Das Netzwerk. Markus Kompa
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Название: Das Netzwerk

Автор: Markus Kompa

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783864896224

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СКАЧАТЬ dann ja praktischerweise selbst getötet, wobei die Strafverteidiger der RAF-Leute und eine überlebende RAF-Terroristin starke Zweifel an der Selbstmordversion geäußert haben. Aber nach dem 11. September hat der damalige Innenminister Otto Schily Targeted Killing wieder angeregt. Westerwelle sprach damals entrüstet von einer Guantánamoisierung der deutschen Innenpolitik. Was Schilys Nachfolger Schäuble 2007 nicht daran gehindert hat, erneut die Legalisierung eines gezielten Todesschusses gegen Terrorverdächtige zu diskutieren, die wie im Wilden Westen abgeknallt werden sollten. Schäuble bekannte sich später auch zu einer gezielten Tötung von Osama Bin Laden, und als diese dann passiert ist, hat die Kanzlerin den Amerikanern ja ausdrücklich zum Abschuss gratuliert. Beides ist aus Sicht des Rechtsstaats eine Katastrophe! Übrigens hat der gleiche Herr Westerwelle später als Außenminister Targeted Killing für die Bundeswehr als zulässig erklärt, aber angeblich beteiligt sich die Bundeswehr ja nicht daran, oder?«

      »Nun, da habe ich anderes gehört. An der Erstellung der Todeslisten für Drohnenabschüsse in Afghanistan beteiligen sich die Offiziere durchaus. Bekannte von mir waren im Kontrollzentrum dabei, als das ausgeführt wurde. Einer von ihnen hat mir mal erzählt, dass alle Anwesenden dazu aufgefordert wurden, die Hand zu heben, wenn sie auf den Monitoren Frauen oder Kinder sehen, um Zivilisten zu verschonen.«

      »Nach meiner Logik wäre das mindestens Beihilfe oder Anstiftung zum Mord, vielleicht sogar Mittäterschaft. Im gegenwärtigen deutschen Recht allerdings muss bei einer Tötung immer eine konkrete Nothilfesituation vorliegen, nur wenn es nicht anders geht, wäre ein finaler Todesschuss zulässig. Eine wie auch immer geartete Mitwirkung an einer Tötung durch Drohnen ist ohne konkrete Notsituation nicht mit deutschem Recht zu vereinbaren. Das folgt aus dem vierten Prinzip der Nürnberger Prozesse. Wenn es eine Alternative zum Mitmachen gibt, muss man völkerrechtswidrige Befehle verweigern. Jörg nickte. Er verstand auch, dass er mit seinen theoretischen Fragen nicht weiterkam, und erzählte Buske nun von dem Unbekannten, der ihn angeworben hatte.

      Tatsächlich war Jörg am Tag nach der Begegnung im Bus zum Kriegerdenkmal gejoggt, um sich anzuhören, was der Fremde zu sagen hatte. Auf dem Monument, einer Säule, prangte das große schwarze Kreuz des Deutschen Ordens, das in abgewandelter Form auch die Bundeswehr als Hoheitszeichen verwendete. Eine Inschrift erinnerte an die Gefallenen des 8. Westfälischen Infanterie-Regiments II-57, die im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 ihr Leben ließen. Wenn einst die Fahne weht, die Trommel ruft zum Streit, dann seid wie Eure Brüder, zu Kampf und Tod bereit, stand da in Stein gemeißelt samt zwei gekreuzten Fackeln. Der Unbekannte, der offensichtlich zur Truppe gehörte, hatte dort bereits auf einer Bank auf ihn gewartet. »Herr Feldwebel, ich freue mich, Sie zu sehen. Ich freue mich wirklich. Männer mit Ihrem Zuschnitt gibt es viel zu wenige. Setzen Sie sich!«

      »Ich stehe lieber.«

      »Auch gut. Bevor wir uns über Ihre Zukunft unterhalten, muss ich wissen, was in Kandahar passiert ist.«

      »Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«

      »Ach nein? Weberling, ich habe den Bericht gelesen.«

      »Dann wissen Sie ja, was passiert ist.«

      »Ich will wissen, was NICHT in dem Bericht steht.«

      »Wenn Sie dem Bericht nicht glauben, dann fragen Sie doch die Kameraden.«

      »Ich frage Sie.«

      »Ich habe dem Bericht nichts hinzuzufügen. Sie werden auch von meinen Kameraden nichts anderes hören. Aber fragen Sie ruhig.«

      »Was halten Sie von den Operationen der Amerikaner?«

      »Ich weiß nicht, welche Operationen Sie meinen. Reden Sie mit den Amerikanern!«

      »Was ist in Lashkar Gah passiert?«

      »Weiß nicht. Erzählen Sie es mir!«

      »Sie haben keinen Bericht zu Lashkar Gah eingereicht.«

      »Dann bin ich wohl auch nie dort gewesen. Hören Sie, ich glaube, wir sollten dieses Gespräch jetzt beenden.«

      »Würden Sie sich für zehntausend Euro vielleicht doch erinnern?« Der Fremde griff in die Innentasche seiner Jacke und hielt Jörg keine drei Sekunden später die Öffnung eines prall mit Geldscheinen gefüllten Briefumschlags entgegen.

      »Auch nicht für hunderttausend Euro. Weil es nichts zu erinnern gibt. Wenn Sie nichts dagegen haben, gehe ich jetzt.«

      Der Fremde lächelte. »Gratuliere, Sie haben den Test bestanden! Bleiben Sie bitte! Mir ist scheißegal, was in Lashkar Gah passiert ist. Nicht egal wäre es mir gewesen, wenn Sie sich an Dinge erinnert hätten, die offiziell nicht passiert sind. Möchten Sie sich nicht vielleicht doch setzen?«

      »Was wollen Sie von mir?«

      »Es gibt ein paar Missionen, die noch vertraulicher sind als Ihre Einsätze für das KSK. Deutschland kann es sich nicht leisten, mit solchen Geschichten in Verbindung gebracht zu werden. Trotzdem müssen sie erledigt werden. Haben Sie sich manchmal gefragt, warum es in den letzten zehn Jahren hier keinen größeren Terroranschlag gab? Und das, obwohl der Westen die arabische Welt provoziert hat, wo es nur ging? Obwohl wir unzählige Islamisten in Deutschland haben?

      Nun, das ist das Verdienst unserer Arbeit. Im War on Terror erledigen wir die Dinge, wie wir sie für richtig halten. Wir beide haben einen Eid auf das Wohl des deutschen Volkes geleistet. Wenn es eben sein muss, verhören wir Zielpersonen mit härteren Methoden, und wir warten nicht erst ab, bis Terroristen zuschlagen. Wir bleiben unter dem Radar und sind bislang nie aufgefallen, unser Vorgehen wäre auch unpopulär. Die Leute wollen Frieden, aber sie hören nicht gerne, wie er gesichert wird. Alle wollen Fleisch essen, aber niemand will wissen, wie es produziert wird. Also ersparen wir der Öffentlichkeit gewisse Dinge, und alle sind glücklich. Im Moment haben wir ein Problem mit einem Terroristen, der im europäischen Ausland operiert. Die Amerikaner gehen davon aus, dass der Terrorist am US-Nationalfeiertag zuschlagen wird. Sie wollen, dass wir ihn erledigen.«

      »Wir?«

      »Die Amerikaner haben zugesagt, dass sie in Westeuropa nicht mehr letal operieren. Sie erwarten aber, dass wir unsere Angelegenheiten alleine regeln, und jetzt sind wir nach Meinung von Washington in der Pflicht. Die Terror-Zelle in Hamburg, wo 9/11 geplant wurde, halten die uns heute noch vor. Zuletzt, während der Snowden-Leaks, wurde wieder viel Porzellan zwischen den Diensten zerschlagen. Die Amis zweifeln an unserer Loyalität und erwarten, dass wir Nägel mit Köpfen machen.«

      »Weiter?«

      »Wir haben eine gefährliche Zielperson, die neutralisiert werden muss. Das ist nach unserer Rechtsauffassung durch übergesetzlichen Notstand gedeckt, wenn auch nicht nach der Rechtslage des Landes, in dem sich die Zielperson gerade aufhält. Washington will das Drittland da rauslassen, auch wir sehen diese Sache so, dass sie nur zufällig auf dessen Boden stattfindet. Wir können die Amis beeindrucken, indem wir ihnen beweisen, dass wir solche Sachen tatsächlich alleine erledigen können und dabei vor allem keine Spuren hinterlassen.«

      »Was genau wollen Sie von mir, und was haben Sie mir anzubieten?«

      »Wenn Sie mitmachen, dann garantiere ich Ihnen, dass Sie sich um Ihre Zukunft keine Gedanken machen müssen. Wir erledigen Ihren Vermögensaufbau, bezahlen Sie gut, stellen Ihnen Anwälte und halten unsichtbar unsere Hand über Sie. Sie bleiben offiziell beim KSK. Wenn Sie Urlaub oder Wochenende haben, erledigen Sie gewisse Aufträge, die offiziell nicht existieren. Sie bekommen dafür natürlich auch keine offiziellen Einsatzbefehle, Urkunden, Badges oder Orden. Es kann sein, dass Ihnen mal beim Ehrenempfang des KSK die Kanzlerin СКАЧАТЬ