Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen. Heinrich Smidt
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СКАЧАТЬ sie bei sich empfangen zu dürfen; allein die Mynheers glichen lebenden Statuen, welche nicht imstande waren, den Mund zu öffnen. Eine stumme Verbeugung war alles, was die größte Beredsamkeit als Antwort zu erringen vermochte.

      In diesen Augenblicken ruheloser Erwartung, die sich von dem Palast aus über die ganze Stadt verbreitete, hatte niemand ein Auge für die kleinen, unbedeutenden Ereignisse. Erfüllt von dem Außerordentlichen, das von fernher erwartet wurde, zu einer Stunde, wo vielleicht Krieg und Frieden zur entscheidenden Wahl stand, mochte es jedermann gleichgültig sein, daß ein Mann aus der Behausung eines Negers in das helle Sonnenlicht hinaustrat. Es war der deutsche Schauspieler, welcher während der Aufführung des Torfschiffes von Breda die Flaggenszene aus dem Stegreif spielte. Als die Gesellschaft, zu welcher er gehörte, Paramaibo verließ, war er bereits erkrankt und mußte daher zurückbleiben. Baron Eberhard nahm sich seiner an: allein da bald daraus die Abreise des letzteren eintrat, war niemand da, der sich um ihn bekümmerte, und in der Hütte des Negers fand der arme deutsche Komödiant seine Heimat.

      Er wankte dem Hafen zu und näherte sich dem Landungsplatze. Hier legte das Boot eines Küstenfahrers an, der von Cayenne kam, um einen Passagier zu landen. Nur mit Hilfe eines Matrosen gelang es demselben, das Boot zu verlassen und die Brücke zu betreten. Die Diener folgten mit dem Gepäck.

      »Baron Eberhard!« rief der Komödiant. »In welchem bedauernswerten Zustande treffe ich Euer Gnaden?«

      »Ich sehe wohl,« entgegnete dieser mit einem schmerzlichen Lächeln, »daß wir eine und dieselbe Rolle gespielt haben. Der Meister, der unser Schauspiel dirigierte, hat uns ein tragisches Ende zugedacht.«

      »Hoffentlich nicht. Euer Gnaden!« sagte der Komödiant. »Ich rechne vielmehr, nachdem die Katastrophe überstanden ist, auf einen glücklichen Ausgang.«

      »Dann bilden wir beiden die Gegensätze in dem Drama, worin wir spielten. Aber so lange ich noch zu atmen vermag, werde ich einen Landsmann nicht verlassen. Ihr findet den gewohnten Zufluchtsort bei mir.«

      Er ging nach der Richtung des Gouvernements-Palastes, wo die Audienz sich ihrem Ende näherte. Man verabschiedete sich gegenseitig, als der Diener mit lauter Stimme meldete:

      »Baron Eberhard!«

      Der Gouverneur entfärbte sich. Nach den neuesten Nachrichten, die er aus Cayenne empfing, hatte er auf einen andern Ausgang gerechnet. Es bedurfte einiger Momente, bevor er die Herrschaft über sich gewann; dann befahl er dem Diener, den Herrn in sein Kabinett zu führen, und entließ die noch anwesenden Personen mit einer Handbewegung.

      Der Gouverneur und der Baron standen sich gegenüber. Der erstere nahm das Wort und sagte:

      »Ich kann Euch nicht willkommen heißen, denn Ihr habt den Euch anvertrauten Posten verlassen ...«

      »Bevor der Uriasbrief in Erfüllung ging, den Ihr um meinetwillen geschrieben!« unterbrach ihn der Baron. »Was soll dieser strafende Blick? Ihr könnt gern die Maske fallen lassen. Ich weiß alles.«

      »Ihr sprecht im Fieber, Herr!« sagte der Gouverneur kalt. »Das Klima von Cayenne hat seine Signatur mit unverlöschlichen Zügen in Eure Stirn gegraben.«

      »Sie wird mich nicht hindern, meine letzten Pflichten zu erfüllen!«

      »Möchtet Ihr damit glücklicher sein, als es Euch bisher gelungen ist!« entgegnete der Gouverneur mit kaltem Spotte. »Das Vertrauen, welches man in Euch setzte, ist durch nichts gerechtfertigt. Unsere Angelegenheiten sind durch Eure Mission eher verschlimmert als gebessert. Man würde es dem Gouvernement nicht übel deuten können, wenn es eine Untersuchung anordnete und Euer Verfahren dem Urteil eines unparteiischen Richters vorlegte. Indessen wird dies um Eurer früheren guten Dienste willen nicht geschehen und man erteilt Euch den guten Rat, um Eure Entlassung einzukommen, die Euch mit der gesetzmäßigen Pension gewährt werden soll. Und somit, Herr Baron, denke ich, sind wir am Ende.«

      »Das Ende wird der Ausspruch des Gesetzes sein, den ich fordere und dem ich mich unterwerfe!« sagte der Baron. »Aber als Kavaliere stehen wir auf einem andern Boden uns gegenüber. Für die Schmach, welche Ihr mir antatet, gibt es nur eine Genugtuung.«

      »Ihr möchtet mit einem Säbelhiebe ausgleichen, was Ihr mit Eurer diplomatischen Weisheit verdorben habt!« entgegnete der Gouverneur abweisend. »Wir sind nicht mehr in dem Alter, wo man leichtsinnig mit dem Degen oder der Pistole einen sogenannten Ehrenhandel ausficht. Meine hohe Stellung ist zu bedeutend, um mich von dergleichen überspannten Ansichten leiten zu lassen. Ich bin der Chef, Ihr seid mein Untergebener; ich befehle und Ihr habt zu gehorchen.«

      »Für dieses Wort seid Ihr mir verantwortlich!« rief der Baron im hellen Zorn. »Wenn noch ein Funken Ehrgefühl in Euch ist, müßt Ihr mir jetzt die Genugtuung geben, die ich verlange. Weigert Ihr sie mir, habt Ihr Euch die Folgen selbst beizumessen. Weh! Mein Kopf! – Wollt Ihr die verlangte Genugtuung geben?«

      Statt aller Antwort zog der Gouverneur rasch nacheinander die Klingel. Die Dienerschaft flog herein.

      »Man geleite den Herrn Baron nach Hause!« sprach der Gouverneur kalt und ruhig. »Seine Gnaden ist plötzlich erkrankt und bedarf der sorglichsten Aufsicht.«

      Der Gouverneur entfernte sich. Die Diener nötigten den Baron, der zu schwach zum Widerstande war, sich zu entfernen. Als er sich draußen befand, flüsterte der eine von ihnen seinen Kameraden zu:

      »Laßt ihn um Gotteswillen laufen. Er hat das Cayennefieber und ich danke dafür, von ihm angesteckt zu werden.«

      Baron Eberhard schwankte. Es dunkelte ihm vor den Augen. Der Schauspieler, welcher ihn bis zum Gouvernements-Palast begleitete und auf seine Rückkehr harrte, trat herzu und sagte:

      »Stützt Euch auf mich, Herr! Bis zu dieser Stunde standet Ihr mir bei; jetzt kommt die Vergeltung.«

       Inhaltsverzeichnis

      Von Surinam nach Java! Eine weite, einförmige Fahrt durch die Ozeane. Monate schwinden von dem Tage ab, wo der Anker vor Paramaibo gelichtet wird, bis zu der Stunde, wo er in der Jakatrabucht vor Batavia wieder in die Tiefe sinkt.

      Dort liegt sie, die Stätte des Reichtums und der Fülle, aber auch zugleich der Schauplatz der Qual und der Not ohne Ende, wo die Pest in jedem Winkel lauert und mit ihrem eklen Atem die Luft vergiftet. Hier rastet nur, wen die Notwendigkeit dazu zwingt, oder wer durch die Macht des Goldes an diese Stätte gebannt ist. Wenn der Zweck erreicht ward, flieht der Freigewordene auf die Höhen und atmet dort die reine Luft, die von dem Meere ihm entgegenströmt.

      Das Eldorado der stolzen Mynheers ist Buitenzorg. Es ist das wahre Sanssouci der reichen Kaufmannsaristokratie; das eigentliche Ohnesorgen der fürstlichen Beamtenwelt, welche hier ein sybaritisches Leben führt. Im Süden von Batavia erhebt sich der malerische Salak, an dessen nördlichem Fuß sich die Villen von Buitenzorg unter Palmen ausbreiten. Es sind die reichen Vasallen des königlichen Palastes, worin der Generalgouverneur von Holländisch-Ostindien seine Residenz aufgeschlagen hat. Die klaren Wellen des Tjdanie fließen durch die Tropenpracht der Gärten und ergießen sich in einen Kanal, der dieses Paradies mit der Stadt Batavia verbindet. Auf dieser Wasserstraße ist ein steter Verkehr.

      Unter den mancherlei Herrensitzen, die sich in dem Schatten der Palmen hinlagerten, befand sich auch derjenige des Mynheer de Klaat. Er war im Besitz ausgedehnter Kaffee- und Zuckerplantagen, СКАЧАТЬ