Der Mime. Wilhelm Walloth
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Название: Der Mime

Автор: Wilhelm Walloth

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ Liebe gehörte ihm ungetheilt. Sie war sein, Keiner wagte es, sie ihm zu rauben. Er, den er im Verdacht gehabt, war weit entfernt von unlauteren Absichten. Diese Gewißheit veränderte für einen Augenblick sein ganzes Wesen, die Menschen erschienen ihm auf einmal weniger hassenswerth, es ließe sich doch vielleicht unter ihnen leben, und wenn sich nur ein einziger Ehrlicher fände, wäre es doch der Mühe werth, diesen an sich zu ziehen, und mit ihm gemeinsam die Welt zu verachten.

      In dieser ihm zwar nicht unbekannten, aber doch seltenen Erregung, schritt er auf Paris zu, faßte dessen Hand und sagte fast schüchtern: »Deine Grundsätze gefallen mir. Könntest du in mein Inneres schauen, so würdest du eine Stimme hören, die zu deinen Gunsten spricht, ich hege Vertrauen zu dir.«

      Paris zuckte zusammen, dieser vertrauliche Ton ließ ihn das Schlimmste befürchten, er entzog unwillkürlich seine Hand derjenigen des Kaisers.

      Dieser aber, als er des Tänzers erschrockene Miene gewahrte, die deutlich erkennen ließ, wie wenig er die gnädige Vertraulichkeit zu schätzen wußte, trat verstimmt zurück. Paris stammelte ein paar Worte des Dankes, im Stillen überlegend, ob sein Untergang beschlossen sei, oder ob er diesmal dem Wohlwollen eines Mannes trauen dürfe, dessen widerspruchsvolle Seele jedem ein Räthsel blieb. Domitian, über die rasche Aeußerung seiner Neigung erzürnt, noch erzürnter darüber, daß man selbst seinen ehrlich gemeinten, edlen Regungen mißtraute, versank in Schweigen. Sogleich umwölkte sich sein Gemüth aufʼs Neue, die Zweifel schlichen herzu und er gestand sich, daß, wenn er auch Paris schuldlos befunden, er in Domitiaʼs Innerem noch nicht genug gelesen, um sie von jeder Schuld freizusprechen. Und was nutzte es ihm, wenn Paris diejenige vermied, die ihn liebte? Liebte sie ihn nicht deshalb vielleicht um so inniger, da sie ihn meiden mußte, und war er, der Kaiser, nicht ein desto ärmerer Bettler, diesem reichen, mächtigen Tänzer gegenüber, der sogar seinen Reichthum von sich stieß?

      Er warf einen finsteren Blick auf den schönen Jüngling, um dessen Körper sich ihm die Luft schwärzte, als wollte sie ihn zuhüllen.

      Dann schlich sichʼs zu ihm schwarz, ungestaltet und wisperte ihm inʼs Ohr; er glaubte es sei sein Zwerg, der aber saß auf dem Löwenfell und war eingeschlafen, die Nase röchelnd in die Höhe gerichtet.

      »Fort mit ihm! aus der Welt,« tönte es in seiner Brust, »was habe ich von ihm, der mich zurückstößt? Das wäre ein sicheres Mittel, im Besitz des Kostbarsten zu bleiben!« Wenn sie diese Glieder nicht mehr sähe, diese schwermüthigen Blicke nicht mehr auf sich ruhen fühlte, dann mußte sie genesen von ihrer Leidenschaft. Jetzt war es noch Zeit, sollte er dem raschen Entschlusse folgen? Ein Wink hinter den Thürvorhang und die Sache war erledigt – der Centurio verstand sein Amt, – ein klopfendes Herz war befreit für immer von dem Druck, der es zu zermalmen drohte. Doch konnte er sich nicht verhehlen, daß das ungenierte Betragen dieses Tänzers eine Spannung auf sein Gedankenleben ausgeübt, daß das Individuelle, das von ihm ausströmte, das weichlich Phantastische und doch sicher Männliche seines Auftretens, ihn berauschte. Fast war es dem vor sich hin Brütenden, als wenn er an etwas Verbotenes tastete, sobald er sich einfallen ließe, dies Leben zu vernichten.

      Vielleicht war es eine gewisse Ehrfurcht, die er, der Häßliche, der selbstbewußten Schönheit unwillkürlich zollte, deren alles besiegender Glanz, deren wohlthuende Wärme ihn zwang, sie unberührt zu lassen. Hierdurch entstand ein seltsames Gemisch widerstreitender Empfindungen in dem Busen des Eifersüchtigen, er hätte den Leib des Tänzers bewundern und seine Seele tödten mögen, er liebte und haßte zu gleicher Zeit.

      Noch standen sich die Beiden schweigend gegenüber, als der linke Thürvorhang gehoben wurde und ruhigen Schrittes, heiter lächelnd, die in ein leichtes Morgenkleid gehüllte Kaiserin in das Gemach trat. Sie schien es nicht im geringsten übel zu nehmen, daß man ihrer mitten in der Nacht begehrte, auch war in ihren frischen Gesichtszügen kaum noch eine Spur des abgeschüttelten Schlafes hängen geblieben. An derartige Vorkommnisse gewöhnt, hauchte sie einen Gruß und war, ohne sich umzusehen, in ihrer süßlich vornehmen kühlen Weise auf Domitian zugeschritten, ihm unter dem dunkeln florartigen Ueberwurf eine weiße Hand entgegenhaltend, die der Kaiser nach einigem Zögern ergriff.

      Alsdann neigte sie, die Augenlider schließend, ein Erröthen affektirend ihre Stirne, die sie, da kein Kuß auf dieselbe erfolgte, ein wenig überrascht hob. Bei dieser Bewegung gewahrte sie erst, daß ein Fremder in der dunkelblauen Schattenmasse stand, welche die hintere Hälfte des Zimmers ausfüllte. Ein kaum bemerkbares Zucken glitt um ihre Lippen, als sie die sich weißabhebende Gestalt des Tänzers erkannt. Doch verlor sie, obgleich sie eine Sekunde hindurch ernst vor sich hin gestarrt, nicht die Fassung, sondern wandte sich, da sie sich beobachtet fühlte, mit möglichst heiterer Ruhe zu Domitian, und erst ein wenig zögernd, als sei sie von der Liebenswürdigkeit des Gatten tief gerührt, sagte sie schmeichelnd: »Welchʼ seltsame Ueberraschung, liebes Herz!«

      Paris, anfangs betroffen, nahm sich sogleich zusammen, sobald er bemerkte, daß man ihn hier in eine Falle habe locken wollen. Er zog die Brauen in die Höhe, wie einer, der es nicht leiden mag, daß man ihn zum besten hat. Dann sah er absichtlich, als ginge ihn die ganze Angelegenheit nichts an, auf den in entgegengesetzter Richtung hängenden Thürvorhang, dessen Stickmuster er eifrig zu studieren schien.

      Während nun Domitia, ihre Arme, sie von der Umhüllung befreiend, um ihres Gatten Hals schlang und ihm süße Kosenamen inʼs Ohr flüsterte, ließ Domitian, trotzdem sein Haupt zuweilen ganz im Busen des Weibes verschwand, sein Auge bald hinüber zu Paris, bald herab auf seine Gemahlin rollen, in ängstlicher Spannung eine Bestätigung seines Argwohns erwartend und ihn zugleich fürchtend.

      »Mein liebes Herz hat mir gewiß eine Freude bereiten wollen,« flüsterte Domitia, »mein Herz weiß, wie sehr ich den Tanz liebe.«

      Dann erheuchelte sie geschickt ein Gähnen und sagte, eigentlich sei die Stunde schlecht gewählt. Sie empfand die Wichtigkeit des Moments zu wohl, um nicht jedes Mittel zu benutzen, das die Eifersucht ihres Gatten niederschlagen konnte, weshalb sie denn auch einfließen ließ, es sei doch wohl besser, man entlasse den Tänzer.

      Paris gab wiederholt, dem lauernden Kaiser gegenüber, seinem Widerwillen Ausdruck, ja er wagte es, da der Kaiser unschlüssig schwieg, laut um seine Entlassung zu bitten, da er bis zum Tode ermüdet sei.

      Der Kaiser, der einsah, daß diese Art, hinter das Geheimniß zu kommen, zu keinem Ziele führte, wandte sich zu Domitia.

      »Versuche du dein Glück! meine Liebe,« sagte er möglichst unbefangen, »ich dachte mir diese lange Nacht durch die Kunst dieses Jünglings zu verkürzen, er schlug mir aber meine Bitte ab: vielleicht daß dir, als meiner Frau, es besser gelingen möchte sein Herz zu erweichen.«

      Paris biß die Zähne aufeinander, und als Domitia, eine vornehme, liebenswürdige Handbewegung ausführend, ihm ein paar Schritte entgegenging, trat er zurück, dem Kaiser einen halb bittenden, halb ärgerlichen Blick zuwerfend. In der That, als jetzt Domitia vor ihm stand und mit ihrer einschmeichelnden, Schüchternheit heuchelnden Stimme die Bitte aussprach, er möge ihnen doch durch seine Kunst eine angenehme Stunde bereiten, hatte er nicht nöthig Unwillen zu heucheln. Das süßliche unwahre Benehmen dieses Weibes, die Art, wie sie, mädchenhaft affektirt, das Köpfchen zur Seite bog, erschien im theilweise lächerlich, theilweise widerwärtig.

      Der Kaiser, der scheinbar unbetheiligt im Hintergrunde am Fenster stand, beobachtete das Benehmen der Beiden aufʼs aufmerksamste und kam zu dem Resultat, daß Paris seine Stimmung ehrlich an den Tag legte, während das Benehmen seines Weibes ihm noch immer räthselhaft erschien und zu weiterem Nachdenken heraus forderte.

      Als daher Paris fortfuhr, sich den Bitten Domitiaʼs gegenüber mit allzu großer Ermattung zu entschuldigen, näherte er sich den Beiden.

      »Laß es gut sein, liebes Kind,« sagte er zur Kaiserin, »der junge Mann bedarf, wie ich sehe, der Ruhe.« —

      Dann СКАЧАТЬ