Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen. August Sperl
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Название: Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen

Автор: August Sperl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075831439

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СКАЧАТЬ an eine schöne Insel stoße. Da wacht dann das tote Zwerglein auf, zerschlägt mit seinem Hämmerlein das Glas und steigt ans Land. Und ist dann im Zwergenhimmel, Mutter. Und denkt nur, wie sonderbar die Zwerge sind, Mutter: wenn sie ein kleines Kind kriegen, dann werden sie so traurig, ach, so traurig, und behängen sich mit Spinnenweben. Und, Mutter, wenn ein Zwerg stirbt und sie legen ihn hinein in den gläsernen Sarg, denkt nur, dann putzen sich die andern und lachen und singen und tanzen. Mutter, warum denn? Der Loißl hat mir's nicht gesagt. Er hat nur gesagt, daß heutzutage die Welt ganz verkehrt sei, sonst könnten wir's gar leicht verstehen.«

      Frau Katharina liefen die Thränen über die Wangen. Doch es war trotz der blinkenden Sterne so dunkel, daß es der Knabe nicht sah.

      Sie standen jetzt unter den kahlen Linden vor dem hellerleuchteten Herrenhause, und Hansjörg hatte die Hand vom Arme der Mutter gezogen.

      »Mutter, warum weinen die Zwerglein, wenn ihnen ein Kind geboren wird, und warum tanzen und singen sie, wenn einer von den Ihrigen stirbt?« fragte der Knabe. Doch er wartete gar nicht auf Antwort, sondern blickte wie träumend auf zu den Sternen. Und die Mutter sah scheu in das schöne, bleiche Antlitz und in die glitzernden Augen des Kindes.

      Dann griff sie nach seinem Händlein und sagte mit stockender Stimme: »Komm, Hansjörg, der Vater wartet!«

      »Aber ich werd' es wohl auch noch einmal verstehen,« murmelte der Knabe, trat neben ihr in das Haus seines Vaters und sah glücklich aus wie einer, dem sich ein schönes Geheimnis zu enthüllen verspricht.

      Verwaist.

       Inhaltsverzeichnis

      Auf die uralte Bergstadt Sulzbach leuchtete die Nachmittagsonne vom wolkenlosen Himmel, und die goldenen Zeiger am Pfarrturme funkelten weit hinaus in das hügelige, nordgauische Land.

      Rindergespanne zogen knarrende Wagen mit starkduftendem Hopfen in die weit geöffneten Scheunen; Weiber schoben ihre singenden Karren, hoch beladen mit Kraut und Rüben, durch den Staub, und ihre nackten Sohlen patschten, ihre braunen Gesichter glühten. Alamodische Junker in langschößigen Wämsern und weitschaftigen Reiterstiefeln stolzierten sporenklirrend die breite Straße vom Rathause zum Herzogschlosse, und die langen Straußenfedern auf ihren breitkrempigen Hüten schwankten. Vor dem Rathause saß der Stadtknecht und nickte.

      Um Kirche und Rathaus aber, um das hochragende Schloß und um alle die hundert und hundert Giebel, Türmchen und Erker, um die abgewetterten Ringmauern und grauen Felsen strich mit jauchzendem Pfeifen das Volk der Schwalben, und in den Gassen und Gäßlein spielte das Volk der Kinder seine uralten Spiele. Es war Friede, es war noch goldener Friede im Lande.

      *

      Aus dem Pfarrhause hinter der Kirche kam ein Trüpplein Schüler, kleine und große. Lachend und plaudernd gingen sie durch den Pfarrgarten, in dem späte Rosen blühten und Astern und der Rosmarin allen Gerüchen einen scharfen Duft beimischte.

      Nun standen sie vor der Mauer, und der letzte drückte hinter sich die Thüre ins Schloß.

      »Was thun?« rief ein reichgekleideter Bürgersohn. »Ich denke, wir werfen die Bücher dem Mesner in die Stube und rennen miteinander auf den Berg. Bist du dabei, Portner?«

      Der schlanke Jüngling, der mit gesenktem Haupte träumend abseits stand, schüttelte fast unmerklich das Haupt: »Kann leider nicht, muß heute gleich nach Hause gehen.«

      »Und mußt der Muhme die Möbel abstauben,« sagte der Bürgersohn.

      Ein halb unterdrücktes Lachen ging durch die Schar. Hansjörg Portner aber ward bleich und wandte sich jäh. »Mich wundert nur, daß du dich noch zu spotten getraust, Wirnhirn,« sagte er mit bebenden Lippen und reckte die hohe Gestalt.

      »O, Portner,« lachte der andre und bewegte sich dabei schnell rückwärts, dem Ausgange des kleinen Platzes zu, »in den Fäusten bist du mir über, auf den Beinen aber bin ich geschwinder als du, stolzer Portner. Freilich, wir Bürger sind das Laufen besser gewohnt als ein solcher Junker, den ja wohl einst seine Mutter sogar auf dem Gaul zur Welt gebracht hat.«

      »Oho!« rief da und dort einer aus der Schar. »Hört nur den Pfahlbürger!« – »Will der uns Junker höhnen?« – »Gebt ihm das Seinige!« Und drohend sonderte sich die Schar in zwei Haufen.

      Da ging die Gartenthüre noch einmal, und ein hochgewachsener Junker, älter als die andern alle, trat heraus. »Dummes Zeug!« rief er mit scharfer, befehlender Stimme. »Wollt ihr euch balgen wie die Gassenjungen? Daraus wird nichts, sage ich. Friede! Natürlich bist du's wieder gewesen, frecher Wirnhirn. Jucken dich die Hiebe nimmer, die Portnerischen vom Sonntag? Komm, Hansjörg, laß ihn, er hat ja doch einmal das Narrenrecht!«

      Wortlos verschwand der Bürgersohn um die Ecke der Kirche, lachend ging der Trupp durch das enge Gäßlein hinaus auf den großen, weiten Platz. Der Hochgewachsene aber schob nachlässig den Arm in Portners Arm und zog den Jüngling hinter den andern her. »Wird dich wohl nicht wurmen, Hansjörg?« erkundigte er sich in seiner kurzen, beinahe befehlenden Weise. »Was kann unsereinen solch ein Fant kümmern? Canaille! Genug und übergenug, daß wir mit seinesgleichen auf der Schulbank sitzen müssen. Und gottlob ist es die längste Zeit gewesen.«

      »Virtute decet, non sanguine niti, Sauerzapf,« sagte Hansjörg und ging langsam neben dem andern hinaus auf den sonnigen Platz.

      »Et virtute et sanguine!« unterbrach ihn der andre scharf.

      »Sola virtus nobilitat – Wer recht thut, der ist wohlgeboren; ohne Tugend ist Adel gar verloren,« fuhr Portner träumerisch fort. »Sieh, Sauerzapf, ich passe nicht unter Fröhliche, das ist's. Meine es von Herzen gut mit allen, und dennoch stoßen sich fast alle an mir. Wird wohl mein ernstes Gesicht schuld sein daran. – Der stolze Portner – stolz!« er lachte bitter auf.

      »Wenn Stolz Hochmut ist, dann bist du nicht stolz. Aber mich dünkt, Hansjörg Portner, du bist dennoch sehr stolz,« sagte der andre bestimmt. – »Vielleicht vertragen wir beide uns gerade deshalb so gut.«

      Portner schüttelte das Haupt und lächelte trübe. »Stolz! Worauf denn? Auf mein Unglück? Sauerzapf, nein! Aber so wird's wohl sein – Waisenkinder sind stets älter als andre Kinder.«

      »Du bist eben ein schwerblütiger Portner,« urteilte der andre in überlegenem Tone, machte seinen Arm frei und blieb stehen. »›Die meisten Portner sind so geartet,‹ sagt mein Vater.«

      »Exempel dafür sind namentlich meine Brüder Bastian und Wolfheinz,« lachte Portner und trommelte auf dem Deckel des Buches, das er unterm Arme trug.

      »Exceptio firmat regulam,« sagte Sauerzapf und zuckte mit den Achseln.

      Dann standen sie schweigend im Sonnenlichte, der blonde Portner und der braune Sauerzapf, beide fast gleich groß, beide stolze Gesellen, und doch einander so unähnlich. Die Schwalben strichen hin und wieder, und am Gasthause zur Krone, gerade über dem Thore, lehnte eine Leiter.

      »Das alte Haus haben sie stattlich heruntergeputzt, es blinkt ja ordentlich,« meinte Portner..

      »Ist auch an der Zeit gewesen,« spottete Sauerzapf; »ich glaube, seit den Tagen des böhmischen Karl ward es nimmer geweißt.«

      Ueber dem Thore stand mit glänzendschwarzen Buchstaben geschrieben: Renoviert Anno Domini 16 . . Die letzten СКАЧАТЬ