Schutzpatrone. Rudolf Trink
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Schutzpatrone - Rudolf Trink страница 10

Название: Schutzpatrone

Автор: Rudolf Trink

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783960743026

isbn:

СКАЧАТЬ Zwei junge Männer hatten in Anita Tolsers Leben eine Rolle gespielt. Zum einen ein gewisser Konrad Kraufer, der angehende Chef des Unternehmens Kraufer-Baustoffhandel, mit dem Frau Tolser befreundet gewesen war, zum anderen ein Franz Locher, der Ex-Freund der Vermissten, der aus sehr einfachen Verhältnissen stammte. Kraufer hatte als Erster der Polizei gemeldet, dass Anita Tolser abgängig war, und er war es auch gewesen, der der Polizei einen Hinweis auf ihren Verflossenen Franz Locher gegeben hatte. Locher hatte sich durch sein Verhalten nach der Trennung von Anita Tolser verdächtig gemacht, weil er seinerzeit nächtelang vor dem Haus der Kraufers auf- und abgegangen war und ihre Wohnung beobachtet hatte. Das war Nachbarn aufgefallen und sie hatten sich an die Polizei gewandt, die ihn aufgefordert hatte, die Gegend künftig zu meiden.

      Nach dem Verschwinden von Anita Tolser wechselten sich in seinem Verhalten gegenüber der Polizei Phasen von herablassender Überheblichkeit mit solchen von umfangreichen Selbstbeschuldigungen ab. Bei einer Vernehmung bezichtigte sich Locher ausdrücklich der Schuld an Anita Tolsers Verschwinden, ohne das aber in irgendeiner Weise näher zu erläutern. Wie Rumpler den Unterlagen entnehmen konnte, wurde er daraufhin von der Polizei ziemlich in die Zange genommen und sollte sich nach einem umfangreichen Verhör am darauf folgenden Tag wieder bei der Polizei melden, was er aber nicht tat. Als er daraufhin polizeilich gesucht wurde, stellte sich heraus, dass er sich auf dem Dachboden seines Elternhauses, in dem er mit seiner Mutter gelebt hatte, nachdem der Vater schon vor Jahren verstorben war, erhängt hatte. Es gab zwar keine unmittelbaren Beweise für seine Schuld, aber er hatte immerhin einen Abschiedsbrief hinterlassen, aus dem hervorging, dass er sich für das Verschwinden von Anita Tolser verantwortlich gefühlt hatte. Was hingegen völlig offenblieb, war die Frage nach Anita Tolsers Leiche, falls sie denn umgebracht worden war. Von Frau Tolser fehlte weiterhin jede Spur. Nach dem Selbstmord Franz Lochers waren in einigen Zeitungen Mutmaßungen über einen Zusammenhang mit dem Verschwinden von Anita Tolser geäußert worden, denen Lochers Mutter in einem Exklusivinterview energisch entgegengetreten war. Rumpler beschloss, wenn irgendwie möglich, mit ihr zu sprechen. Als entsprechender Anknüpfungspunkt konnte ihm dieses Interview dienen und als Begründung für sein Interesse konnte er anführen, dass auch er von der Unschuld Lochers überzeugt sei, aber als Ex-Polizist natürlich nicht mehr in die offiziellen Ermittlungen involviert war, sondern höchstens inoffiziell recherchieren könnte.

      Konrad Kraufer, der aktuelle Freund der Verschwundenen, war ebenfalls von der Polizei genau durchleuchtet worden, wobei aber für ihn sprach, dass er selbst als Erster gemeldet hatte, dass Anita Tolser abgängig war. Des Weiteren hatte sich einwandfrei belegen lassen, dass er in dem Zeitraum, in dem Frau Tolser verschwunden sein musste, in der Firma seines Vaters mit einer dringenden Projektarbeit beschäftigt gewesen war. Die Firma Kraufer-Baustoffhandel hatte ein elektronisches Stechuhr-System, das ohne jeden Zweifel bestätigte, ob ein Mitarbeiter der Firma zu einem bestimmten Zeitpunkt anwesend war oder nicht.

      Rumplers Gedanken kehrten wieder zu Hedwig Locher zurück. Es war ihm klar, dass er sich mit einem Besuch bei ihr gleich mehrfach auf heikles Terrain begeben würde. Es konnte nämlich durchaus sein, dass Frau Locher seine Recherchen missbilligen würde und sich vielleicht bei seinen Ex-Kollegen über ihn beschwerte. In diesem Fall hätte er wohl einige Mühe, ihnen zu erklären, warum er solche privaten Nachforschungen anstellte. Noch viel heikler war allerdings die Möglichkeit, dass Frau Locher aufgrund seiner Kontaktnahme wieder Hoffnung schöpfte, dass ihr verstorbener Sohn durch Rumplers Aktivitäten rehabilitiert werden würde und er diese Hoffnungen einer verzweifelten Mutter vielleicht benutzte, letztlich aber würde enttäuschen müssen. Objektiv sprach also vieles gegen den Besuch, eigentlich alles, außer Rumplers Gefühl, das ihm sagte, dass es genau jetzt richtig wäre, diese schwierige Mission zu unternehmen. Er überlegte noch kurz, anstelle von Frau Locher Rudi Schätter zu besuchen und ihm die vorbereiteten Fotos vorzulegen, entschied sich aber dann doch dagegen und beschloss, Frau Locher anzurufen. Weil er im Café Sperl, wie auch in anderen Kaffeehäusern, wenn es nur irgendwie möglich war, grundsätzlich nicht telefonierte, weil ihm das wie ein Sakrileg vorgekommen wäre, winkte Rumpler der Kellnerin, zahlte und ging, um seinen Plan zu Hause weiter zu verfolgen, nicht ohne das Café Sperl mit einem dankbaren Blick zu durchwandern, jenes von seiner wechselvollen Geschichte förmlich imprägnierte Kaffeehaus, das während der Besatzungszeit sogar schon als Stall für die Pferde russischer Soldaten hatte herhalten müssen.

      Zu Hause verköstigte er zunächst Rosamunde mit einer kleinen Mahlzeit und holte anschließend sein Telefonbuch hervor. Rumpler war einer jener immer seltener werdenden Kunden der Post, die noch ein papierenes Telefonbuch hatten. Er schlug unter Hedwig Locher nach, fand zwei Frauen ihres Namens, wusste aber aufgrund des Moserschen Protokolls, dass es sich nur um jene Hedwig Locher handeln konnte, die in Simmering, und zwar in der Kaiserebersdorfer Straße unter einer der höheren Hausnummern wohnte. Rumpler speicherte zunächst Frau Lochers Telefonnummer und Adresse in den Kontaktdaten seines Handys und tippte dann die Nummer an, während er Rosamundes Stirn kraulte, was er die Mütze machen nannte. Rosamunde liebte es, die Mütze gemacht zu bekommen. Sehr. Zumindest meistens.

      Erst nach mehrmaligem Läuten meldete sich eine leicht kratzige Frauenstimme. „Hallo.“

      „Guten Morgen. Mein Name ist Rumpler, Johann Rumpler. Spreche ich mit Frau Locher?“

      Sie reagierte mit einer Gegenfrage, ohne auf seine Frage auch nur im Geringsten einzugehen. „Und was wollen Sie?“

      „Frau Locher, ich hab Ihr Interview über Ihren Sohn gelesen und würde gern mit Ihnen sprechen. Ich bin pensionierter Kriminalbeamter und war daher in die polizeilichen Untersuchungen nicht einbezogen. Es gibt für mich aber ein paar Ungereimtheiten im Zusammenhang mit dem Verschwinden von Frau Tolser und ich würde gerne noch einige private Recherchen dazu anstellen.“

      „Ich glaub, das bringt nichts mehr. Mein Bub ist tot und die Zeitungen werden ihre Anschuldigungen nicht aufgeben. Für die ist und bleibt er ein Mörder.“

      „Frau Locher, ich kann Ihnen nicht versprechen, dass ich etwas herausfinden werde, was die Unschuld Ihres Sohnes beweist. Ich kann Ihnen aber versprechen, dass ich die Angelegenheit in alle Richtungen sehr sorgfältig untersuchen würde – aber natürlich nur, wenn Ihnen das auch recht ist.“ Obwohl er seine Gesprächspartnerin nicht sehen konnte, spürte Rumpler in der Pause, die plötzlich eintrat, dass sich die Stimmung von Frau Locher zu seinen Gunsten verschoben hatte.

      „Können wir uns treffen?“

      „Ja, sicher. Wo wäre es Ihnen denn recht?“

      „Kennen Sie den Enkplatz in Simmering? Ganz in der Nähe ist ein Kaffeehaus, in das ich manchmal geh. Und bringen Sie einen Ausweis mit, damit ich weiß, dass Sie wirklich früher bei der Kripo waren und nicht ein Zeitungsreporter sind. Von denen hab ich nämlich wirklich genug.“

      „Natürlich. Wann wär Ihnen denn das Treffen recht?“

      „Morgen früh um neun Uhr. Das Café heißt Hagel. Melden Sie sich beim Kellner, wenn Sie da sind, und er bringt Sie dann zu mir.“

      „Das mach ich. Danke, Frau Locher, und bis morgen.“

      „Bis morgen.“

      Rumpler atmete auf. Die ärgste Hürde war geschafft. Er nahm sein Moleskinbuch zur Hand, blätterte es durch und machte noch einige Eintragungen, bevor er sich den in den letzten Tagen etwas vernachlässigten Erfordernissen seines Haushalts widmete.

      *

      9.

      Der ziemlich große Enkplatz, der von einer mächtigen hellen Kirche mit zwei Türmen dominiert wurde, lag etwas zurückversetzt an der sehr belebten Simmeringer Hauptstraße. Rumpler kannte die Gegend von seinen СКАЧАТЬ