Stanislaw Przybyszewski: Romane, Erzählungen & Essays. Stanislaw Przybyszewski
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Название: Stanislaw Przybyszewski: Romane, Erzählungen & Essays

Автор: Stanislaw Przybyszewski

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027205639

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СКАЧАТЬ preßte sie enger und enger an sich und horchte in sich hinein und schrie in sein Gewissen: Mikita! Mikita!

      Ja, jetzt vergessen – Alles vergessen um Mikitas Willen ...

      – Ja, Janina, ich bin bei Dir; ich bleibe Dir ...

      V.

       Inhaltsverzeichnis

      Er durfte sie nicht mehr sehen.

      Das wurde ihm nun klar.

      Nein! Nicht mehr.

      Angst, schmerzhafte Angst kam in ihm auf.

      Wie wird das werden? Wie wird er dies zwingende Verlangen ersticken können? In einer Stunde hatte das Weib diese tiefen Wurzeln in ihn geschlagen. Ihr Faserwerk umstrickte seine Seele. Enger und enger zogen sich die Maschen dieses Wurzelnetzes zusammen. Er fühlte sich deutlich in zwei Menschen zerfallen, und während der Eine kühl und klar den Willen zu beeinflussen suchte, warf ihm der Andre plötzlich Gedanken in sein Gehirn, die den bewußten Menschen zerstörten und bohrte sich tiefer in ihn hinein mit einer Sehnsucht und einem Verlangen, daß er rastlos hin- und hergeworfen wurde und keine Ruhe finden konnte.

      Was war denn geschehen?

      Ohé les psychologues! Erklärt mir doch mit euren ganzen psychophysischen Grundgesetzen, was in meiner Seele vor sich gegangen ist? Bitte, erklärt mir das!

      Er setzte sich plötzlich auf.

      Was fehlte nur Mikita?

      Ahnte er, fühlte er es kommen? Aber es war ja nichts geschehen ... Warum war er nur heute so einsilbig?

      Er muß sie unerhört lieben. Es zuckte Leiden um seinen Mund.

      Ja, Mikita fühlt auf Distanzen; ja, Mikita sieht das Gras wachsen ... Der Ton, mit dem er ihn bat, Isa heute zu Iltis zu begleiten. Er habe so viel zu tun, und Isa habe so große Lust darauf.

      Warum führe er sie nicht selbst?

      Ja, er werde vielleicht später nachkommen ... Aber konnte er denn nicht seine Geschäfte bis morgen vertagen?

      Falk stand auf.

      Nein! Er wird sie nicht begleiten. Er darf sie nicht mehr sehen. Jetzt könnte er sie noch vielleicht vergessen. Sie könnte jetzt noch ein herrliches Erlebnis werden, ja, ein Erlebnis, das er literarisch verwerten könnte.

      Literarisch! Falk lachte höhnend.

      Er wird zu Hause bleiben und literarisch tätig sein. He, he ...

      Er fühlte Ekel.

      Dies dumme blödsinnige Schreiben! Warum ist er nicht genug Aristokrat, um sein persönlichstes, sein feinstes und verschämtestes Empfinden nicht zu prostituieren? Warum wirft er das Alles vor die Menge?

      Die Herren, die auf den Menschheitshöhen wandeln, mitsamt den Ferschten. Ja, den Ferschten, wie sie in den »Fliegenden Blättern« zu finden sind, halb Pudel, halb Affe, mit aufgekrempelten Hosen ...

      Ekelhaft!

      Nein! Jetzt wird er sich entschließen. Ja! Nun ist es bestimmt. Er wird zu Hause bleiben.

      Der feste Entschluß tat ihm wohl. Er setzte sich vor den Schreibtisch und fing an zu lesen.

      Er las eine Seite und verstand Nichts.

      Dann sah er auf. Er mußte unwillkürlich an einen Knecht in einem Gogelschen Roman denken, dem das rein mechanische Lesen Vergnügen macht, ohne daß er auch nur ein Wort versteht.

      Er raffte sich auf und las weiter.

      Was war nur in ihren Bewegungen?

      Das war keine Bewegung mehr, das war Sprache, das war der vollendeteste Ausdruck seines eignen höchsten Kunstideals – und die Hand, die Hand ...

      Er fuhr zusammen.

      Daß er das nur vergessen konnte!

      Er mußte doch an Mikita schreiben, daß er verhindert sei, Isa zu begleiten.

      Er setzte sich hin und schrieb eine Rohrpostkarte.

      Wie schön es nun wäre, Jemand mit der Karte schicken zu können! Jetzt mußte er selbst auf die Post laufen!

      Er trat auf die Straße. Es stieß ihn, zu ihr zu gehen, sie nur noch einmal zu sehen, sich an ihrer Nähe zu reiben –ja, nur noch einmal sie atmen zu können.

      Aber das durfte er nicht. Er werde sich doch noch bezwingen können?!

      Ja, bezwingen! Grade so bezwingen, wie einer seiner Freunde, dessen größtes Verlangen es war, einmal Rom zu sehen. Und er fuhr nach Rom, aber eine Meile vor Rom hatte er sich gesagt, daß der Mensch sich müsse bezwingen können, und kehrte um. Als er in die Heimat zurückkehrte, wurde er verrückt.

      Ja, das kommt Alles von der lächerlichen Idee, daß man sich bezwingen könne, und grade das in sich, was das Stärkste ist, weil es von Ewigkeit her da ist.

      Und er dachte an Heines Worte – wie war es doch? Könnt ich mich bezwingen, wärs schön; könnt ich es nicht, wärs noch schöner. Ja so ungefähr.

      Aber der zynische Hintergedanke war ihm peinlich. Er hatte das Gefühl, als hätte er Isa beschmutzt.

      Warum denn? In welcher Beziehung sollte Isa zu diesem Hintergedanken stehen.

      Und er ging und grübelte über die geheimen Assoziationen, die sich irgendwo im Verborgenen vollziehen und dann plötzlich ohne jeden Zusammenhang ins Gehirn treten.

      Ja, scheinbar zusammenhanglos. Das tückische Unbekannte weiß ganz genau, was es zusammenkoppelt.

      Es machte ihm Freude, an diesem sonderbaren Rebus herumzurätseln.

      Selbstverständlich tat er es nur, um keinen anderen Gedanken auftauchen zu lassen – Schön war doch die Enge des Bewußtseins ...

      Aber der Gedanke an Mikita brach doch hervor.

      Er wollte nicht an ihn denken.

      Es war, als bekäme er jedesmal einen Herzkrampf. Das Blut staute sich auf Augenblicke zu Herzen. Das tat unsagbar weh.

      Warum sollte Mikita Rechte auf einen Menschen haben, ausschließliche Rechte, so eine Art Monopol?

      Er schämte sich plötzlich, empfand aber deutlich ein heißes Gefühl von – – ja wirklich, es war ein deutliches Haß- nein – Unmutsgefühl ...

      Mikitas wegen durfte er nicht gehen! Mikitas wegen?! Er lachte höhnisch. Erik Falk hält sich für den Unüberwindlichen! Mit einer gewissen prästabilierten Harmonie müsse er jeden Mann zum Hahnrei machen, jede Verlobte eines Andren müsse sich mit zwingender Gewalt in ihn verlieben.

      Das war doch unendlich lächerlich!

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