[32 a–b] Einbeiniger Zehenspitzenstand: Ausgangs- und Endposition
Inspektion im Liegen
Nun folgt die Betrachtung der Füße im entlasteten Zustand. Die Fußsohle spielt hier für mich eine wichtige Rolle. Dicke Hornhautschwielen weisen auf eine Überlastung hin. Erkenne ich eine übermäßige Hornhautentwicklung an Stellen der Fußsohle, an denen das normalerweise nicht zu erwarten wäre, ist das nach der Beobachtung des Gangbildes ein weiterer Hinweis auf eine Fehlbelastung.
„Die Hornhaut der Sohle ist das Gedächtnis des Fußes“ hat ein sehr erfahrener Kollege einmal treffend gesagt. Ein eventuell vorhandenes Podoskop, im Prinzip nichts anderes als ein Spiegelkasten, erlaubt sogar die Betrachtung der Druckverteilung an der Sohlenhaut im Stehen.
[33] Die Untersuchung im Liegen beginne ich mit der Inspektion
Wie die Druckverteilung unter der Sohle beim Gehen aussieht, kann allerdings nur die aufwendige technische Apparatur einer Pedobarographie-Plattform sichtbar machen. „Pedo – Baro – Graphie“ heißt übersetzt „Fuß – Druck – Aufzeichnung“. Diese Messstation besteht aus einer viereckigen Sensorplatte, die beim Darübergehen dynamisch die Verteilung der Druckverhältnisse und deren Veränderung sichtbar macht. Sie „übersetzt“ die Druckverhältnisse an der Fußsohle beim Gehen als Summenbild in verschiedene Farben.
Palpation
Palpation ist der Fachbegriff für das Abtasten bei der ärztlichen Untersuchung. Damit beginnt also die eigentliche „Handarbeit“. Die Füße müssen unbedingt in die Hand des Arztes, und zwar sprichwörtlich. Lässt Ihr Arzt diesen Untersuchungsschritt aus, liegt sein Spezialgebiet irgendwo anders, aber sicher nicht an den Füßen. Es verwundert mich immer wieder, wenn mir Patienten berichten, dass ihre Fußbeschwerden bereits behandelt worden seien, aber bisher niemand den Fuß in die Hand genommen habe. Das ist für mich ein No-Go! Schon beim bloßen „Anlangen“ der Füße fallen mir Veränderungen der Hauttemperatur auf. Entzündete Abschnitte sind beispielsweise wärmer und schlecht durchblutete Hautareale kälter. Aber auch bei der Diagnose eines sogenannten Charcot-Fußes spielt die Hauttemperatur eine wichtige Rolle.
Mit dem systematischen Abtasten der Füße von den Zehen bis zur Ferse kann ich druckempfindliche Stellen identifizieren. Ich finde außerdem Areale, in denen der Patient die Berührung und den Druck meiner Finger nur abgeschwächt oder gar nicht empfindet. Beim Abtasten hangele ich mich gedanklich an anatomischen Leitlinien des Fußskeletts sowie Nerven-, Sehnen- und Gefäßbahnen entlang. Zum Glück liegen die meisten anatomischen Leitstrukturen am Fuß relativ oberflächlich und sind daher bei der Palpation gut zu finden.
[34] Podoskop
Während ich den Fuß abtaste, befasse ich mich auch gleich etwas detaillierter mit der schmerzhaften Fußregion. Wichtige Informationen zu den Beschwerden habe ich ja schon im Gespräch und während der Beobachtungen des Fußes in Funktion gesammelt.
[35] Pedobarographie meiner Füße
Ein Patient zeigte bei den bisherigen Untersuchungsschritten bespielsweise folgende Auffälligkeiten:
Er klagte über Schmerzen auf der Fußinnenseite (Anamnese).
Bei der Stand- und Ganganalyse zeigte sich ein flaches Fußlängsgewölbe und ein Einknicken der Ferse (Inspektion).
Der Pateint konnte sich mit dem schmerzenden Fuß nicht mehr einbeinig auf die Zehenspitzen hochdrücken (Funktionstest).
Dann ist es bei der Palpation interessant zu ertasten, wie druckempfindlich die hintere Schienbeinsehne (Tibialis-posterior-Sehne) ist. Ihr Verschleiß führt zu einer schmerzhaften Reizung und ist letztlich für die Entstehung eines Knick-Plattfußes verantwortlich.
[36] Palpation der Füße im Liegen
Funktionsprüfung der Gelenke
Nachdem ich den Fuß abgetastet habe, überprüfe ich das Sprunggelenk und die Fußgelenke bis hin zu den Zehen im Seitenvergleich auf ihre Beweglichkeit und eventuell auslösbaren Bewegungsschmerz. Ist die Mobilität eingeschränkt, können knöcherne Blockierungen, aber auch Sehnen- und Muskelverkürzungen die Ursache sein. Eine überdurchschnittliche Beweglichkeit von Gelenken hingegen ist möglicherweise durch eine Bindegewebsschwäche, aber auch durch erbliche Bindegewebserkrankungen bedingt. In diesem Fall ist eine solche Hypermobilität (Überbeweglichkeit) bei der Bewegungsprüfung in der Regel rechts wie links gleich. Und es ist auch nicht nur ein Gelenkan beiden Füßen überbeweglich, sondern viele Gelenke erweisen sich als hypermobil.
Die Instabilität eines Gelenks geht in den meisten Fällen auf eine Verletzung der entsprechenden gelenkstabilisierenden Bänder zurück. Der Verdacht auf eine solche Instabilität wird bestärkt, wenn das gleiche Gelenk am anderen Fuß stabil ist.
Bei der Palpation habe ich ja schon die sensible Funktion der Fußnerven getestet. Es folgt nun die orientierende Prüfung der motorischen Funktion der Nerven, um festzustellen, mit welcher „Stromstärke“ ein Muskel von den Nerven versorgt wird. Hierzu lasse ich den Patienten seine Fußmuskeln gegen den Widerstand meiner Hand anspannen, und zwar die Fußheber, die Fußsenker, die Fußaußenrand- und die Fußinnenrandheber. Je nach Funktion der jeweiligen Nerven werden fünf Kraftgrade unterschieden. Kraftgrad 5 bedeutet, dass der Nerv die Muskulatur mit „voller Kraft“ arbeiten lässt. Kraftgrad 0 kommt der vollständigen Lähmung gleich.
Nachdem der Patient die Beschwerden beschrieben hat und ich die Füße wie erläutert untersucht habe, gehe ich mit ein bis zwei Arbeitsdiagnosen im Kopf zu spezifischeren Tests über. Diese Prüfvorgänge werde ich bei den Untersuchungstechniken der jeweiligen Erkrankungen von Fuß und Sprunggelenk in den folgenden Kapiteln noch genauer beschreiben. Sie sind in der Regel im Zusammenhang mit der für sie relevanten Erkrankung besser nachvollziehbar.
Röntgen
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