Stanislaw Przybyszewski: Romane, Erzählungen & Essays. Stanislaw Przybyszewski
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Название: Stanislaw Przybyszewski: Romane, Erzählungen & Essays

Автор: Stanislaw Przybyszewski

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027205639

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      Er erholte sich. Der rote Nebel schwand, er sah lange, schmale Schwaden von Zigarrenrauch.

      Sie lag halb auf dem Sofa, atmete heftig, ihre Augen waren geschlossen.

      Er nahm leise ihre Hand. Sie saßen allein, kein Mensch konnte sie beobachten.

      Sie erwiderte seinen Druck.

      Und sie hielten sich fester und fester an den Händen.

      Sie war ihm so nah – noch näher – noch näher; ihre Köpfe berührten sich fast.

      Sie sträubte sich nicht; er fühlte sie, wie sie sich hingab, er fühlte sie, wie sie sich in sein Herz legte, in das warme Blutbett seines Herzens.

      Sie löste sich plötzlich los.

      – Herr Falk, sie erlauben, daß ich Ihnen den ersten, deutschen Kunstmäzen – Schermer grinste boshaft – den Mäzen deutscher Rasse von echtem Schrot und Korn vorstelle ... Herr Buchenzweig.

      Herr Buchenzweig verneigte sich sehr tief.

      – Herr Schermer führt mich einigermaßen mit zu viel Aplomb in Ihre werte Gesellschaft hinein, aber ich darf sagen, daß ich ein großes Interesse an der Kunst habe.

      Herr Buchenzweig setzte sich hin und machte Pause.

      Er sah merkwürdig aus. Bartlos, das Gesicht etwas aufgedunsen, und hatte brauenlose Augen.

      – Sehen Sie, Herr Falk, Ihr Buch hat mich im höchsten Maße interessiert und entzückt.

      – Das freut mich.

      Ja, wissen Sie warum?

      – Herr Buchenzweig interessiert sich ungemein für die Kunst – Schermer gab sich Mühe, seine Betrunkenheit zu verdecken.

      – So, so ...

      Herr Buchenzweig sprach melancholisch und blähte die Unterlippe auf.

      – Wissen Sie, warum? Nach vielen Enttäuschungen bin ich dazu gekommen, in der Kunst Trost zu suchen ...

      Der Säugling kam heran.

      – Na, Herr Falk, haben Sie wieder ein neues Genie entdeckt? ...

      – Nun, Sie scheinen sich noch nicht entdeckt zu haben, oder sind Sie schon entdeckt?

      Isa wurde unruhig. Sie horchte zerstreut zu. Wie kam es nur so plötzlich über sie? Wie konnte sie nur das tun? Falk sich so ganz hingeben ... Es war doch lächerlich, einem fremden Menschen, den sie gestern erst kennen gelernt hatte, zu erlauben, ihr so nahe zu kommen. Sie fühlte Scham und Unruhe, weil sie fühlte, daß der Mann ihr näher stand, als sie sich eingestehen wollte.

      – Wissen Sie, Herr Buchenzweig, höhnte Schermer, sind Sie wirklich der Mensch, der sich für die Kunst interessiert – ja, Sie sprechen ja ewig von deutscher Kunst und sonstigen Kisten – so tun Sie doch etwas für die deutsche Kunst! Ja tun Sie was, pumpen Sie einem armen, deutschen Künstler, wie mir zum Beispiel, zweihundert Mark. Ja, tun Sie das ...

      Herr Buchenzweig blähte die Unterlippe und steckte die Zeigefinger in die Hosentaschen. Er schien alles überhört zu haben und schielte nach Isa hinüber.

      Wie unangenehm war ihr der Mensch. Aber warum kommt Mikita nicht; es ist doch schon spät.

      – Haben Sie überhaupt zweihundert Mark? Schermer lachte mit offenem Hohn. Auf wie viele Markstücke beläuft sich Ihr Millionenvermögen ...

      Daß der Mensch nicht beleidigt wurde. Isa wurde die Gesellschaft plötzlich widerwärtig.

      Warum komme er denn nicht. Was wolle er denn wieder von ihr?

      Sie fühlte sich müde. Diese beständige Eifersucht ... Aber er hatte nur sie allein, er hatte Niemanden außer ihr. Selbstverständlich wird er nicht kommen. Nun sitzt er auf seinem Atelier und quält sich und rast und läuft herum ...

      Sie horchte auf. Falk sprach mit einer so gereizten Betonung.

      – Lassen Sie mich doch mit diesem ewigen Literaturklatsch! Wir haben doch etwas Besseres zu tun, als darüber zu streiten, wem der erste Rang in der deutschen Literatur gebührt, Hauptmann oder Sudermann.

      – Na, na; der Säugling war sehr indigniert. Es ist doch ein kolossaler Unterschied zwischen den Beiden ...

      – Aber es fällt mir gar nicht ein, daran zu zweifeln. Ich bin selbst ein Verehrer von Hauptmann. Ich schätze namentlich seine lyrische Produktion. Haben Sie den Prolog von ihm gelesen, den er zur Eröffnung des Deutschen Theaters geschrieben hat? Nein? Das ist die kostbarste Perle unserer zeitgenössischen Lyrik. Hören Sie nur:

      Und so wie es uns, den Alten,

       Doch gelang, in diesem Hause,

       Wollen wir die Fahne halten

       Ob der Straße Marktgebrause ...

      – Das Köstlichste haben Sie vergessen, höhnte nun Schermer; wie heißt es doch nur? Das mit den neunundneunzig Zwiebelstücken und dem Schimmer von der Wunderflamme und das Dings da ... na, egal – ne Perle ist es doch ...

      Der Säugling warf Schermer einen verächtlichen Blick zu und sprach dann mit bedeutungsvoller Betonung:

      – Ich weiß nicht, Herr Falk, ob das Ihr Ernst oder Hohn ist, aber bedenken Sie, was dazu gehört, die »Weber« zu schreiben ...

      Schermer unterbrach ihn heftig.

      – Das macht keinen Eindruck mehr. An Revolten und Totschlagen sind wir – vom Lokal-Anzeiger her gewöhnt.

      Der Säugling fand, daß es unangenehm sei, sich in der Gesellschaft eines betrunkenen Menschen zu befinden, worauf er eine Menge nicht grade schmeichelhafter Sachen zu hören bekam. Die Gruppe löste sich auf. Nur Isa und Falk blieben sitzen.

      Er fühlte sie plötzlich so fremd, so weit weg. Er war sehr gereizt. Selbstverständlich sitzt sie wie auf Nadeln und wartet auf Mikita. Er empfand einen heftigen Schmerz.

      – Nein, Herr Falk, Mikita wird heute nicht mehr kommen, sagte sie plötzlich.

      – Bleiben Sie doch noch hier. Er kann jeden Augenblick kommen.

      – Nein, nein! Er kommt nicht. Ich muß jetzt nach Hause. Ich bin so müde. Die Gesellschaft langweilt mich. Ich will nicht länger hier bleiben.

      – Darf ich Sie begleiten?

      – Wie Sie wollen ...

      Falk biß sich in die Lippen. Er sah ihre unruhige Aufregung.

      – Vielleicht wünschen Sie nicht, daß ich Sie begleite?

      – Nein, nein ... doch, ja – aber ich muß jetzt nach Hause ...

      VIII.

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