Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen. August Sperl
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Название: Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen

Автор: August Sperl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075831439

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СКАЧАТЬ Thore!«

      Der Knecht führte die Rosse aus dem Gewühle.

      Ein Trupp Stadtknechte kam. »Platz für den regierenden Bürgermeister!«

      Und es bildete sich ein breiter Weg für den Regierenden, der, im Schmucke seiner goldenen Kette ehrwürdig anzuschauen, hinter den Knechten in die Gasse einbog, langsam und steif, als hätte er einen Bohnenstecken verschluckt.

      »Ihm nach!« raunte Hans Andre und zog den Neffen hinter sich her.

      »Platz für den Regierenden!« schrieen die Stadtknechte, und langsam schob sich das Trüpplein zum Schlosse hin.

      Es war ein erregtes Fragen und Raunen und Antworten ringsumher, aber mit unbewegtem Amtsgesichte schritt der Bürgermeister durch das Volk, als stolzierte er durch eine Hammelherde.

      »In achtzehn Stunden, Gevatter? Das ist nicht zu glauben!«

      »Hab's ja selber gehört. Der Reitknecht erzählt's jedem, der's wissen will.«

      »Und woher?«

      »Von Heidelberg, kann's aber nit beschwören.«

      »Waldstreu und Häcksel!«

      »Na,« meinte ein dritter, »ausgeschaut haben die Gäul' danach, und sonderlich der Bräunel! Patschnaß, und die Flanken auf und nieder, auf und nieder, nur so geflogen, und die Zunge heraußen auf halbe Armsläng'!«

      »Und verreckt ist er auch schon,« schnurrte eine Weibsperson, die vom Schlosse her kam und sich mit den Ellbogen den Weg bahnte.

      Vor der Zugbrücke hielten sie.

      »Der Regierende!« rief der vorderste Stadtknecht und betrat die Holzbohlen, auf denen ein toter gesattelter Gaul lag.

      Die Wache spreizte die Beine und ließ passieren.

      Die Knechte traten zur Seite, und würdevoll betrat der regierende Bürgermeister der kurfürstlichen Stadt Amberg die Brücke, schritt achtlos vorüber an dem kläglichen Kadaver und verschwand im Thore.

      Mitleidig besah Hansjörg Portner den Haufen Fleisch und Knochen im braunen, nassen, staubbedeckten Felle und das große gebrochene Auge, das vorwurfsvoll zu fragen schien: Warum?

      »Zweihundert Gulden ist er wert gewesen,« sagte Hans Andre mit Kennermiene. »Unter Brüdern,« setzte er mit Nachdruck hinzu.

      »Fallen ist keine Kunst, aber aufstehen, das ist wohl eine Kunst,« lachte einer von den Stadtknechten. Und ringsumher entstand ein beifälliges Gemurmel.

      »Komm, Hansjörg!« sagte der edle Burghüter und wandte sich. »Wir gehen gleich rechts hinüber zum Thore.«

      »Ich weiß genug,« setzte er bei, als sie aus dem Gedränge waren. »In achtzehn Stunden ist er irgendwoher nach Amberg geritten! Und warum das? Er hat die böhmische Krone genommen!«

      Dann aber legte der edle Burghüter den Finger an die Stirne, blieb stehen und besann sich. Und kurz entschlossen ging er wieder zurück, drängte sich durch die Menge und bestieg einen Prellstein.

      »Ihr Bürger von Amberg,« schrie er mit starker Stimme und schwenkte den großen Hut mit den blauweißen Federn; »unser gnädigster Landesherr, Kurfürst Friedericus der Fünfte, Pfalzgraf bei Rhein, et cetera, et cetera, vivat hoch!«

      »Vivat hoch!« schrieen die Stadtknechte und brüllten die Bürger und Weiber und Kinder in der Nähe. Die Menge in der Gasse aber stand ruhig wie zuvor und wußte nicht, worum es sich handelte.

      Mit befriedigtem Antlitze schob sich Hans Andre durch das Gedränge und ging seinem Neffen nach, der langsam vorausgeschritten war.

      »So gehört sich's, und das et cetera habe ich stark betont, und wie leicht kann's zu den Ohren des Durchlauchtigen kommen, daß der Burghüter von Rieden ihm ein Vivat dargebracht hat,« triumphierte er und bog breitspurig und sporenklirrend neben dem Jüngling um die Ecke.

      Hansjörg Portner sagte kein Wort.

      »Et cetera, et cetera« murmelte Hans Andre aufgeregt, »denk an mich, Hansjörg, es ist so, denk an mich!«

      Innerhalb des Thores hielt der Knecht mit den Rossen.

      »Ein Brief vom Scharffenberger seinem Reitknecht,« sagte er und reichte dem Herrn das Schreiben hin.

      Hans Andre riß es auf: »Potz hunderttausend Sack voll Wanzen über ihn! Kann nicht nach Theuern reiten, der Scharffenberger? Ist leicht zu erraten, warum! Blieb' ich doch auch lieber zu Amberg in der Stadt und bespräche die Zeitläufte in der Trinkstube. Sauf, daß dir das Feuer zum Hals herausschlägt! Vorwärts, nach Theuern!« –

      Und so ritten sie durch den lauen Spätsommerabend das Flußthal hinunter. Hansjörg schwieg; nur zuweilen sagte er ja und nein. Fast unablässig aber ging das Maulwerk des edeln Burghüters. Er sprach vom jungen Fürsten und von der alten böhmischen Krone, er lachte über den Kaiser und über den bayrischen Maximilian und über die Jesuiten samt der katholischen Liga, er lobte Herrn Friedrich den Fünften und seinen Schwiegervater, König Jakob von England, und pries das englische Geld und die Kraft der protestantischen Union mit gewaltigen Worten.

      Die Sonne versank, und in dem stillfließenden Gewässer der Vils spiegelte sich der Mond. Klagende Vogelstimmen tönten aus den weiten Schilffeldern, Fledermäuse schwirrten über den Weg, aus den Tümpeln kam das langgezogene hohe Gurren der Wasserschlangen. Hell klangen die zwölf klappernden Hufe durch die Nacht. –

      Vom Silberlichte des Mondes übergossen lag das Dorf, und stückweise glitzerte zwischen den Schatten der hohen Erlen die Fläche des Flusses. Auf den Bänken vor den Hütten saßen die Leute und spielten mit den Allerkleinsten und feierten nach der Arbeit des Tages. Weit hinaus, thalauf, thalab glänzte der weiße Kirchturm mit seinen rundbogigen Schallfenstern. Im hellen Mondscheine stand das Herrenhaus, und die uralten Linden auf dem weiten Platze hinter der Steinbrücke waren anzusehen, als trügen sie silberne Blätter zwischen dem dunkelgrünen Laube.

      Ueber die lange Holzbrücke des Flusses polterten die Rosse, Hunde schlugen an, und vor der Steinbrücke des Schloßgrabens hielten die Portner, sprangen aus den Sätteln und warfen dem Knechte die Zügel zu.

      Schweigend schritten sie zwischen den plump gemeißelten Hirschen hindurch und blieben stehen.

      Ueber dem runden Steintische inmitten der Linden zur Rechten hing eine große Laterne. Auf der Tischplatte lagen Waffen und Werkzeuge, und, halb mit dem Rücken gegen die Brücke gewendet, stand ein großer Mann im funkelnden Harnisch, angethan mit Arm- und Beinschienen, barhäuptig; der scheuerte hörbar an einem Schwerte und pfiff dazu.

      »Wolfheinz!« rief Hansjörg Portner und rannte auf den Bruder zu. »Wolfheinz!«

      Der andre hielt inne und richtete sich auf. Dann lachte er und streckte dem Bruder die Hand entgegen. »Da bist du ja, Hänsel! Stecke mitten in der Arbeit. Aber, sieh nur, er sitzt mir vortrefflich. Und ich trage den Harnisch leicht wie ein Federkleid – sieh nur!«

      Und er nahm auch den Eisenhut von der Bank, stülpte ihn auf seine blonden Locken und begann lachend um den Tisch zu tanzen, daß die langen, blauweißen Wollfedern wehten.

      »Ach, Ihr auch, Herr Vetter?« sagte er plötzlich, СКАЧАТЬ