Schutzpatrone. Rudolf Trink
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Название: Schutzpatrone

Автор: Rudolf Trink

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783960743026

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СКАЧАТЬ den Rücken, nur ganz leicht, um sie nicht in ihrer Kontemplation zu stören. Als Reaktion auf seine behutsame Berührung schwoll ihr Schnurren für kurze Zeit ganz leicht an, um dann sofort wieder zur Ausgangslage zurückzukehren. Ob das als Zeichen der Zufriedenheit oder als kleine Warnung zu deuten war, ließ sich nicht sagen. Wahrscheinlich beides.

      Die Protokolle hatten für Rumpler kaum neue Erkenntnisse über die Mordserie gebracht. Zwar enthielten sie ausführliche Beschreibungen der Obduktionsergebnisse, die aber kaum Abweichungen voneinander zeigten. Jedes Mal waren die Obdachlosen zunächst mit einem Elektroschocker außer Gefecht gesetzt worden und anschließend mit einem Holzprügel, vielleicht einem Baseballschläger, mit unglaublicher Brutalität erschlagen worden. Nach den Umständen der Fälle und dem Ausmaß der angewendeten Gewalt ging die Polizei von einem ziemlich kräftigen Mann als Täter aus. Ein ersichtliches Motiv fehlte und Zeugen gab es auch keine. Auch die bei den Mordopfern gefundenen DNA-Spuren erbrachten nichts, zum einen, weil es sich um ziemlich viele verschiedene DNA-Spuren handelte, zum anderen, weil es in der Mordserie keine DNA-Proben mit identem Code gab, die man dem unbekannten Täter hätte zuordnen können. Der Mörder war wohl sehr auf der Hut und trug mit großer Wahrscheinlichkeit Handschuhe.

      Rumpler beschloss, auch die Zeitungsmeldungen zu der Mordserie zu studieren, und machte sich mithilfe seines Laptops auf die Suche. Der erste Mord war an einem Samstag am frühen Morgen entdeckt worden und laut Obduktionsbericht am Abend davor erfolgt, der nächste ebenfalls in der Abenddämmerung am darauf folgenden Montag. Der dritte Mord, jener am Totenvogel, war eine Woche später geschehen. Rumpler war über die sehr kurze Abfolge der Morde verblüfft. Gerade bei Serienmördern war es nach seiner Erfahrung häufig so, dass nach dem ersten Mord eine längere Pause folgte und sich erst mit der Zeit der Abstand zwischen den jeweiligen Morden verringerte. Hier war es umgekehrt. Interessant.

      Rumpler zeichnete eine Zeitlinie in sein Moleskinbuch und markierte die Morde mit kräftigen Querstrichen. Beim Überfliegen der Nachrichten im Chronikteil der Zeitungen hielt er plötzlich inne. Irgendetwas hatte seine Aufmerksamkeit geweckt. Rumpler scrollte zurück und sah stirnrunzelnd die Meldung Junge Frau spurlos verschwunden. Der Artikel war an einem Dienstag, unmittelbar nach den Berichten über den zweiten Mord, erschienen. Das zugehörige Foto zeigte eine ausgesprochen hübsche junge Frau mit blasser Hautfarbe, einem vollen, sensiblen Mund, ausdrucksstarken Augen und fülligem blondem Haar, eine gewisse Anita Tolser. Aus dem Text war ersichtlich, dass sich der Freund der jungen Frau am Wochenende Sorgen gemacht hatte, weil er sie telefonisch nicht erreichen konnte und daher die Polizei kontaktiert hatte. Am folgenden Montag war es Arbeitskollegen von Anita Tolser ebenso ergangen und die Polizei startete ihre für Vermisste vorgesehenen Ermittlungsroutinen, allerdings ohne Erfolg. Die Tatsache, dass sich das Mobiltelefon der jungen Frau nicht orten ließ und zudem ihre Papiere, vor allem der Reisepass, in ihrer Wohnung gefunden wurden, ließen eher ein Verbrechen befürchten, als ein absichtliches Untertauchen. Jedenfalls blieb Anita Tolser spurlos verschwunden. Weder ihr aktueller Freund noch ihr Ex-Freund hatten zur Aufklärung ihres Verschwindens irgendetwas beitragen können. Die Zeitungen nutzten diesen Fall gleich für einen umfassenden Artikel über in Österreich spurlos verschwundene Personen, aber das war es dann auch schon.

      Der dritte Mord im Obdachlosenmilieu, noch dazu am Totenvogel, war natürlich eine Sensation und verdrängte daher Anita Tolser aus den Zeitungen.

      Rumpler griff zum Telefon und rief Moser an, der sich, wie gewohnt, sofort meldete. „Moser hier.“

      „Hallo Stinker. Ich hätt gern eure Unterlagen zu der jungen Frau, die vor ungefähr zwei Wochen verschwunden ist, der Anita Tolser.“

      „Das hat aber wirklich gar nichts mit den Obdachlosenmorden zu tun. Wir haben das schon genau abgeklärt.“

      „Hab ich mir eh gedacht. Ich würds mir trotzdem gern anschauen.“

      Moser seufzte resignierend. „Ist gut. Hast morgen früh Zeit für ein Frühstück im Café Rathaus? Dann bring ichs dir mit.“

      „Passt neun Uhr für dich?“

      „Bestens. Bis morgen.“

      „Bis morgen, Stinker.“

      *

      6.

      Am nächsten Morgen war Rumpler schon etwas früher ins Café Rathaus gekommen und zu seiner Freude war der angestammte Platz, den Moser und er während seiner Aktivzeit meistens benutzt hatten, frei, was er als gutes Omen nahm. Der Tisch stand in einer Fensternische, wobei der unter dem Fenster platzierte Heizkörper mit einem Messinggitter verkleidet war, das von den darauf abgestützten Ellbogen der Besucher sowohl spiegelnd blank poliert als auch etwas durchgebogen war. Während Rumpler noch darüber sinnierte, wie viel dieser über die Jahre immer deutlicheren Veränderung wohl auf sein und Mosers Einwirken zurückzuführen war, traf dieser ein, wie üblich mit seiner speckigen Aktentasche versehen, die er gleich nach der Begrüßung öffnete und ihr einen ziemlich dicken Packen Unterlagen entnahm, den er vor Rumpler hinlegte. „Das ist alles, was wir zur Tolser haben. Viel Lärm um nichts. Wirst sehen, das bringt nichts.“

      „Danke, Stinker. Kennst mich eh. Ich muss mir alles selber anschauen.“

      „Passt schon. Bist beim Rudi Schätter weiterkommen?“

      „Nicht wirklich. Ich hab ihn besucht, er hat sich drüber gfreut, aber sagen hat er mir nichts können. Er ist ganz in seiner Kasperlwelt drin mit Greteln, Seppeln und Großmuttis. Du bist wahrscheinlich auch ein Seppel, so wie ich.“

      Moser verdrehte die Augen und grunzte etwas Unverständliches. „Und was machst jetzt weiter?“

      „Ich bleib einfach dran und werd ihn wieder besuchen. Schau ma mal. Wenn er wirklich was weiß, wird’s nicht leicht, das aus ihm herauszukriegen.“

      „Wenns einer schafft, dann du“, meinte Moser, der Rumplers legendäre Geduld und Ausdauer bei ihren gemeinsamen Fällen zur Genüge kennengelernt hatte und auch durchaus schätzte, obwohl, oder vielleicht sogar, weil er selbst völlig anders gestrickt war – lebhaft und ungeduldig.

      Nach dem Kaffeehausbesuch machte Rumpler noch einen Spaziergang im Volksgarten und freute sich über die blühenden Rosen und auch über die ihnen durch ihre Paten zugeordneten Widmungsschilder. Plötzlich ertappte er sich dabei, wie er den Spaziergängern, denen er begegnete, Rollen als Seppeln, Greteln, Hexen oder Großmuttis zuteilte, je nachdem. Die Seppeln waren tatsächlich, wie Rudi Schätter es gesagt hatte, in der Überzahl. „Viele Seppeln“, dachte Rumpler, „aber weit und breit kein Kasperl.“ Also nach seiner Einschätzung vermutlich einer, der das Unglück wenden konnte und allen Hoffnung und Zuversicht verhieß.

      Rumpler machte sich auf den Heimweg. Als er die abgezählten zweiundsiebzig Stufen zu seiner Wohnung emporgestiegen war, leicht außer Atem, steckte seine alte Nachbarin den Kopf zur Tür hinaus und übergab ihm ein Paket, das sie für ihn übernommen hatte. Sie musste trotz ihrer gut achtzig Jahre noch über ein ausgesprochen feines Gehör verfügen, sonst hätte sie sein Kommen nicht gehört. Rumpler bedankte sich, übernahm das ziemlich voluminöse und gar nicht so leichte Paket und wurde schon an der Wohnungstüre von Rosamunde empfangen, die sich sofort dafür interessierte.

      „Kriegst dann die Schachtel, Maus“, versprach er ihr, während er sich erfolglos bemühte, den ziemlich krakelig geschriebenen Absender zu entziffern. Schließlich half ihm der Poststempel weiter. Das Paket war von seinem Großcousin, dem Vater jenes Kevin, dessen Zeichnung nach wie vor auf Rumplers Schreibtisch stand.

      Rumpler holte sein Taschenmesser СКАЧАТЬ