Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen. August Sperl
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen - August Sperl страница 67

Название: Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen

Автор: August Sperl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075831439

isbn:

СКАЧАТЬ nun, mit Hunden muß man jagen.«

      »Drauf im Namen der Jungfrau,« zischte die Gnädige; »aber mit Soldaten und nicht mit schleichenden Hunden! Und was gilt's? Sie fallen wie die Mücken!«

      »Und woher nimmst du deine Wissenschaft, wenn ich fragen darf?« sagte der Vizedom und neigte bedächtig das graue, kurzgeschorene Haupt.

      »Pah, was ist's denn für ein Volk?« fragte das Weib. »Kurfürstliche Durchlaucht spielt auf, und die Mistbauern tanzen.«

      »Sie tanzen nicht!« sagte der Hochgebietende.

      »Nicht? Und warum denn nicht? Warum denn nicht?«

      »Weil's keine Mistbauern sind,« antwortete der Vizedom spöttisch. »Sachte, sachte! Man muß übrigens nur die Augen aufmachen, dann weiß man Bescheid. Ich will von den Eingewanderten, von denen aus Altbayern, schweigen; das ist Bein von unserm Bein und Blut von unserm Blut, und das duckt sich ungern. Aber auch die andern vom Adel, die Alteingesessenen! Da, stell doch so 'n großen, flachshaarigen, blauäugigen Junker – kennst du die andern Portner, die auf Theuern? Ja! – stell neben einen solchen zwanzig, fünfzig, hundert schwarze, verdruckte, kleine, krumme Bauernkerle vom flachen Land oder so 'n Rudel säbelbeinige, zwerghafte Trottel aus den Walddörfern hinter Freudenberg – das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht!«

      »Habe auch schon große, flachshaarige, blauäugige Bauern gesehen hier zu Lande,« behauptete die Gnädige.

      »An alten Bäumen wächst auch manch ein Schößling, den man nicht gerade auf Pergament malt,« antwortete der Vizedom trocken.

      »Und sie fallen doch, die Landsassen, die Mistjunker,« wiederholte die Gnädige regungslos. »Drauf im Namen der Jungfrau!«

      »Sie fallen nicht!« sagte der Hochgebietende und schlug mit der flachen Rechten auf das Büchlein, das er im Wamse trug. »Da einer, dort einer, von freien Stücken kaum einer.«

      »Bis sie der Hunger zu Paaren treibt,« murrte die Gnädige mit starrem Antlitze.

      »Was ist härter als Stahl und mitleidloser als Stein?« fragte der Vizedom nachdenklich, als spräche er mit sich selber.

      »Weiß ich's?« kam die Antwort zurück.

      »Pfaffen und Weiber im Bunde!« murmelte der Hochgebietende.

      »Was murmelst du?« kam's vom Stuhle her. »Ich kann es nicht verstehen.«

      »Gewaltmaßregeln vor der Huldigung wären ja doch heller Unsinn,« habe ich gesagt.

      »Und wann müssen sie huldigen?« fragte die Gnädige.

      »Im April.«

      »Und dann?«

      »Dann kann die Arbeit beginnen,« sagte der Vizedom und zog seufzend das Büchlein aus seinem Wamse.

      *

      Es war schon spät am Abende.

      Im Saale des Amberger Schlosses drängten sich die Gäste des Vizedoms: die Räte und Sekretäre der kurfürstlichen Regierung, die Offiziere der starken Garnison und der landsässige Adel – die Herren und die Besiegten, eine bunte Gesellschaft. Die Gnädige hatte ihre Abneigung überwunden und auch den Junkern die Hand zum Kusse gereicht – es geht ja doch nur auf den Handschuh, hatte sie schaudernd zu sich selbst gesagt. Und der Vizedom bemühte sich, Seiner Durchlaucht große Absicht in kleiner Münze unter die Leute zu bringen – er war der gnädige Herr gegen die Räte und Sekretäre, die ihn umkreisten wie die Planeten den Sonnenball; er war der gewandte Kavalier, der den Offizieren lächelnd und unauffällig ihre besondere Ehre erwies; er war der Staatsmann, der dem Adel des eroberten Landes mit jeder Miene, mit jedem Händedrucke zu sagen schien: Kommt, die Wege sind geebnet, kommt, und der neue Herr wird keinen Dienst vergessen, den ihr ihm und seinem Regiment erweist!

      Aber die Luft war dennoch dumpf im großen Saale, und zwischen den Falten der Wandteppiche lauerten kleine Gespenster, die jeden Augenblick hervorzukommen drohten. Und dann wehe! Der Boden war dennoch heiß, wenn auch die Jugend im kunstvollen Reigen darüberglitt. Der Sieger trug den Kopf hoch, weil er der Herr war im eroberten Lande, und der Besiegte trug ihn wo möglich noch höher, als wollte er sagen: Mein durchlauchtiger Herr ist wohl besiegt, aber ich – wer hat denn mich bezwungen? Und dazwischen war's, als bräche aus einem dunkeln Auge ein Blitz, der alles aussprach, was über keine Lippe kommen durfte: lutherischer Hund! Papist und Jesuwider!

      »Ein schönes Weibsbild, die Zantnerin,« sagte der Kemnater, trat hinter Hansjörg Portner und legte die Hand auf seine Schulter. Hansjörg wandte sich jählings:

      »Ihr seid's, Herr Vetter?«

      »Ist doch ein Wunder, daß du mich noch kennst, Sohn meiner Schwester,« lachte der Kemnater. »Bist nun schon dreimal an mir vorübergegangen!«

      »Thut mir leid, habe Euch nicht gesehen,« entschuldigte sich Portner.

      »Und immer guckst du nach dem schwarzhaarigen Weibsbild, so oft ich dich treffe,« lachte der andre.

      Hansjörg Portner sah ihn zornig an und öffnete den Mund.

      »Na, na,« fiel ihm der Oheim in die Rede, »ist auch ein bildsauberes Weiberl, und thut sogar unsereinem wohl, hinzugucken, wenn er auch ein alter Kerl ist. Aber arm, Hansjörg, arm; na, du wirst's ja selber wissen. Und der große Schwarze, der Schreiber, scheint auch ein ganz besonderes Gefallen an ihr zu finden.«

      »Wer ist's?« fragte Portner und wandte keinen Blick von der jungen Zantnerin und ihrem Kavaliere.

      »Kriemhofen, kurfürstlicher Sekretarius,« gab der Kemnater Bescheid. »Guter Adel, reich, wohnt mit seiner Mutter hier. Auf Wiedersehen, Hansjörg!«

      Er verschwand im Gewühle.

      »Und wenn sie auch noch so grinsen, der Vizedom und die kurfürstlichen Räte, es ist dennoch nicht geheuer im Saale,« flüsterte der edle Burghüter. »Meinst du nicht auch, Hansjörg?«

      »Ja.«

      »Aber es macht mir Vergnügen, hierhin zu horchen und dorthin. Die Hochmütigsten sind doch die Soldaten. Denk nur, sagt da vorhin einer ganz laut, ich kenne ihn wohl: ›Was gilt's? Ueber Jahr und Tag ist die ganze Oberpfalz katholisch!‹ – Meint ein andrer: ›Aber die Herren Landsassen?‹ – und lacht und schaut mit schiefen Augen auf mich herüber.«

      »Das habt Ihr Euch bieten lassen?« fragte Hansjörg zornig.

      »Ach was, ich kann doch nicht im kurfürstlichen Schlosse Händel anfangen!« sagte Hans Andre.

      »Anfangen?« raunte Portner. »Ich dächte, er hätte angefangen. – Wer war's?« setzte er heftig hinzu.

      »Ach was, wenn du alles gleich so hitzig nimmst!« murrte der edle Burghüter. »Zu mir hat er's gesagt, oder vielmehr, zu mir hat er's nicht gesagt; ich hab's nur zufällig gehört, und es ist gar nicht für mich bestimmt gewesen – für dich ganz gewiß nicht.«

      »Von den Landsassen hat er gesprochen als von lächerlichen Leuten,« sagte Hansjörg Portner drohend. »Nochmals! Wer ist's gewesen?«

      »Es ist mir entfallen,« antwortete der edle Burghüter trotzig.

      Der СКАЧАТЬ