilfe kam. Durch Zurücksetzung oder gar Anfeindung von seiten des Mannes hatten fürstliche Frauen oft viel zu leiden; doch gab es auch solche, die auf dem Gebiete freier Liebesbeziehungen sehr ausgelassen waren. Als eine solche galt Elisabeth von Rochlitz, die früh Witwe wurde. Sie führte einen regen Briefwechsel nach allen Seiten, hatte immer viele Fäden in der Hand und fühlte sich desto wohler, je wirrer und toller es in der Welt zuging. Ihre Mutter war die schöne, kluge und tatkräftige Landgräfin Anna von Hessen, die als Witwe und Vormünderin ihres Sohnes Philipp mit bewunderungswertem diplomatischem Geschick zwischen den unbotmäßigen Ständen und den sächsischen Nachbarn die Herrschaft behauptete. Wie sie die verschiedenen Anführer der ständischen Bewegung gegeneinander ausspielte, wie sie die Feindschaft der sächsischen Vettern benutzte, dann wieder den Kaiser umgarnte und ins Spiel mischte, auch kriegerischen Zusammenstoß nicht scheute, bewies eine außergewöhnliche Selbstbeherrschung und Überlegenheit. Es hat etwas Tragisches, wie die selbständige, kühne Frau an dem allgemeinen weiblichen Schicksal zugrunde ging: nachdem sie sich, wie man ihr nachsagte, manche Freiheit gestattet hatte, heiratete sie, augenscheinlich aus Liebe, einen beträchtlich jüngeren Grafen von Solms, entfremdete sich dadurch ihren Sohn und mußte sich wegen der Mißheirat Zurücksetzungen gefallen lassen, die ihren Stolz verletzten. Nach dem frühen Tod ihres Mannes lebte sie noch einige Jahre ganz zurückgezogen, gebrochen in ihrem freudigen Tatendrange. Ihr strahlendes zuversichtliches Wesen ist auf Philipp, ihren Sohn, übergegangen. Erst die Krankheit, dann der Tod des Gatten waren es, die Anna von Hessen Raum zur Entfaltung ihrer Persönlichkeit gaben. Häufiger mußten die Frauen sich behutsam dem rücksichtslosen Sichgehenlassen meist trunkliebender Männer anpassen und um ihre Würde, wohl gar um ihr Leben besorgt sein, wenn eine andere ihnen vorgezogen wurde. So flüchtete die bayrische Prinzessin Sabine vor dem Herzog Ulrich von Württemberg, der sich in die Frau des Hans von Hutten verliebt hatte, und Elisabeth von Brandenburg vor dem Kurfürsten Joachim, der eine Geliebte hatte und ihr außerdem wegen ihres Übertritts zum Luthertum zürnte. Oft hatten sich die jungen Prinzen nur widerwillig zu einer dem Vater vorteilhaft erscheinenden Ehe bequemt und begegneten der aufgezwungenen Gattin von vornherein СКАЧАТЬ