Der Weg der verlorenen Träume. Rebecca Michéle
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Название: Der Weg der verlorenen Träume

Автор: Rebecca Michéle

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783958131354

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СКАЧАТЬ sie wohl kaum jemanden wiedersehen.

      Hermann Mahnstein hatte mit fassungslosem Entsetzen auf die Mitteilung, Hedwig würde mit Albert von Dombrowski einen Ball auf Schloss Duwensee besuchen, reagiert. Wobei die Tatsache, wer ihr Begleiter war, ihn mehr überraschte als die Einladung seiner Tochter durch eine Gräfin.

      »Ich wusste nicht, dass du und der Dombrowskisprössling miteinander in Kontakt stehen«, hatte Hermann grollend gesagt.

      »Wir trafen uns zufällig in Allenstein wieder«, antwortete Hedwig und mied den direkten Blickkontakt zu ihrem Vater.

      »Hat er dir einen Antrag gemacht?«, fragte Hermann Mahnstein. »Wenn ja, wann hält der Bursche es für angebracht, mich, deinen Vater, um deine Hand zu bitten?«

      Erschrocken wich Hedwig zurück und rief: »Albert und ich sind nur Freunde! Ich habe ohnehin nicht vor, in den nächsten Jahren zu heiraten.«

      »Ach, du willst wohl ein Blaustrumpf werden, Hedwig?« Missbilligend glitt Hermanns Blick über seine Tochter. »Na ja, eine Schönheit bist du nicht gerade, aber jeder Topf findet irgendwann seinen Deckel. Selbstständige Frauen sind bei den Männern nicht gefragt, aber bevor ich diesen Musikus, der von der Hand in den Mund lebt, als Schwiegersohn in meinem Haus begrüße, ist es mir tatsächlich angenehmer, wenn du unverheiratet bleibst. Außerdem brauchen wir dich hier im Haus.«

      Hedwig ließ sich nicht anmerken, wie sehr seine Worte sie verletzten und antwortete entschieden: »Zwischen Albert und mir ist das Wort Heirat niemals gefallen, uns verbindet lediglich eine Kameradschaft. Ich weiß, du missbilligst, dass ich mit einem Mann ausgehe, mit dem ich nicht verlobt bin. Bitte, Vater, lass mich aussprechen!« Hedwig erhob ihre Stimme, als Hermann sie unterbrechen wollte. »Die Zeiten haben sich geändert, und du solltest so viel Vertrauen in deine Tochter haben, dass sie der Familie keine Schande machen wird.«

      »Was soll nur aus dieser Welt werden, wenn die Kinder den Respekt vor den eigenen Eltern verlieren und ihnen Widerworte geben?« Fassungslos schüttelte Hedwigs Vater den Kopf. »Daran ist nur diese vermaledeite Schule in Allenstein schuld, die dich durch und durch verdorben und zu einer aufwieglerischen Frau gemacht hat. Wer weiß, mit wem du dich da herumgetrieben und was du sonst noch angestellt hast. Ich hätte dir diese Ausbildung niemals erlauben sollen.«

      »Ich bin mündig und für mein Leben selbst verantwortlich«, entgegnete Hedwig entschlossen, obwohl seine Worte wie schmerzhafte Nadelstiche in ihrem Herzen waren. »Tag für Tag bin ich für euch da, kümmere mich um Mutter und um Siggi, halte das Haus und die Wäsche sauber, versorge die Hühner und den Garten, daneben nähe ich oft bis in die frühen Morgenstunden und unterstütze damit die Familie auch finanziell. Ich bin fest entschlossen, den heutigen Abend zu genießen, denn es ist das erste Mal, dass ich zu einem Ball gehe, und du wirst mir diese Freude nicht vermiesen, Vater.«

      »Wie kannst du es wagen, in einem solchen Ton mit deinem Vater zu sprechen?« Mahnstein hob die Hand. Unwillkürlich wich Hedwig einen Schritt zurück, sie erwartete, von ihm geohrfeigt zu werden. Mahnstein ließ die Hand aber wieder sinken, schnaubte verächtlich und presste zwischen den Zähnen hervor: »Dann geh doch und treib dich mit diesen Leuten herum, die immer noch auf ihren hohen Rössern sitzen und meinen, die Welt für sich gepachtet zu haben, nur weil sie einen Stammbaum haben und vermögend sind.«

      »Vater ...« Hedwig berührte seinen Ärmel, sie wollte sich nicht in Unstimmigkeit von ihm trennen, er schüttelte sie jedoch wie ein lästiges Insekt ab und verließ den Raum, ohne ihr noch einen Blick zu schenken. Hedwig atmete tief ein und aus, um ihren schnellen Herzschlag zu beruhigen. Die Worte und das Verhalten ihres Vaters hatten sie verletzt, auch war sie enttäuscht, dass er so wenig Vertrauen in sie hatte. In seiner Jugend war es unmöglich, dass ein Mädchen ohne weitere Begleitung einen jungen Mann zu einem Ball begleitete. Wie hatte Hedwig aber vorhin gesagt: Die Zeiten hatten sich gewandelt, Konventionen sich verschoben, und sie, Hedwig, war weit davon entfernt, sich Hals über Kopf in eine Beziehung zu stürzen, die ohnehin keine Zukunft hatte. Ihre Worte, sie wolle niemals heiraten, entsprachen der Wahrheit. Hedwig sah ihre Zukunft als Schneiderin, ohne die Pflichten einer Ehefrau und Mutter.

      Es war nun wenige Minuten vor fünf. Hedwig schlüpfte in ihren staubgrauen Mantel und hoffte, Albert würde pünktlich sein. Bisher hatte sie sich keine Gedanken darüber gemacht, wie sie nach Duwensee gelangen sollten, Albert hatte nur geschrieben, er würde sie abholen. Als jetzt ein dunkelgrünes Automobil vor dem Haus hielt und Albert aus dem Wagen stieg, eilte sie ihm entgegen und rief: »Ich wusste nicht, dass du einen Wagen hast!«

      »Den habe ich mir ausgeliehen.« Albert grinste und öffnete die Beifahrertür. »Zu einem solchen Ball können wir doch nicht im Pferdegespann vorfahren.«

      »Ausgeliehen? Ist das nicht teuer?«,

      »Ach, Hedi, musst du immer nur ans Geld denken?«, antwortete Albert mit einem leicht ungeduldigen Unterton. »Wenn es dich aber beruhigt: Den Wagen hat mir ein Freund für heute Abend kostenlos überlassen. Deine Frisur sieht übrigens sehr hübsch aus, du solltest dein Haar öfter in dieser Art tragen.«

      Sein letzter Satz schmeichelte Hedwig, und sie ließ sich von Albert beim Einsteigen helfen. Nach der Auseinandersetzung mit ihrem Vater wollte sie nicht noch mit Albert diskutieren. Es konnte ihr gleichgültig sein, wofür Albert sein Geld ausgab, er war ihr gegenüber keine Rechenschaft schuldig.

      Sicher und konzentriert lenkte Albert den Wagen über die schmalen Landstraßen. In den letzten zwei Wochen hatte es zwar mehrmals geschneit, die Straßen waren aber noch frei und gut befahrbar. Bald jedoch würde die Zeit kommen, in der Väterchen Frost das Land fest im Griff hatte und die Menschen ihre Dörfer kaum noch verlassen konnten. Bevor diese Zeit begann und das gesellige Leben bis zum nächsten Frühling fast vollständig zum Erliegen kam, gab die Gräfin von Duwensee jedes Jahr einen Ball, erklärte ihr Albert während der Fahrt in südwestliche Richtung. In jeder Kurve klammerte Hedwig sich Halt suchend an den Sitz. Zum ersten Mal fuhr sie in einem Automobil, und noch wusste sie nicht, ob es ihr gefiel oder Angst einjagte. Albert bemerkte es und lächelte beruhigend.

      »Keine Sorge, Hedi, ich beherrsche das Autofahren, und es macht großen Spaß. Ist es nicht ein tolles Gefühl, so schnell durch die Landschaft zu brausen?«

      »Nun ja, ich weiß nicht ...«

      Albert legte seine rechte Hand auf Hedwigs Oberschenkel. Durch den Mantel und das Kleid hindurch meinte sie, die Wärme seiner Haut zu spüren – ein Gefühl, das sie verwirrte.

      »Leg bitte beide Hände dorthin, wo sie hingehören.«.

      Er grinste und meinte: »Das würde ich gern, aber ich muss ja lenken.«

      »Ach du!«, stieß Hedwig hervor, froh, dass er in der Dunkelheit nicht sehen konnte, wie sie errötete. Mit sanfter Gewalt schob sie seine Hand von ihrem Bein und stellte die Frage, die sie seit Tagen beschäftigte: »Ist deine Familie mit denen von Duwensee bekannt, oder wie kommt es zu dieser Einladung? Noch dazu, dass auch ich eingeladen wurde, mich kennt doch keiner von denen.«

      Albert, drehte für einen Moment den Kopf zu ihr und zwinkerte Hedwig zu. »Alexander von Kosin und ich lernten uns an der Musikhochschule in Königsberg kennen. Auch er strebte eine Karriere als Pianist an, musste diesen Plan aber aufgeben, als vor drei Jahren sein Vater starb. Alex als einziger Sohn ist nun der Graf von Duwensee und kümmert sich um die Güter. Er macht aber, so oft es ihm möglich ist, weiterhin Musik. Über die letzten Jahre hinweg hielten wir losen Kontakt, und ich dachte, es wäre eine nette Idee, bei dem jährlichen Herbstball teilzunehmen. Ein Anruf bei Alex genügte, und er freut sich, dich kennenzulernen.«

      Die Frage, was Albert seinem Freund über sie gesagt und wie er ihre Beziehung СКАЧАТЬ