Der Mime. Wilhelm Walloth
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Название: Der Mime

Автор: Wilhelm Walloth

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ mehr sind?« wiederholte der Kaiser mit fast tonloser, stammelnder Stimme, – was sagst du – ich dachte. —«

      »Nun Herr,« entgegnete Antonius, ein von der Schadenfreude durchbebtes Mitleid heuchelnd, – mein hoher Herr, es thut mir wirklich leid, daß ich gezwungen bin, so offen mit dir zu reden, ich habe jedoch von jeher die Wahrheit selbst einem Mächtigen gegenüber mich nicht geschämt, aufrecht zu halten, und da du doch selbst sagtest, ich sei dein treuster Freund« – er hielt inne, wiegte sich befriedigt her und hin, und frug dann: »Sagtest du das etwa nicht?«

      Domitian nickte.

      »Nun,« begann der vergnügte Bucklige aufʼs neue, die Worte, die er sprach, wie Dolche zuspitzend, »so darf ich mir wohl, zwar bittere, aber heilsame Freundschaftsdienste dir zu leisten herausnehmen. Freilich blutet mir der Mund, solchen Namen zu nennen, und an eine solche Schandthat zu gemahnen, ist fast so gefährlich, als der Thäter selbst zu sein. Doch ist mein Trost, daß du ja auf Alles vorbereitet warst, ich sage dir ja nichts Neues, – du weißt es ja so gut wie dein Lieblingszwerg, so gut, wie die ganze Stadt es weiß – so gut —«

      Als der Kleine hier abbrechen mußte, da seine freudenzitternde Stimme ihm im athemlosen Halse stecken blieb, entfuhr dem Kaiser ein lautes erbittertes: »Was?« dem er leiser hinzufügte, »was soll ich wissen?« Der Kleine kroch an die Füße seines Herrn heran, die er streichelte, und frug in geheimnißvollem, bedauerndem Ton: »Wie? kennst du den Schauspieler Paris nicht? Den schlanken jungen Mann, mit dem die Frauen Roms so gerne Blicke tauschen, den süßen Tänzer, mit dem selbst eine gewisse hochgestellte Dame sich so gern unterhält.«

      Domitian dessen Brust sich krampfhaft hob, hielt an sich und bat den Kleinen möglichst gleichgültig, er möge ihm von diesem Mimen erzählen, den er allerdings ein wenig kenne.

      »Nun, es ist derselbe, auf den Martial das stadtbekannte Epigramm gemacht,« sagte der Zwerg. Alsdann pries er schmunzelnd die Schönheit des Tänzers, seufzend seine eigene Häßlichkeit betonend, die ihm leider unmöglich mache, der Gebieterin Roms zu gefallen, beschrieb dessen geschmeidiges Aeußere, ahmte den kindlich weichen Klang seiner Stimme nach, ließ ein Streiflicht auf die Liebesabenteuer desselben fallen, und ließ durchblicken, daß es ausgemacht sei, daß kein weibliches Herz diesem Jüngling widerstehen könne, sobald er Frauenrollen tanze. Die bekannte Frau eines Ritters habe sich ihm zu Liebe ruinirt, andere seien in Krankheiten verfallen, mehrere hätten sich umʼs Leben gebracht, aus Liebe zu ihm. »Man sagt sogar, eine sehr, sehr vornehme Frau schwärme für ihn,« schloß der Erzähler seinen Bericht, »aber daran mußt du nicht denken, guter Herr, dies Wort ist mir nur so entschlüpft.« Domitian war indessen, die Brauen nachdenklich zusammenziehend, an das Fenster getreten, als ein wachhabender Krieger eintrat, ihm zu melden, Paris harre im Atrium auf weitere Befehle. Während der Zwerg erstaunt frug, ob denn Paris zu dieser Stunde im Palast weile, schwollen auf des Kaisers ohnehin gerötetem Gesichte die Stirnadern mächtig an, aber er gab in gelassenem Tone den Befehl, die Wachen sollten sich bereit halten. Alsdann verlangte er den Centurio Silius, der auch sogleich erschien.

      Der Kaiser sah dem demütig dastehenden Hauptmanne so lange schweigend ins Gesicht, daß diesem es anfing unheimlich zu werden, bis der Kaiser endlich, die Verwirrung des armen Mannes bemerkend, zu ihm sagte: »Kann ich mich auf dich verlassen?«

      »Ich bin ein Soldat des römischen Reichs,« erwiderte Silius stolz.

      »Schon gut,« gab der Kaiser zurück, schritt einmal durch das Gemach, blieb dann vor dem Centurio stehen und sagte zu diesem, während seine Stimme ein wenig zitterte: »Verberge dich hier in dem anstoßenden Gemach! Wenn ich Paris entlasse, indem ich hinzufüge: ›Ich bin mit dir zufrieden‹, so führt ihr ihn ohne Verzug in die Behälter der Löwen, die für das nächste Kampfspiel bestimmt sind, verstehst du?«

      Er brach ab, als er aber den Hauptmann keine Miene seines Gesichts verziehen sah, fuhr er mit möglichst würdevollem Gesichtsausdruck fort: »Denn dieser Mensch scheint mir gemeingefährlich. Mir kam zu Ohren, er richte Unheil an unter den Römern.«

      Wiederum brach er ab und fuhr dann, vielleicht durch die Stille beunruhigt, zögernd fort: »Doch höre weiter. Entlasse ich ihn aber mit den Worten: ›Hüte dich fortan, den Zorn deines Kaisers herauszufordern,‹ so führt ihr ihn unbehelligt in seine Wohnung zurück.«

      »Wohl, hoher Herr,« entgegnete der Hauptmann, ein möglichst unbetheiligtes Gesicht machend: »sollen wir ihn im ersten Fall vor die Löwen des circus maximus werfen, oder befiehlst du einen anderen Circus?«

      »Das gilt gleich; im übrigen halte dich genau an den Wortlaut!« rief Domitian dem Gehenden nach, indeß er einem an dem Thürvorhang harrenden Diener ein kurzes: »Herein mit ihm!« zurief.

      Domitian lehnte nun, nachdem er wieder mit seinem Zwerg allein war, regungslos in der Fensternische und heftete, den Kopf ein wenig auf die Brust herab geneigt, seine Augen auf den Thürvorhang, durch welchen Paris jeden Augenblick eintreten mußte.

      Antonius, der noch immer auf dem Fell kauerte, brannten mehrere Fragen auf der Zunge, doch die starren Züge, die von unten nach oben gerichteten Augen seines Herrn ließen ihn erkennen, daß es gefährlich werden könnte, in diesem Augenblick eine ungeschickte Frage zu stellen. Doch erwartete er mit einem Behagen den Tänzer, als gelte es, im Circus dem Spiel des Hasen zuzuschauen, der noch nicht weiß, daß der Tieger bereits auf ihn lauert.

      Der finstere, mißtrauische Domitian liebte außer seinem Zwerge, den er als Spielzeug behandelte, nur noch ein Wesen in der Welt aufrichtig und mit der ganzen düstern Zähigkeit einer Natur, die weiß, wie sehr sie von den Besseren verachtet, von den Schwächern gefürchtet wird. Im Gegensatz zu andern Herrschern, die das Böse unbewußt, instinktiv, gleichsam naiv ausübten, besaß Domitian Verstand und Selbsterkenntniß genug, um in jedem Augenblicke sein eignes Thun beurtheilen zu können. Daher kam es, daß er nicht wie Andere, blindlings, so zu sagen mit einer gewissen Unschuld seiner bösen Neigung folgte, wenn ihm die Wahl zwischen zwei verschiedenen Handlungsweisen freistand, sondern daß er prüfend verfuhr und daß er, wenn es ihm seine stolze Laune, seine frostige Menschenverachtung eingab, das Schlimmere, Grausamere vorzuziehen, daß er alsdann von Gewissensbissen gequält ward, welchen Gewissensbissen das Mißtrauen nothwendig entspringen mußte. Eben dieses Mißtrauen, das die naiven Bösewichter nur in geringerem Grade heimsucht, war es, was ihn in die Einsamkeit trieb, ihn die Menschen meiden hieß. Da er nun aber doch ein Mensch, also zur Geselligkeit geboren war, und da er die Einsamkeit zuweilen in ihrer ganzen öden Bitterkeit aufʼs Schmerzlichste empfand, lag in ihm der seltsame Widerspruch, unaufhörlich nach Menschen zu suchen, die er als treu ergebene an sich fesseln könne.

      Solche Menschen überhäufte er alsdann mit Wohlwollen, bis er, durch irgend einen ihrer Charakterzüge verletzt, sie plötzlich fallen ließ, um durch derartige Erfahrungen noch düsterer gestimmt, schließlich immer vorsichtiger zu werden. Außer seinem Zwerge, dem er, da er ihn eigentlich nur für eine höhere Thierart hielt, nichts Schlimmes zutraute, war es allein Domitia, die dauernd auf ihn zu wirken vermochte, und der er, soweit es seiner verschlossenen Natur möglich war, alles Vertrauen entgegenbrachte. Er hatte sie ihrem Gatten Aelius Lamia entführt, nachdem er im Circus ihre Aufmerksamkeit erregt und sie mit der Entführung einverstanden war. Nun bewahrte er sie vor der Berührung mit der Außenwelt wie ein kostbares Kunstwerk, dem selbst Luft und Licht schaden bringen könnte, indem er verlangte, sie solle seine weltabgeschiedene Zurückgezogenheit, voraussetzend, sie liebe ihn in demselben Grade, wie er sie liebte, mit ihm theilen. Sie hingegen, unter äußerer Ruhe und Kälte innere Leidenschaften verbergend, fand wenig Gefallen an den einsamen Wurfübungen, Turnkünsten und Fliegenjagden ihres hohen Gemahls, obgleich sie anfangs auf alle seine Launen bereitwilligst einging und erst allmählich ihre vergnügungssüchtigen Wünsche durchblicken ließ. So hatte er es ihr endlich erlaubt zuweilen das Theater zu besuchen, ihr jedoch immer Spione nachgesandt, die ihm dann sehr bald betreffs ihres Betragens im Theater gewisse den Verdacht herausfordernde СКАЧАТЬ