Название: Der neue Sonnenwinkel Jubiläumsbox 5 – Familienroman
Автор: Michaela Dornberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Der neue Sonnenwinkel
isbn: 9783740931940
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»Heraus mit der Sprache, Rosmarie. Ich sehe doch, dass dich etwas beschäftigt.«
Heinz würde es immer wieder hinterfragen. Auch wenn sie dadurch seine Laune verdarb, hatte sie keine Chance, jetzt nichts zu sagen.
»Ich musste an Stella denken«, sagte sie, »und es macht mich so traurig, dass sie es nicht für nötig hält, uns über diese große Veränderung in ihrem Leben zu informieren. Sie war mit Jörg verheiratet, sie hat ihn wegen eines anderen Mannes verlassen. Sie ist mit diesem Menschen und den Kindern nach Brasilien gegangen. Das ist elementar. Man kann sich nicht herausreden damit, es vergessen zu haben. Und wir sind die Eltern.«
Heinz umfasste die Schulter seiner Frau. Das hatte er seit gefühlten Ewigkeiten nicht getan, und Rosmarie war erstaunt, wie wohl sie sich dabei fühlte.
»Rosmarie, ich finde ebenfalls nicht richtig, wie unsere Tochter sich verhält, und ich war deswegen auch ganz schön sauer, habe überreagiert, mit Enterbung gedroht. Eine derartige Reaktion war kindisch. Auch als Eltern dürfen wir nicht in das Leben unserer erwachsenen Kinder eingreifen. Wir müssen es hinnehmen, und auch mir gefällt es nicht, dass sie Jörg verlassen hat. Der ist ein guter Mann, er hat immer für seine Familie gesorgt, er hat alles für Stella und die Kinder getan. Ob es dumm war, diesen Mann zu verlassen, um mit einem anderen Mann nach Brasilien zu gehen …, das kann unsere Meinung sein. Stella sieht es offensichtlich anders. Rosmarie, wir haben gewiss nicht alles richtig gemacht. Schlauer ist man immer hinterher.
Irgendwann wird Stella sich melden, und wenn nicht, dann können wir auch nichts tun. Wir dürfen dieser Geschichte keinen zu großen Platz in unserem Leben geben. Ich habe mit Cecile telefoniert. Sie hat uns auf den Landsitz der Raymonds an der Côte d’Azur eingeladen.«
Er warf ihr einen Seitenblick zu.
»Und weißt du was, Rosmarie? Ich habe für uns zugesagt. Wir dürfen sogar Beauty und Missie mitbringen. Cecile möchte Missie unbedingt kennenlernen. Außerdem möchte sie dich und mich sehr gern wiedersehen. Ehrlich gesagt, ich habe ein ziemlich schlechtes Gewissen. Ich habe Cecile sehr vernachlässigt. Dabei ist es ein Geschenk, einen so wunderbaren Menschen als Tochter zu haben. Du hast ein engeres Verhältnis zu ihr als ich. Das muss sich ändern. Also, was hältst du davon? Ich habe für sechs Wochen zugesagt.«
Rosmarie glaubte, sich verhört zu haben.
Sechs Wochen?
Diese Zusage hatte ihr Heinz gemacht?
Natürlich wäre es großartig. Sie mochte Cecile sehr, das Anwesen der Raymonds war ein Traum.
Aber …
»Heinz, bist du dir sicher, dass du für sechs lange Wochen dein Büro verlassen kannst?«
Er wusste, worauf Rosmarie anspielte. Es hatte unendlich viele Diskussionen, auch Kräche gegeben in der Vergangenheit.
»Ich habe einen großartigen Vertreter, der lange schon mit den Hufen scharrt, um meine Nachfolge antreten zu dürfen. Ich habe ihm die Verantwortung für das Büro gegeben, und nach den sechs Wochen werde ich sehen, ob er es gut gemacht hat. Und dann kann ich mich immer mehr ausklinken.«
Rosmarie warf ihrem Ehemann einen prüfenden Blick zu. Hatte Heinz etwas eingenommen? Es war doch nicht ihr Ehemann, der das von sich gegeben hatte. Das musste ein anderer gewesen sein.
»Heinz …, woher kommt dieser Sinneswandel? Ich versuche seit Ewigkeiten, dich aus deinem Büro wegzulocken, bislang vergebens, du hattest immer Ausflüchte. Und jetzt das. Was ist passiert?«
»Ich kann nur sagen … Missie …, durch diesen kleinen Hund ist mir bewusst geworden, dass das Leben mehr bietet als nur das Studium von Akten, das Verlesen von notariellen Verträgen. Und mir ist bewusst geworden, wie einfach es im Grunde genommen ist. Die Spaziergänge mit dir und den Hunden, die schönen Gespräche, die wir dabei geführt haben. Das entschleunigte Leben. Ich genieße es. Und dann ist allerdings noch etwas geschehen. Ich habe zufällig Werner Auerbach getroffen, und wir haben uns sehr lange unterhalten. Der hat ja schon vor einiger Zeit eine gewaltige Kehrtwende gemacht, und das bereut er nicht einen Tag. Er hat es loslassen können, arbeitet nur noch auf Schmalspur, und er genießt es. Und du weißt, dass Werner ein international bekannter und sehr geschätzter Wissenschaftler ist. Ich habe darüber nachgedacht, und dann kam ich zu dem Entschluss, dass ich als Notar in einer kleinen Provinzstadt doch ebenfalls das tun kann, was einem großen Professor gelungen ist.«
Rosmarie war so perplex, dass sie erst einmal überhaupt nichts sagen konnte. Heinz und sie hatten sich mit den Jahren auseinandergelebt, sie waren eine gut funktionierende Zweckgemeinschaft gewesen. Sie merkte, wie ihr Herz vor lauter Aufregung heftig zu klopfen begann.
Das war eine Chance für einen Neuanfang!
Es war die große Chance von einem Auseinander zu einem Zueinander. Auf der gemeinsamen Strecke eines langen Weges hatten Rosmarie und Heinz sich ziemlich aus den Augen verloren. Es war seit langer Zeit kein Miteinander mehr, sondern eher ein Nebeneinander. Es hatte funktioniert, mehr nicht. Rosmarie war die Kluft, die sich zwischen ihnen immer weiter auftat, bewusst gewesen, weil sie sich verändert hatte. Heinz war stehen geblieben. Und auf einmal geschah das, womit sie nicht in ihren kühnsten Träumen gerechnet hätte.
Heinz bewegte sich auf sie zu!
Rosmarie war vollkommen überwältigt, und sie konnte gerade mal seinen Namen hauchen: »Heinz.«
Es war ein magischer Augenblick.
Heinz zog seine Frau näher zu sich heran. Es wirkte ein wenig unbeholfen, doch es war unglaublich schön. Und dann küsste er sie.
Er küsste sie, trotz der Menschen, die vorübergingen, trotz der zahlreichen Hundebesitzer ringsum. Es interessierte ihn nicht, auch nicht, dass man ihn erkannte. Er war schließlich wer in Hohenborn.
Dr. Heinz Rückert wuchs über sich hinaus, und Rosmarie Rückert, seine Ehefrau, glaubte zu träumen. Sie erinnerte sich an früher, als es mit ihnen begonnen hatte.
So ähnlich war sein erster Kuss gewesen. Wie lange lag das schon zurück, und was hatte sich nicht alles ereignet.
In diesem Moment war alles vergessen. Heinz küsste sie, das gefiel ihr, es gefiel ihr sogar sehr, und deswegen erwiderte sie seinen Kuss.
Und das Unglaubliche geschah!
Die Schmetterlinge begannen zu fliegen …
Ringsum bellten fröhlich die Hunde. Beauty und Missie kamen auf sie zugelaufen. Sie bellten, in der freudigen Erwartung, ein paar Streicheleinheiten oder gar ein Leckerli zu bekommen. Sie merkten es nicht.
Für die Hunde war es nicht so gut, doch für Rosmarie und Heinz war es ein Zeichen, ein Zeichen, ein Signal für einen Neustart. Das war gut, sehr gut sogar.
*
Mit Nicki und dem Grafen Hilgenberg war alles in der Schwebe. Roberta konnte sich jedoch darüber nicht weiter den Kopf zerbrechen. Sie hatte ihre Pflicht getan. Sie hatte ihrer Freundin zugeredet, mit dem Grafen doch wenigstens ein Gespräch zu führen, und ihm hatte sie erzählt, was ihre Gespräche mit Nicki ergeben hatten. Vielleicht würde sie sich bei ihm melden, vielleicht auch nicht. Damit hatte sie jetzt nichts mehr zu tun, und mit seiner Enttäuschung musste Graf Hilgenberg allein fertigwerden. Sie hatte überhaupt keine Ahnung, ob der СКАЧАТЬ