Einigkeit und Recht und Freiheit. Jörg Koch
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Einigkeit und Recht und Freiheit - Jörg Koch страница 5

Название: Einigkeit und Recht und Freiheit

Автор: Jörg Koch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9783170401860

isbn:

СКАЧАТЬ Adolf Hitler (1889–1945) erinnerte sich rückblickend an die »Wacht am Rhein«, als er im Herbst 1914 mit dem Truppenzug auf dem Weg zum »beginnenden Heldenkampf« an der Westfront durch Bingen kam und die »Germania« erblickte:7

      »Und so kam endlich der Tag, an dem wir München verließen, um anzutreten zur Erfüllung unserer Pflicht. Zum ersten Male sah ich so den Rhein, als wir an seinen stillen Wellen entlang dem Westen entgegenfuhren, um ihn, den deutschen Strom der Ströme zu schirmen vor der Habgier des alten Feindes. Als durch den zarten Schleier des Frühnebels die milden Strahlen der ersten Sonne das Niederwalddenkmal auf uns herabschimmern ließen, da brauste aus dem endlos langen Transportzuge die alte Wacht am Rhein in den Morgenhimmel hinaus, und mir wollte die Brust zu eng werden.«

      Rund 25 Jahre später, zu Beginn des Westfeldzugs (Mai 1940), leitete der Großdeutsche Rundfunk die Sondermeldungen über die militärischen Erfolge der Wehrmacht in Frankreich mit der charakteristischen »Frankreichfanfare« ein; die ersten acht Töne entsprachen der »Wacht am Rhein«. Ein Jahr später trat an ihre Stelle die »Russlandfanfare«. Doch ganz ausgedient hatte der bekannte Titel nicht; im Dezember 1944 verwendete die Wehrmacht die vier eingängigen Wörter als Decknamen für die Ardennenoffensive.

      Sogar in dem US-amerikanischen Filmklassiker »Casablanca« (1942) mit Humphrey Bogart (1899–1957) und Ingrid Bergman (1915–1982) ist das Lied zu hören: Nachdem die deutschen Offiziere in »Ricks Bar« die »Wacht am Rhein« angestimmt haben, animiert der Protagonist die Kapelle dazu, die Marseillaise zu spielen. Die anderen Gäste stimmen ein und übertönen die »Wacht am Rhein« voller Enthusiasmus. Bei dieser direkten Gegenüberstellung merkt man, wie sich beide marschartigen Melodien ähneln. Auch in anderen Literaturverfilmungen, die im Kaiserreich angesiedelt sind, ist das Lied auszugsweise zu vernehmen, etwa in »Im Westen nichts Neues« (1930, 1979) nach dem Roman von Erich Maria Remarque (1898–1970) oder in der Serie »Berlin Alexanderplatz« (1980) von Rainer Werner Fassbinder (1945–1982). Ferner gehört es zur bemerkenswerten musikalischen Untermalung der Schlussszene des Films »Der Untertan« (DDR, 1951): Bei Enthüllung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals im Sturm und Gewitterregen erklingen Melodiefetzen der »Wacht am Rhein«, des »Horst-Wessel-Liedes« und der Sondermeldungsfanfare des Großdeutschen Rundfunks; damit blickt die Szenerie – im Gegensatz zur Romanvorlage von Heinrich Mann (1871–1950) – auch auf den Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg.

      »Wie sich die Zeiten ändern! Wenn heute vom Rhein die Rede ist, denkt jeder sofort an Chlorbenzol und tote Fische. Vor hundertfünfzig Jahren sang das deutsche Volk mit dem Bonner Geschichtsschreiber Nikolaus Becker ›Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein!‹ Sie – das war nicht die chemische Industrie, das waren die Franzosen. Auf dem Wiener Kongress hatte Frankreich seine linksrheinischen Eroberungen herausgeben müssen. Wirklich abgefunden mit dem Verlust hatte es sich jedoch nicht. 1840, nach einer schweren diplomatischen Schlappe im Nahen Osten, suchte Premierminister Thiers die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit abzulenken. Er verlangte die Rheingrenze und war bereit, dafür in den Krieg zu ziehen. Zwar blitzte er bei seinem friedfertigen König Louis Philippe ab und musste zurücktreten. Aber das Unglück war geschehen: Die alte Wunde begann wieder zu bluten.

      Während die Pariser Presse in schrillen Tönen nach einer Revision des schmachvollen Friedens schrie, machten sich in Deutschland die Dichter ans Werk. Eine unvorstellbare Massenproduktion vaterländischer Lyrik setzte ein. Beckers Rheinlied war nur das bekannteste; es wurde nicht weniger als hundertmal in Musik gesetzt. Der Germanistik-Professor Hoffmann von Fallersleben unterlegte der alten Kaiserhymne einen neuen Text – das Deutschlandlied. Derweil beschloss man in Köln, am Dom – dem Symbol der unvollendeten deutschen Einheit – die im Mittelalter unterbrochenen Bauarbeiten wiederaufzunehmen. Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. legte den Grundstein und hielt dabei eine antifranzösische Rede.

      In diesem überhitzten Klima wollte auch der schwäbische Hütteningenieur Max Schneckenburger nicht zurückstehen. In einer Eisengießerei im fernen Bern küsste ihn die patriotische Muse. Er griff zur Feder und brachte ›Die Wacht am Rhein‹ zu Papier […].

      Im Krieg 1870/71 stieg ›Die Wacht am Rhein‹ zur inoffiziellen deutschen Nationalhymne auf und blieb es bis zum Ende des Kaiserreichs. Sie zur offiziellen deutschen Nationalhymne zu erheben, zögerte der Berliner Hof, da – wie ›Meyers Großes Konversationslexikon‹ von 1908 feinsinnig anmerkt – ›dieselbe wegen ihrer antifranzösischen Spitze nicht bedingungslos für die internationale Repräsentation geeignet‹ schien. Mit dem amtlichen Liedgut hatten die Deutschen, wie man sieht, schon damals ihre Not […]«.

      3

      Das Lied der Deutschen« – Inhalt und Bedeutung

      Deutschland, Deutschland über alles,

      Über alles in der Welt,

      Wenn es stets zu Schutz und Trutze

      Brüderlich zusammenhält;

      Von der Maas bis an die Memel,

      Von der Etsch bis an den Belt:

      Deutschland, Deutschland über alles,

      Über alles in der Welt!

      Deutsche Frauen, deutsche Treue,

      Deutscher Wein und deutscher Sang

      Sollen in der Welt behalten

      Ihren alten schönen Klang,

      Uns zu edler Tat begeistern

      Unser СКАЧАТЬ