Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen. August Sperl
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Название: Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen

Автор: August Sperl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075831439

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СКАЧАТЬ du ihm geschnitten, guter Freund!« Und mit offenen Armen ging er auf den Knaben zu, bereit, ihn an seine Brust zu drücken.

      Hansjörg aber wich zur Seite und verbeugte sich kurz. Ein fast unmerkliches Lächeln huschte über das faltige Antlitz der Frau Anna Elisabeth von Kemnat. Dann aber saß sie wieder mit unbewegten Zügen da, starr und steif, und reichte ihrem Pflegesohne die Hand zum Kusse.

      Hans Andre stand zur Seite und wischte verlegen an seinem Wamse. Die alte Dame aber sagte: »Hansjörg, glaubst du heute mit dem Herrn Vetter nach Theuern reiten zu können?«

      »Und was soll ich dort?« fragte der Knabe mit bebenden Lippen.

      »Die Vormünder wollen sich mit euch beraten,« antwortete Frau von Kemnat, und es war, als hätte ihre Stimme einen weicheren Klang; »beraten in einer wichtigen Angelegenheit, Hansjörg.«

      Dieser besann sich kurz. Dann sagte er, zu seiner Pflegemutter gewandt: »Ich reite. Uebermorgen bin ich wieder hier.«

      »Ganz recht, Hansjörg, und ich werde dich beim Superintendenten entschuldigen. Und jetzt mache dich bereit!«

      Der junge Portner verneigte sich und verließ das Zimmer.

      Hans Andre aber spielte mit beiden Händen an der Rücklehne seines Stuhles, während sich Frau Anna Elisabeth von Kemnat an einem der Vogelkäfige zu schaffen machte.

      »Er wird's ja hoffentlich nicht gehört haben,« brummte der edle Burghüter und schielte vorsichtig nach der Thüre.

      Die alte Dame zuckte mit den Schultern und kehrte dem Vetter beharrlich ihren Rücken.

      »Wäre mir leid, er ist ja unter seinen Brüdern doch am besten geartet. Und ich kann ihn nicht auch noch zum Feinde brauchen, hab' mit dem Bastian genug zu thun. Doch er wird's ja nicht gehört haben.«

      Frau Anna Elisabeth von Kemnat wandte sich und sagte kalt: »Er hat's gehört, und er wird Euch noch zur Rede stellen; darauf kenn' ich ihn. Und ich möchte ihn sehen, wenn er Euch fragt, Herr Portner!«

      Damit ging sie aus der Thüre.

      *

      Im Abendsonnenscheine ritten die Portner auf der Amberger Hochstraße über die Berge; weit hinter ihnen folgte der Knecht.

      Nicht der Hauch einer Wolke war am tiefblauen Herbsthimmel zu sehen, und in unermeßliche Fernen dehnte sich das hügelige Waldland zu beiden Seiten des Berggrates.

      Aus den Hammerstätten links drunten am Rosenbache und an der Vils drüben stieg blauer Rauch empor, und auf den Feldern und Wiesen in der Tiefe erschienen die Menschen und Tiere klein wie Spielzeug aus einer Nürnberger Schachtel.

      Auf alle Weise versuchte Hans Andre, das Gespräch fortzuspinnen. Aber es ward ihm schwer; denn einsilbig saß Hansjörg auf seinem Fuchsen, schaute vor sich hin und sagte nur ja und nein. Die Hufe klapperten auf der trockenen Straße, kühle Luft strich über die Höhe.

      So kamen sie allgemach auf die Platte des Erzberges, und zu ihren Füßen breitete sich Altamberg, eingezwängt in seine vieltürmige Ringmauer.

      Wo die Hochstraße in die Tiefe führt, hielt Hans Andre sein Pferd an. Hansjörg ritt noch einige Schritte, dann blieb auch er stehen und blickte hinüber auf das Gewirre der roten Dächer.

      »Darum aber handelt sich's heute abend nicht minder,« sagte Hans Andre und trieb sein Roß an das des Jünglings, »ob der Ofen zu Theuern ausgelöscht werden soll oder nicht. Der Bastian will, daß man ihn nicht weiter führe, und beruft sich auf des Vaters Testament.«

      Zum ersten Male lachte Hansjörg kurz auf:

      »Wenn der Bruder nur in allen Stücken nach des seligen Herrn Vaters Testamente leben und handeln wollte, dann stünd' es wohl besser mit Theuern und uns Brüdern allen.«

      »Freilich, Hansjörg, freilich,« sagte der andre eifrig; »das ist je und je auch meine Meinung gewesen. Du bist ein vernünftiger Mensch, Hansjörg. Den Wolfheinz lass' ich mir auch noch gefallen – der will doch in Herrendienste ziehen, weißt du's schon? Ja, was ich sage, mit euch beiden ist zu reden; aber mit dem Bastian – das ist ein Widerborstiger. Hansjörg, ich denke, wir halten gut zusammen! Meinst du nicht auch?«

      Einen Augenblick wandte Hansjörg das schöne Antlitz herüber auf den Vetter, und seine feinen Nasenflügel zitterten. Dann sah er wieder hinaus über die Stadt, dem Schlangenlaufe des Flusses nach, bis dorthin, wo zwischen den Hügeln der Rauch vom Hammer Theuern aufstieg und am Horizonte im Dunste verschwamm. »Wer mir den Vater hinter meinem Rücken schmäht, wie kann ich dem vertrauen, Herr Vetter, auch wenn er mir schön thut ins Angesicht?« sagte er mit fester Stimme, während die Schlagader an seinem Halse klopfte.

      Der Burghüter kaute an der Lippe und hatte die Augen gesenkt.

      Da wandte sein Roß den Kopf zurück und begann lautauf zu wiehern. Auf der Kuppe zeigte sich der Reitknecht und winkte heftig mit dem Arme.

      »Was will denn der Esel, der Tausendhimmeldonnerwetteresel?« brach Hans Andre los.

      Hinter dem Knechte tauchte ein Reiter auf, dann noch einer, dann ein dritter.

      »Die haben's eilig,« murrte Hans Andre und drückte sein Roß zur Seite. Auch Hansjörg wich aus bis an den Straßenrand.

      In toller Eile kamen die Reiter. Warnend hob Hans Andre die Rechte und wies auf den steilen Niedergang der Straße. Doch achtlos rasten die drei heran auf ihren schnaubenden, schweißtriefenden Rossen, vorbei und zu Thale. –

      Mit entblößtem Haupte saß Hans Andre im Sattel und starrte dem Trüpplein mit offenem Munde nach. Dann stieß er hervor:

      »Hast ihn gesehen, Hansjörg, den Vordersten auf seinem Braunen, den jungen Herrn mit den großen Augen? Wach' oder träum' ich?«

      »Herr,« schrie der Knecht und rumpelte auf seinem Klepper herzu, »habt Ihr den Durchlauchtigen gesehen?«

      »Rindvieh,« rief Hans Andre, »warum bist du nicht eilig herangeritten, daß ich hätte meine Reverenz machen können zur rechten Zeit?«

      »Aber, Herr, die sind ja geritten wie's Nachtgeschrei!« sagte der Knecht. »Und aufs Wettreiten sind der ihre Haxen nimmer eingerichtet.«

      »Rindvieh!« brüllte Hans Andre.

      »Recht haben ist leicht, recht kriegen ist schwer,« murmelte der Knecht und machte ein beleidigtes Gesicht.

      »Vorwärts, Hansjörg,« rief Hans Andre und trabte voran, die Straße zu Thal; »der Kurfürst ist drunten in Amberg!«

      Am Jörgenthore parierte Hans Andre seinen Gaul und wartete auf den Neffen.

      »Neugierig bin ich nicht, aber wissen muß ich's! Warum ist der Durchlauchtige nach Amberg gekommen? Kannst du dir's zusammenreimen?«

      Hansjörg schüttelte das Haupt.

      »O, ich schon,« sagte der andre triumphierend. »Mach den Finger naß und reck ihn in die Luft! Was für ein Wind ist's? Der böhmische Wind, Hans Jörg. Und der Kurfürst wird König in Böhmen!« –

      Von allen Seiten strömte das Volk in die Regierungsgasse. Schritt vor Schritt gelangten СКАЧАТЬ