Der Weg der verlorenen Träume. Rebecca Michéle
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Название: Der Weg der verlorenen Träume

Автор: Rebecca Michéle

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783958131354

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СКАЧАТЬ jeder Größe und Ausstattung fuhren vor, Diener öffneten die Türen und halfen den Damen beim Aussteigen. Als sich Albert in die Schlange einreihte und Hedwig die erlesene Eleganz der Kleider sah, krampfte sich ihr Magen zusammen.

      »›Ich glaube, ich kann das nicht.«

      »Was kannst du nicht?«

      »Dort hineingehen. Ich passe nicht zu diesen Leuten, mein Kleid ist viel zu schlicht, und ...«

      »Du siehst wundervoll aus!«, erwiderte Albert entschieden, »Weder Alex noch die Gräfin von Duwensee sind Snobs. Bei ihnen zählt der Charakter, nicht der Stoff, in den man sich kleidet. Also sei kein Frosch, Hedi! Du bist doch sonst selbstbewusst und weißt, wer du bist und was du kannst.«

      Alberts Worte beruhigten Hedwig zwar ein wenig, ihre Beine fühlten sich dennoch wie Pudding an, während sie an seinem Arm in die geflieste Halle trat. Ein Diener bat um ihre Mäntel, und als sie im Kleid dastand, bemerkte Hedwig, wie der Bedienstete für einen Moment die Stirn runzelte, sich dann aber den nächsten Gästen zuwandte. Dutzende von Männern und Frauen jeglichen Alters, die sich alle untereinander zu kennen schienen, standen bereits plaudernd zusammen oder gingen über die breite, geschwungene Treppe in den ersten Stock hinauf, wo sich der Ballsaal befand. Ältere Damen trugen bodenlange Roben, jüngere die modernen, ärmellosen Abendkleider, deren Röcke knapp unter dem Knie endeten. Viele hatten sich mit mehrreihigen Perlenketten, einige auch mit Federn besetzte Haarreifen geschmückt. In Magazinen hatte Hedwig Fotografien dieser Mode gesehen, die in den großen Städten von immer mehr Frauen getragen wurde, in Sensburg aber noch nie jemand derart gekleidet bemerkt. Hedwig begrüßte es zwar, dass die Korsetts vollständig aus der Mode verschwunden waren und die Röcke kürzer getragen wurden. Einige der Aufmachungen, die heute Abend hier vertreten waren, erschienen Hedwig aber doch zu freizügig, fast schon frivol, zumal die Frauen ihre Gesichter zusätzlich mit Rouge und Lippenstift geschminkt hatten. Ihre Selbstsicherheit bekam Risse, sie fühlte sich wie eine Landpomeranze.

      »Nur Mut, Hedi«, raunte Albert an ihrem Ohr dann lauter: »Da drüben ist Alex! Wir müssen ihn begrüßen.«

      Sein Arm lag fest um ihre Hüfte und Hedwig musste Albert quer durch die Halle folgen, obwohl sie am liebsten auf dem Absatz kehrtgemacht hätte und fortgelaufen wäre.

      Alexander Kosin, Graf von Duwensee, war ein großer, schlanker Mann mit weißblondem Haar und hellblauen Augen. Albert begrüßte er mit einem freundschaftlichen Schlag auf die Schulter, vor Hedwig deutete er eine Verbeugung an und sagte:

      »Sie sehen mich erfreut, Sie kennenzulernen, Fräulein Mahnstein.«

      »Ich danke Ihnen für die Einladung«, erwiderte Hedwig und senkte leicht den Kopf, »muss aber gestehen, dass ich sehr überrascht war, da unsere Familien in keinem Kontakt zueinander stehen.«

      »Wenn mein Freund Albert mir seine entzückende Begleitung vorstellen möchte, konnte ich natürlich nicht widerstehen. Und er hat nicht zu viel versprochen.«

      Hedwig schnappte nach Luft, denn Alexander Kosin hatte ihr in einer Art zugezwinkert, die eindeutig zweideutig war. Albert hatte es entweder nicht bemerkt, oder es störte ihn nicht.

      »Meine liebe Hedi ist eine hervorragende Schneidermeisterin. Deine Mutter wäre von ihren Kreationen begeistert, Alex. Das Kleid, das Hedi trägt, hat sie selbst geschneidert.«

      »Lass doch, Albert«, murmelte Hedwig und das Blut schoss ihr in die Wangen.

      Alexander betrachtete nun ihren Körper in einer Art, als würde er sie mit seinen Blicken ausziehen.

      »Entzückend, ganz entzückend«, sagte er wohlwollend, drehte sich dann um und rief: »Mama, kommst du bitte? Ich möchte dir jemanden vorstellen.«

      Er war seiner Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten. Auch die Gräfin war groß und schlank und hatte das gleiche weißblonde Haar und strahlend blaue Augen. Alexander stellte ihr zuerst Hedwig, dann Albert vor. Die Gräfin reichte Hedwig die Hand und sagte: »Bitte fühlen Sie sich ganz wie zu Hause, Fräulein Mahnstein, bei uns geht es recht zwanglos zu. Vielleicht können wir später über Ihre Arbeit sprechen. Gute Schneiderinnen sind rar, deswegen interessiert mich Ihre Tätigkeit. Im Moment muss ich aber noch die eintreffenden Gäste begrüßen.«

      Hedwig vermutete, die Worte der Gräfin waren nur Floskeln, wie sie in diesen Kreisen üblich waren, und sie war dankbar, als sich ihre Aufmerksamkeit anderen Gästen zuwandte.

      An Alberts Arm schritt Hedwig die Freitreppe hinauf. Der obere Korridor hatte stuckverzierte und mit Porträts geschmückte Wände, auf dem Boden weiche Teppiche und war hell erleuchtet. Eine zweiflügelige Tür führte in den Ballsaal, eine zweite Tür in einen etwas kleineren Raum, an dessen Längsseiten ein kalt-warmes Büffet aufgebaut war. Zielsicher ging Albert zu diesem, nahm zwei Teller vom Stapel und begann, sie zu füllen.

      »Dürfen wir das denn?«, flüsterte Hedwig.

      Albert lachte. »Du hast die Gräfin gehört: Wir sollen uns wie zu Hause fühlen. Sie ist doch sehr nett, Hedi, und wie findest du Alexander?«

      »Etwas ... aufdringlich«, antwortete Hedwig ehrlich. »Verzeih, dass ich das über deinen Freund sage, mir gefällt er aber nicht.«

      Albert steckte sich ein mit Fisch belegtes Kanapee in den Mund, kaute und zuckte nur mit den Schultern. Ein Diener mit einem Tablett trat zu ihnen und bot ihnen Wein und Sekt an. Ohne Hedwig zu fragen, nahm Albert zwei Gläser mit Weißwein entgegen und drückte ihr eines in die Hand.

      »Ich möchte keinen Alkohol trinken«, sagte Hedwig.

      »Nicht? Na gut, dann trinke ich eben beide.« Albert lachte und leerte erst das eine, dann das andere Glas jeweils bis zur Neige.

      Der Wunsch, das Fest so schnell wie möglich wieder zu verlassen, wurde in Hedwig immer stärker. Es war ein Fehler gewesen, die Einladung anzunehmen. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, wie einige Damen sie verstohlen musterten und schnell zur Seite schauten, wenn Hedwig deren Blicke auffing.

      Im Ballsaal erklang nun eine beschwingte Walzermusik.

      »Wir wollen tanzen!«

      Albert packte ihren Arm und zog sie auf die Tanzfläche. Er war ein guter Tänzer, sicher führte er sie über das Parkett. Hedwig, die die Grundschritte des Walzers beherrschte, fühlte sich zum ersten Mal an diesem Abend etwas entspannter. Es machte Spaß, mit Albert zu tanzen.

      Als Musiker hatte er ein perfektes Taktgefühl, und sie ließ sich gern führen. Nach dem Walzer folgte ein schneller Foxtrott. Hedwig rang nach Luft und war froh, als Albert vorschlug, eine Pause einzulegen. Sie hatte Durst, musste aber im Nebenraum erst suchen, bis sie eine Karaffe mit Wasser entdeckte. Albert hingegen trank schon wieder Wein, und sein Blick wurde bereits glasig.

      »Du musst wieder nach Hause fahren«, mahnte Hedwig ­leise.

      »Kein Problem. Hedi, ich vertrage schon was.«

      Er lachte, begrüßte zwei Männer, die er von früher kannte, entfernte sich mit ihnen, und Hedi blieb verloren an der Seite stehen.

      Da stand Alexander Kosin vor ihr und sagte: »Darf ich um den nächsten Tanz bitten, Hedwig?«

      Es störte Hedwig, dass er sie einfach mit dem Vornamen ansprach, und tanzen wollte sie mit diesem Mann nicht. Da sie aber kein Aufsehen erregen wollte, bemühte sie sich um ein unverbindliches Lächeln und folgte Alexander auf die Fläche. СКАЧАТЬ