Название: Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme
Автор: Jodocus Temme
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027238149
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Ein ähnliches Abenteuer hatte der Churfürst Joachim II. Es war im 1570, als dieser in derselben Haide bei Köpenik auf der Jagd war, und einen großen Hirsch traf, den er alsbald verfolgte. Wie er nun aber recht in der Hitze des Verfolgens war, da gewahrte er auf einmal, daß der Hirsch auf dem Kopfe zwischen dem Geweihe ein Crucifix trug. Darauf ließ der Churfürst von der Verfolgung ab, und warf sich auf die Kniee nieder und betete; denn er erkannte, daß dies seinen Tod anzeigen solle. Nicht lange darauf, am 3. Januar 1571, starb er auch im Schlosse zu Köpenik. Der Hirsch hat sich nach der Zeit nicht wieder sehen lassen.
Beckmann histor. Beschr. v. Brandenburg. Th. 3. S. 782. 783.
8. Joachim von Schapelow.
Zu den Zeiten des Churfürsten Johann Georg lebte zu Berlin ein Edelmann, Namens Joachim von Schapelow, dessen Grabschrift noch in der Kirche zu Quilitz vorhanden, und der wegen seiner verwunderlichen Stärke beim Volke noch in gutem Andenken ist. Es gab zu seiner Zeit keinen stärkeren Mann als er. Einstmals war ein fremder Fürst nach Berlin zum Besuche des Churfürsten gekommen; der hatte einen ungeheuer großen und starken Mann mitgebracht, von dem er rühmte, daß kein lebender Mensch ihm an Stärke gleich komme. Das wollte der Churfürst nicht glauben, indem er vermeinte, sein Schapelow sei stärker. Er befahl diesem dahero, sich mit dem Riesen des fremden Fürsten einzulassen. Das waren alle Theile zufrieden, indem der Riese und sein Herr nicht anders vermeinten, als jener werde über den kleinen Märker einen leichten Sieg davon tragen. Aber Joachim von Schapelow warf bald den fremden Riesen zu Boden, ergriff ihn dann, als derselbe aufstand, von Neuem, hielt ihm beide Hände fest, daß er sich nicht rühren konnte, trug ihn zum Fenster hin, und wollte ihn aus demselben hinauswerfen, zum öffentlichen Wahrzeichen seines Sieges. Der Churfürst aber gestattete ihm das nicht.
Dieser hohe Herr war indeß über den Sieg seines Edelmanns so erfreut geworden, daß er ihm erlaubte, aus seinem Weinkeller so viel Wein herauszuholen, als er mit Einem Male heraustragen könne. Da sah man erst die erstaunliche Kraft des Schapelow. Er nahm nämlich ein Faß Wein unter den rechten Arm, ein Faß unter den linken, ferner ergriff er ein Faß am Spundloch mit den vier Fingern der rechten, und eins mit den vier Fingern der linken Hand; also daß er insgesammt vier Fässer Wein aus dem Keller getragen. Als das der Churfürst gesehen, hat er gesagt: Schaplo! Schaplo! dießmal mag’s geschehen; wir werden dich aber wohl nicht wieder in unseren Weinkeller schicken!
Dieser Schapelow starb im Jahre 1574.
Beckmann histor. Beschr. v. Brandenburg. Th. 1. S. 278.
9. Der Müggelberg bei Cöpenik.
Vor dem Städtchen Cöpenik, zwei Meilen von Berlin, liegt ein sehr fischreicher See, eine halbe Meile lang und eine viertel Meile breit, durch den die Spree, wie ein breiter Fahrweg, mitten durchfließt, der »Müggelsee« oder auch kurzweg die »Müggel” genannt. An demselben ist eine aus vielen Hügeln zusammengesetzte Anhöhe gelegen, mit vielen schlanken Eichen und Fichten besetzt, der »Müggelberg” genannt. In diesem Berge findet man einen weißen Stein, der ungefähr sieben Fuß lang und sechs Fuß breit ist. Von demselben erzählt man, daß darunter ein großer Schatz verborgen liege, der von einer Jungfrau verwahrt wird, und nicht eher gehoben werden kann, als bis die Jungfrau erlöset ist. Vor langen Zeiten hat sich diese einmal sehen lassen. Sie ist schön und ansehnlich von Gestalt gewesen, sie hat gesagt: daß sie verwünscht sei, und hat gebeten, sie zu befreien; dazu solle man sie um die Kirche zu Cöpenik herumtragen. Es hat das aber keiner thun wollen.
Auch hört man in dem Müggelberge oft des Nachts ein sonderbares Getöse von Jagdhörnern und bellenden Hunden.
Beckmann histor. Beschr. v. Brandenburg. Th. 1. S. 1098.
10. Das Grab bei Rheinsberg.
Nahe bei der Stadt Rheinsberg in dem bei derselben befindlichen See liegt eine kleine Insel. Als man auf dieser vor Zeiten einmal beschäftigt war, einen Graben zu ziehen, fand man auf einmal tief unten in der Erde viele Menschenknochen von ganz ungewöhnlicher Größe, und zugleich ein altes Grab, welches aus zwei Steinen bestand, von denen der eine etwas kleiner, der andere aber größer und von schönem Marmor war. Dieser letztere war drei viertel Ellen lang, eine halbe Elle breit und eine viertel Elle dick; auf dessen einer Seite waren sechs Vögel zu sehen, die man für Habichte erkannte; auf der anderen Seite war eine Aufschrift, deren Buchstaben aber vom Alter so sehr ausgezehret waren, daß sie sich nicht mehr wollten lesen lassen. Weil man nun alsbald bemerkte, daß dieses Grab römischen Ursprungs sein müsse, so wie man überhaupt in der Gegend von Rheinsberg mehr römische als deutsche Alterthümer von jeher gefunden hat, so ist man auch klar darüber geworden, daß dieses das Grab des Remus sei, des Bruders von Romulus, dem ersten Könige von Rom, und daß dieser Remus nicht von seinem Bruder auf den Mauern Roms umgebracht, sondern über die Alpen entflohen, und auch nun nicht, wie Andere von ihm berichten, die Stadt Rheims in Frankreich gegründet habe, sondern die Stadt Rheinsberg in der Mark. Wobei es denn auch wohl zu beachten, daß diese Stadt schon in alten Zeiten zum öftern Remus- oder Remsberg ist genannt worden, so wie denn auch der Fluß an derselben eigentlich nicht Rhein oder Rhin heißt, wie er gewöhnlich ausgesprochen wird, sondern Rhem, und jene Insel, auf welcher man das Grab gefunden, von Alters her bis auf den heutigen Tag Remus-Burgwall von den Einwohnern genannt wird.
Beckmann histor. Beschreibung v. Brandenburg. Th. 2. S. 421 f.
11. Der Stein bei Stolzenhagen.
Auf dem Stolzenhagischen Felde unter dem Amte Müllenbeck in der Mittelmark, nicht gar weit von dem Wandelitzischen See, liegt ein ungeheuer großer Stein, der mehrere Fuß tief in die Erde hineingeht, und oben einen tiefen eindringenden Eindruck von einer sehr großen und starken Manneshand hat. Die fünf Finger kann man noch ganz klar und deutlich erkennen. Von diesem Stein erzählen die Wandelitzer, daß er in alten Zeiten an der anderen Seite des Wandelitzer Sees gelegen habe. Dort hat damals ein großer und ungeheurer Riese gewohnt, der den Stein aufgehoben, und zum Beweis seiner großen Stärke mit seinen fünf Fingern hineingegriffen, daß sie sich darin abgedrückt, ihn dann auf die Hand genommen, und hoch über den ganzen See hinweggeworfen, daß er an der andern Seite desselben niedergefallen.
Beckmann histor. Beschr. v. Brandenburg. Th. 2. S. 377.