Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen. August Sperl
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Название: Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen

Автор: August Sperl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075831439

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СКАЧАТЬ machte einen tiefen Knicks, erhob sich und stand mit gefalteten Händen vor dem grünen Tische. »Nun freilich, freilich, ich hab's ja schon lang vorausgesehen. Und ich sag's ja immer, man kann's Seiner Kurfürstlichen Durchlaucht nicht in übel nehmen, wenn sie Ordnung haben wollen in ihren Landen. O, ich kenn' mich aus, wie's in der Welt ist, hab' ich ja doch Ihrer Hoheit der Frau Fürstin von Anhalt hier zu Amberg in die zehn Jahre zur höchsten Zufriedenheit als eine Kammermagd aufgewartet, und hätt's mir auch niemand geweissagt, daß ich einst neben einem gemeinen Hufschmied durchs Leben gehen, und –«

      »Willst du mir da vielleicht deine ganze Biographie erzählen?« fragte der Landrichter und klopfte mit dem Bleistifte auf das grüne Tuch. »Willst du dich accommodieren oder nicht?«

      »Ich sag's ja, Euer Gnaden,« fuhr sie fort, und ihre Stimme schetterte durch den Saal, »ein schwerwiegender Entschluß tritt nun heran. Und ich bin wirklich zu bedauern, so wie so, und in der schweren Zeit doppelt: denn er ist mein nicht wert, und aussprechen, Euer Gnaden, aussprechen kann ich mich mit dem Hufschmied nicht.« Sie strich verschämt über den Rock und musterte geschwinde die Kommissäre, Sekretäre und Schreiber am Tische.

      »Vorwärts! Was wird denn der Mann thun?« drängte der Landrichter.

      »Ach, das ist's eben, Euer Gnaden,« stöhnte sie und bedeckte die Augen mit der Hand. »Wo ich doch so für die Ordnung bin – er ist mein nicht wert. Ich fürchte stark, er ist ein Halsstarriger.«

      »Und die Frau will sich accommodieren?« fragte der Landrichter geschäftsmäßig. »Schreiben! Sabina Scharf, Weib des –«

      »O, nicht so geschwind, Euer Gnaden, um Vergebung, nur eine demütige Frage: Gesetzt den Fall« – sie sah lauernd auf den Vorsitzenden – »wenn nun, angenommen, daß mein Ehemann, wie er mir gestern strikte kundgethan hat, gestern abend, wenn er sich nicht accommodiert –?«

      »Dann kann er ehestens durchs Stadtthor hinaus direkt zum Teufel fahren,« erklärte der Landrichter.

      »Und darf mir das Haus übern Kopf weg verkaufen, wo doch zwei Drittel vom Kaufschilling mit meinem Geld bezahlt sind?« fragte das Weib und lauschte mit gespannten Zügen.

      »I was, das wird man ihm schon zeigen!«

      »Und entschuldigt schon, Euer Gnaden, – hernach . . .« Frau Sabina Scharf zupfte verschämt an ihrem Aermel. »Hernach, wenn er mich also verläßt, kann ich mich dann – Euer Gnaden entschuldigt schon – wieder anderweitig verehelichen?«

      »Gewiß,« sagte der Landrichter mit Würde, und die Schreiber und Sekretäre lachten verstohlen, und der zweite Schreiber raunte dem ersten zu: »Magst s'?«

      Frau Sabine Scharf stand in ihrer ganzen Länge da, hatte die Hände unter der Brust gefaltet, die Lider gesenkt und erklärte mit großartiger Betonung: »Ich kann das Seiner Durchlaucht gar nicht in übel nehmen, daß sie Ordnung haben will in Amberg, Ordnung muß sein; und ich befinde in meinem Herzen, daß ich gern katholisch werde.«

      »Und willst dich bis Ostern zur Beicht einstellen?« kam die Frage vom Tische.

      »O, morgen, Euer Gnaden,« antwortete Frau Sabine Scharf und schlug die Lider auf, »morgen!«

      »Schreibet!« befahl der Landrichter, und die Federn raschelten.

      »Und reinen Mund halten, Scharfin, bis nach der Beichte!« drohte der Landrichter. »Auch der Mann erfährt nichts davon!«

      »Hi,« lachte Frau Sabina, »beileib, kein Schnaufer – der!«

      Sie knickste, und hinter ihr schloß sich die Thüre.

      »Magst s'?« flüsterte der zweite Schreiber noch einmal, während ein Gemurmel den Tisch entlang ging.

      Wieder öffnete sich die Thüre, und breitspurig trat der Hufschmied herein, drehte den Hut zwischen den Fäusten, besah sich die Herren am Tische, einen nach dem andern, und schritt geradenwegs auf den Landrichter zu.

      »No, Euer Gnaden, was hat s' denn g'sagt?« fragte er vertraulich und wies mit dem Daumen über die Schulter zurück. – »No, halt mei' Alte, Euer Gnaden –?«

      »Merke dir von vornherein, hier ist nicht Mann und nicht Weib, nicht Vater und nicht Sohn,« sagte der Landrichter mit Würde.

      »Kinder haben wir keine,« warf der Hufschmied ein.

      »– sondern jeder giebt die Erklärung ab für seine Person,« schloß der Landrichter. »Und übrigens werdet ihr euch wohl vorher miteinander besprochen haben, du und dein Weib?« setzte er lauernd bei.

      »O ja, so, so, Euer Gnaden. Jetzt ich denk' mir halt, mit der – na, Herr Landrichter, die wenn ihren Kopf aufsetzt, ich denk' mir, der Kurfürst selber –«

      »Seine Kurfürstliche Durchlaucht!« unterbrach ihn der Vorsitzende.

      »No ja, Herr Landrichter, wenn der selber käm' und saget: ›Sabine‹, wenn der saget, ›Sabine, da gleich auf der Stell' mußt jetzt katholisch werden‹ – Herr Landrichter, habt Ihr's positiv von ihr verlangt?«

      »Freilich!« kam die Antwort vom Tische.

      Es war schon sehr dämmerig im Saale, doch der Hufschmied stand so, daß ein verirrter Lichtschein vom Fenster auf sein pfiffiges Gesicht fiel, und der zweite Schreiber stieß den ersten an.

      »Die Kerzen!« befahl der Landrichter, und der Diener ging hinaus.

      »Der Herr Landrichter entschuldigt schon,« begann der Hufschmied und drehte den Hut bedächtig zwischen den Fäusten, »gesetzt nun den Fall, wenn mein Weib halsstarrig ist –?«

      »Dann kann sie ehestens durchs Stadtthor hinaus direkt zum Teufel fahren,« erklärte der Landrichter.

      »Und da hebt dann, entschuldigt schon, die Obrigkeit selber den Ehestand auf?« erkundigte sich der Schmied.

      »Ja, wenn der andre Teil in seiner Halsstarrigkeit verharrt.«

      »Und was ihr zugehört, muß ich hinauszahlen? Entschuldigt schon!«

      »Das wird sich zeigen.«

      »O, Herr Landrichter, ich zahl's gern.«

      »Nun also!« drängte der Landrichter.

      Und im unsicheren Lichte der Kerzen schrieben die Schreiber: ›Hufschmied Scharf hält's dafür, es sei dies eine Schickung Gottes, sein Gemüt führe ihn selbst dazu; will gern katholisch werden.‹

      »An Ostern?« fragte der Landrichter.

      »O, morgen, Euer Gnaden!« seufzte der Schmied.

      »Und reinen Mund gehalten bis nach der Beichte, Scharf!« drohte der Landrichter mit gnädiger Miene. »Das Weib erfährt nichts davon!«

      »Ha,« lachte der Schmied, »beileib!«

      Die Thüre hatte sich geschlossen, und der Herr Landrichter lächelte hörbar, und der Regierungskommissarius lachte ziemlich laut, und zuletzt lächelten und lachten alle am ganzen Tische, je nach Unterschied des Ranges und der Würde.

      Und der Regierungskommissarius neigte sich gegen den Landrichter und wisperte vernehmlich: »Herr СКАЧАТЬ